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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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bekommen konnte, wenn ich mich beeilte. Da ich ein Gespräch von Angesicht zu Angesicht einem Telefonat vorzog, unternahm ich das Entsprechende. Ich hielt vor dem Büro an, nahm mein Ticket in Empfang, zahlte bar, fuhr zum Flughafen und verabschiedete mich von meinem Wagen, als ich ihn in der Parkgarage abgestellt hatte. Ich bezweifelte, daß ich ihn jemals Wiedersehen würde. Ich warf mir den Rucksack über die Schulter und ging in die Abflughalle.
    Der Rest verlief glatt und problemlos. Während ich beobachtete, wie der Boden unter mir wegsackte, wußte ich, daß eine Phase meines Lebens endgültig vorbei war. Wie in so vielen anderen Fällen war sie nicht ganz nach meinen Wünschen verlaufen. Ich hatte mir vorgenommen, die Sache mit S recht schnell zu erledigen oder sie andernfalls zu vergessen, um dann einige Leute zu besuchen, die ich seit langem mal Wiedersehen wollte, und an einigen Orten haltzumachen, die mich schon lange interessierten. Dann würde ich via Schatten abheben, um Geistrad einer letzten Prüfung zu unterziehen, und danach zum helleren Pol meiner Existenz zurückkehren. Jetzt waren meine Prioritäten durcheinandergeraten - nur weil S und Julias Tod irgendwie in Zusammenhang standen und weil im Schatten eine Macht von irgendwoher wirksam geworden war, die ich nicht verstand.
    Es war die letztere Überlegung, die mich am meisten beunruhigte. Grub ich mir einerseits mein eigenes Grab, und gefährdete ich andererseits aufgrund meines Stolzes meine Beziehung zu Freunden und Bekannten? Ich wollte mit dieser Sache allein fertigwerden, verdammt noch mal, doch je mehr ich darüber nachdachte, desto deutlicher wurde ich mir der Kraft der feindlichen Mächte, denen ich mich gegenübersah,
    und der Dürftigkeit meines Wissens bewußt, was S betraf. Es war nicht richtig, die anderen darüber in Unkenntnis zu lassen - erst recht deshalb, weil sie womöglich selbst in Gefahr schwebten. Am liebsten hätte ich das Ganze still und heimlich verpackt und ihnen als Geschenk überreicht. Vielleicht würde ich das auch tun, aber...
    Verdammt. Ich mußte sie unterrichten. Wenn S mich erwischen und sich gegen sie wenden würde, mußten sie Bescheid wissen. Wenn die Angriffe auf mich Teil von etwas Größerem waren, mußten sie ebenfalls Bescheid wissen. Sosehr mir der Gedanke auch mißfiel, ich mußte sie einweihen.
    Ich beugte mich vor, und meine Hand schwebte über meinem Rucksack, der auf dem Sitz vor mir lag. Ich kam zu dem Schluß, daß es nicht schaden würde, wenn ich wartete, bis ich mit Luke gesprochen hatte. Ich war nicht mehr in der Stadt und befand mich jetzt vermutlich außer Gefahr. Es bestand die Möglichkeit, daß Luke mich auf den einen oder anderen aufschlußreichen Gedanken bringen würde. Ich hätte ihnen gerne mehr geboten, wenn ich ihnen meine Geschichte erzählte. Ich würde noch etwas warten.
    Ich seufzte. Ich ließ mir von der Stewardeß einen Drink geben und nippte daran. Auf normalem Weg nach Albuquerque zu fahren, hätte zuviel Zeit in Anspruch genommen. Eine Abkürzung via Schatten hätte nicht funktioniert, denn ich war noch nie zuvor dort gewesen und hätte den Ort nicht gefunden. Sehr schade. Ich hätte meinen Wagen gern dort dabeigehabt. Luke war inzwischen wahrscheinlich bereits in Santa Fe.
    Ich nippte an meinem Drink und suchte nach Formen in den Wolken. Die Dinge, die ich entdeckte, entsprachen meiner Stimmung, also nahm ich mein Taschenbuch heraus und las, bis wir zum Landeanflug ansetzten. Als ich wieder aufblickte, füllten Reihen von Bergen eine Zeitlang mein Sichtfeld. Eine brüchige Stimme versicherte mir, daß das Wetter erfreulich sei. Ich machte mir Gedanken über meinen Vater.
    Ich wanderte von meinem Ausgang in die Ankunftshalle, vorbei an einem Geschenkeladen voll mit indianischem Schmuck, mexikanischer Keramik und grellbunten Souvenirs, entdeckte ein Telefon und rief im örtlichen Hilton an. Luke war bereits wieder abgereist, erfuhr ich. Daraufhin rief ich das Hilton in Santa Fe an. Hier war er abgestiegen, befand sich jedoch nicht in seinem Zimmer, als man ihn dort anläutete. Ich ließ für mich selbst ebenfalls ein Zimmer reservieren und hängte ein. Eine Frau am Informationsstand sagte mir, daß es in einer halben Stunde einen Shuttlebus nach Santa Fe gebe, und schickte mich in die entsprechende Richtung, damit ich ein Ticket kaufen konnte. Santa Fe ist eine der wenigen Hauptstädte eines Bundesstaates ohne einen größeren Flughafen, hatte ich irgendwo

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