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Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts

Titel: Amber-Zyklus 06 - Die Trümpfe des jungsten Gerichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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meinen Vater gekannt haben.«
    »Ein großartiger Mann«, sagte er. »Woher kommen Sie?«
    »Aus Kalifornien, aber mir schien es allmählich an der Zeit für eine andere Umgebung zu sein.«
    »Wohin wollen Sie?«
    »Eigentlich ins Ausland.«
    »Europa?«
    »Weiter weg.«
    »Hört sich toll an. Ich würde auch mal gern verreisen.«
    »Vielleicht klappt es eines Tages.«
    »Vielleicht. Also, ich muß mich jetzt wieder auf den Weg machen. Ich wünsche Ihnen beiden noch viel Spaß beim Spazierengehen. Hat mich gefreut, Sie kennenzulernen, Merle.«
    »Ganz meinerseits.«
    Er trat einen Schritt zurück, winkte, drehte sich um und entfernte sich.
    Dann sah ich Bill an und bemerkte, daß er zitterte.
    »Was ist los?« flüsterte ich.
    »Ich kenne diesen Jungen schon sein ganzes Leben lang«, sagte er. »Glauben Sie, er nimmt Drogen?«
    »Nicht die Art, für die man sich Löcher in den Arm stechen muß. Ich habe keine Spuren davon bemerkt. Und er kam mir auch nicht besonders weggetreten vor.«
    »Stimmt schon. Aber Sie kennen ihn auch nicht so gut wie ich. Er erschien mir sehr... verändert. Es war eine pure Eingebung, daß ich den Namen Sam für Ihren Vater benutzte, denn irgend etwas kam mir nicht koscher vor. Sein Sprachmuster hat sich verändert, seine Gesten, sein Gang... nichts Greifbares. Ich wartete darauf, daß er mich berichtigen würde, dann hätte ich eine scherzhafte Bemerkung über vorzeitige Senilität oder so etwas gemacht. Aber er tat es nicht. Er ging sofort darauf ein. Merle, das ist beängstigend! Er kannte deinen Vater wirklich gut - als Carl Corey. Deinem Vater lag daran, sein Grundstück in Ordnung zu halten, doch er hatte wenig Lust zum Unkrautzupfen und Mähen und Laubrechen. George verrichtete diese schweren Arbeiten jahrelang für ihn, solange er zur Schule ging. Er wußte sehr gut, daß er nicht Sam hieß.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich auch nicht«, pflichtete er mir bei. »Und mir gefällt es nicht.«
    »Er benimmt sich also sonderbar - und Sie glauben, er ist uns gefolgt?«
    »Jetzt bin ich zu dieser Ansicht gelangt. Das ist ein zu großer Zufall, ausgerechnet zur Zeit Ihrer Ankunft.«
    Ich machte kehrt.
    »Ich gehe hinter ihm her«, sagte ich. »Ich werde es herausfinden.«
    »Nein. Tun Sie das nicht.«
    »Ich werde ihm nichts tun. Es gibt andere Möglichkeiten.«
    »Es ist vielleicht besser, wenn er glaubt, er habe uns zum Narren gehalten. Möglicherweise ermutigt ihn das dazu, später etwas zu tun oder zu sagen, das sich als aufschlußreich erweisen könnte. Andererseits könnte alles, was Sie tun - sei es auch noch so feinfühlig oder magisch - ihm oder etwas anderem verraten, daß wir unsere besondere Aufmerksamkeit auf ihn gerichtet haben. Lassen Sie den Dingen ihren Lauf; seien Sie froh, daß Sie gewarnt wurden, und seien Sie auf der Hut.«
    »Da ist etwas dran«, gab ich ihm recht. »Okay.«
    »Wir wollen zurückkehren und zum Mittagessen in die Stadt fahren. Ich möchte auf einen Sprung in mein Büro, um Unterlagen zu holen und ein paar Telefonate zu führen. Um zwei Uhr muß ich dann einen Klienten besuchen. Sie können unterdessen den Wagen nehmen und eine kleine Spritztour machen.«
    »Gut.«
    Während des Rückwegs gingen mir allerlei Überlegungen durch den Kopf. Es gab etliche Dinge, die ich Bill nicht erzählt hatte. Zum Beispiel hatte ich keinen Grund gesehen, ihn darüber aufzuklären, daß ich ein unsichtbares Würgeseil mit einigen ziemlich ungewöhnlichen Eigenschaften um mein linkes Handgelenk trug. Eine dieser Eigenschaften besteht darin, daß es mich bei allen auf mich gerichteten bösen Absichten warnt, wie es in Lukes Gegenwart beinahe zwei Jahre lang geschehen war, bevor wir schließlich Freunde wurden. Welchen Grund auch immer George für sein sonderbares Verhalten gehabt haben mochte, Frakir hatte mir keinerlei Hinweise gegeben, daß er mir übelwollte.
    Trotzdem, komisch... Es war etwas an der Art und Weise, wie er redete, wie er die Worte aussprach...
    Ich unternahm eine kleine Spazierfahrt, während sich Bill um seine geschäftlichen Angelegenheiten kümmerte. Ich fuhr zu dem Haus hinaus, wo mein Vater vor vielen Jahren gewohnt hatte. Ich hatte in der Vergangenheit schon etliche Male davorgestanden, aber ich hatte niemals sein Inneres betreten. Aus keinem bestimmten Grund, vermute ich. Ich parkte ein Stück weiter oben am Straßenrand, auf einer kleinen Erhebung, und betrachtete es. Jetzt wohnte dort ein junges Ehepaar mit einigen Kindern, wie Bill mir

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