Amber-Zyklus 08 - Zeichen des Chaos: der Titel
den Posten zu lancieren«, bemerkte ich. »Geben uns die Verträge im Rahmen des Goldenen Kreises normalerweise nicht das Recht, unsere Truppen ohne große Vorgespräche durch das Gebiet eines Handelspartners zu führen?« .
»Ja, so ist es«, bestätigte sie.
Plötzlich fiel mir der etwas brutal aussehende Gesandte der Krone ein, den ich im Blutigen Bill gesehen hatte und der seine Zeche in kashfanischer Währung bezahlte. Ich kam zu dem Schluß, daß ich mich lieber nicht danach erkundigen wollte, wie nahe diese Begebenheit zeitlich mit jenem Mordanschlag übereinstimmte, der diese Neuordnung möglich gemacht hatte. Was mich entschieden heftiger mit unvermittelter Wucht traf, war das Bild, das sich mir in diesem Moment zeigte: Es sah so aus, als ob Random Jasra und Luke daran gehindert hätte, den ihnen widerrechtlich genommenen Thron wiedereinzunehmen -eben jenen Thron, den Jasra Jahre zuvor ebenfalls widerrechtlich eingenommen hatte, um gerecht zu sein. Bei den vielen Widerrechtlichkeiten, die sich abspielten, war es für mich mehr als undurchsichtig, wo die Gerechtigkeit liegen mochte. Doch wenn Randoms Moral vielleicht nicht besser war als die seiner Vorgänger, so war sie zumindest auch nicht schlechter. Jetzt sah es jedoch so aus, als ob irgendein Versuch von Lukes Seite, den Thron seiner Mutter zurückzuerlangen, von einem Monarchen bekämpft würde, der mit Amber ein Verteidigungsbündnis geschlossen hatte. Plötzlich war ich bereit zu wetten, daß die Bedingungen eines solchen Verteidigungsbündnisses sowohl Ambers Beistand bei inneren Schwierigkeiten als auch seine Hilfe gegen Angreifer von außen einschlossen.
Faszinierend. Das hörte sich so an, als ob Random sich allerlei Mühsal aufbürdete, um Luke von seiner Machtbasis und jeder annähernden Legitimierung zum Staatsoberhaupt fernzuhalten. Ich vermutete, der nächste Schritt könnte darin bestehen, ihn als Täuscher und gefährlichen Revoluzzer zu ächten und eine Belohnung für seinen Kopf auszusetzen. War Randoms Reaktion übertrieben? Luke erschien mir jetzt bei weitem nicht mehr so gefährlich, erst recht nicht, seit seine Mutter in unserer Gefangenschaft war. Andererseits wußte ich nicht genau, wie weit Random zu gehen beabsichtigte. Wollte er lediglich alle drohenden Gefahren ausschließen, oder war er eigens ausgezogen, um Luke zu schnappen? Die letzere Möglichkeit machte mir Sorgen, da Luke sich zur Zeit einigermaßen gut zu benehmen schien und vielleicht gerade die Geburtswehen einer neuen inneren Einstellung durchmachte. Ich wollte nicht zusehen, wie er unnötigerweise den Wölfen vorgeworfen wurde - nur aufgrund einer blutrünstigen Überreaktion auf Randoms Seite.
Also sagte ich zu Vialle: »Ich vermute, das alles hat ziemlich viel mit Luke zu tun.«
Sie schwieg eine Zeitlang, dann antwortete sie: »Es war Dalt, der ihm anscheinend mehr Sorgen bereitete.«
Ich zuckte im Geist mit den Schultern. Ich dachte, daß das in Randoms Kopf letzten Endes auf dasselbe hinauslaufen würde, da er Dalt als die militärische Macht ansah, die Luke einsetzen würde, um den Thron einzunehmen. Also sagte ich nichts außer »Oh!« und beschäftigte mich weiter mit meinem Essen.
Darüber hinaus waren keine neuen Tatsachen zu erfahren, und Randoms Einstellung wurde durch keine weiteren Äußerungen erläutert, deshalb verfielen wir in eine seichte Plauderei, während ich meine Lage noch einmal überdachte. Ich wurde das Gefühl immer noch nicht los, daß schnelles Handeln nötig war, und immer noch hatte ich keine Ahnung, in welcher Form dies geschehen sollte. Mein Kurs wurde auf eine unerwartete Weise irgendwann während der Nachspeise bestimmt.
Ein Höfling namens Randei - groß, dünn, dunkel und im allgemeinen lächelnd - betrat den Raum. Ich wußte, daß etwas im Busche war, weil er nicht lächelte und weil er sich schneller bewegte als sonst. Sein Blick schweifte über uns und blieb auf Vialle haften, dann trat er rasch vor und räusperte sich.
»Edle Dame, Majestät...«, begann er.
Vialle wandte den Kopf leicht in seine Richtung.
»Ja, Randei?« sagte sie. »Was gibt es?«
»Die Delegation aus Begma ist soeben eingetroffen«, antwortete er, »und ich sehe mich ohne jede Anweisung, was die Form ihrer Begrüßung oder irgendwelche angemessen erscheinende Maßnahmen betrifft.«
»Ach, du liebe Güte!« sagte Vialle und legte die Gabel aus der Hand. »Die Leute waren doch erst für übermorgen angekündigt worden, nach Randoms Rückkehr. Er
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