Amber-Zyklus 08 - Zeichen des Chaos: der Titel
Vater als auch ihre Schwester an Größe; sie war schlank, ihr Haar rötlich braun. Wenn sie lächelte,
wirkte es weniger offiziell. Außerdem hatte sie etwas unbestimmt Vertrautes an sich. Ich fragte mich, ob ich ihr vielleicht einmal vor vielen Jahren bei irgendeinem langweiligen Empfang begegnet war. Wenn es so gewesen sein sollte, so hätte ich mich daran eigentlich erinnern müssen, meinte ich.
Nachdem wir einander vorgestellt worden waren und man Wein eingeschenkt hatte, äußerte sich Orkuz Vialle gegenüber in einer kurzen Bemerkung über >neueste beunruhigende Nachrichten< bezüglich Kashfa. Llewella und ich leisteten ihr rasch moralische Unterstützung, doch sie entgegnete schlicht, daß derartige Angelegenheit erst nach Randoms Rückkehr ausführlich behandelt werden könnten und daß es im Augenblick ihr vordringliches Anliegen sei, daß sie sich in ihrem Hause wohl fühlten. Er war mit dieser Antwort vollkommen einverstanden, und sie nötigte ihm sogar ein Lächeln ab. Ich hatte den Eindruck, daß er einfach den Zweck seines Besuches so schnell wie möglich zur Sprache bringen wollte. Llewella brachte die Unterhaltung bald auf den Verlauf seiner Reise, und er gestattete diesen Themenwechsel mit großzügiger Eleganz. Politiker sind hervorragend programmiert.
Später erfuhr ich, daß nicht einmal der begmanische Botschafter von seiner Ankunft Kenntnis gehabt hatte, was darauf hindeutete, daß Orkuz den Weg so schnell zurückgelegt hatte, daß er jede Nachricht an die Botschaft überholt hatte. Und er hatte sich nicht einmal die Mühe gemacht, zuerst dort vorbeizuschauen, sondern hatte sich sofort zum Palast begeben und sein Anliegen vorgebracht. Da ich mir aufgrund Llewellas und Vialies anmutiger Plauderei etwas überzählig vorkam, hielt ich mich weitgehend aus dem Ganzen heraus und plante meine Flucht. Ich war nicht im geringsten daran interessiert, an dem Spiel teilzunehmen, welches immer da vorbereitet wurde.
Coral zog sich ebenfalls etwas zurück und seufzte.
Dann sah sie mich an und lächelte, warf einen raschen Blick durch den Raum und kam näher an mich heran.
»Es war schon immer mein Wunsch, Amber zu besuchen«, sagte sie.
»Entspricht es Euren Vorstellungen?« fragte ich.
»O ja. Bis jetzt. Natürlich habe ich noch nicht viel davon gesehen...«
Ich nickte und wich ein wenig mehr von den anderen weg.
»Sind wir uns schon einmal irgendwo begegnet?« fragte ich.
»Ich glaube nicht«, sagte sie. »Ich bin noch nicht viel herumgekommen, und ich kann mir nicht vorstellen, daß Eure Reisen Euch schon einmal zu uns hinaus verschlagen haben. Oder doch?«
»Nein, obwohl ich neuerdings sehr neugierig geworden bin, was Euer Land betrifft.«
»Ich weiß jedoch einiges über Euch«, fuhr sie fort, »allerdings nur das, was man aus den allgemeinen Klatschgeschichten so erfährt. Ich weiß, daß Ihr aus den Burgen des Chaos stammt, und außerdem weiß ich, daß Ihr in jener Schatten-Welt zur Schule gegangen seid, die Ihr Amberiten anscheinend so häufig besucht. Ich habe mich oft gefragt, wie es dort wohl sein mag.«
Ich nahm den Köder an und erzählte ihr von meiner Schul- und Collegezeit und von meinem Job, über einige Orte, die ich besucht hatte, und Dinge, die ich gern getan hatte. Während ich sprach, gingen wir durch den Raum zu dem Sofa auf der anderen Seite und machten es uns etwas gemütlicher. Orkuz, Nayda, Llewella und Vialle vermißten uns anscheinend nicht, und wenn ich schon hier sein mußte, dann fand ich die Unterhaltung mit Coral allemal angenehmer, als ihnen zuzuhören. Um die Sache nicht einseitig werden zu lassen, bat ich sie jedoch, mir ihrerseits etwas über sich zu erzählen.
Sie sprach von ihrer Kindheit, die sie in und um Begma herum verbracht hatte, von ihrer Freude an Aktivitäten in der freien Natur - mit Pferden oder Bootsfahrten auf den vielen Seen und Flüssen jener Region -, von Büchern, die sie gelesen hatte, und von ihren verhältnismäßig harmlosen Versuchen in Magie. Ein weibliches Mitglied des Hauspersonals trat genau in dem Augenblick in den Raum, als meine Gesprächspartnerin zur ausführlichen Beschreibung einiger interessanter Riten ansetzte, mit denen die Mitglieder eines in ihrer Heimat ansässigen Landwirtschaftsverbandes die Fruchtbarkeit der Getreideernte zu sichern versuchten; die Dienerin trat zu Vialle und sagte etwas zu ihr. Vor der Tür waren einige weitere Bedienstete zu sehen. Dann sagte Vialle etwas zu Orkuz und Nayda, die ruckten und
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