Amber-Zyklus 10 - Prinz des Chaos: der Titel
sein«, sagte ich. »Ich habe die anderen hierherbringen lassen, weil ich dachte, hier wären sie vor beiden Mächten sicher.«
»Anscheinend war das Risiko deines Einsatzes den Gewinn wert.«
»Na gut«, sagte ich. »Ich schätze, es ist an der Zeit, daß sie einige andere Dinge vorgesetzt bekommen, mit denen sie sich beschäftigen können.«
»Zum Beispiel?«
Ich sah ihn an, den Muster-Geist meines Vaters, den Wächter dieses Ortes.
»Ich weiß, wo dein Gegenstück aus Fleisch und Blut ist«, sagte ich, »und ich bin im Begriff, ihn zu befreien.«
Ein Lichtblitz zuckte auf. Eine plötzliche Windbö wirbelte die herabgefallenen Blätter auf, trieb die Nebelschwaden an.
»Ich muß dich begleiten«, sagte er.
»Warum?«
»Ich habe natürlicherweise ein persönliches Interesse an ihm.«
»Also gut.«
Donner krachte um uns herum, und der Nebel wurde von dem weiter auffrischenden Wind auseinandergerissen.
Da kam Jurt zu uns.
»Ich glaube, es hat angefangen«, sagte er.
»Was?« fragte ich.
»Das Duell der Mächte«, sagte er. »Eine ganze Weile lang hatte das Muster einen beträchtlichen Vorsprung. Doch als Luke es beschädigte und du dir die Braut des Juwels geschnappt hast, wurde es dadurch offenbar mehr geschwächt, als es seit Ewigkeiten der Fall gewesen war. Deshalb beschloß der Logrus anzugreifen und legte dabei lediglich eine kurze Unterbrechung ein, um zwischendurch schnell mal zu versuchen, dieses Muster zu beschädigen.«
»Es sei denn, der Logrus wollte uns nur auf die Probe stellen«, erwiderte ich, »und das hier ist schlicht und einfach ein Sturm.«
Während er gesprochen hatte, hatte ein leichter Nieselregen eingesetzt.
»Ich kam in der Annahme hierher, dies sei der einzige Ort, den keiner von beiden im Falle einer Auseinandersetzung berühren würde«, fuhr er fort. »Ich nahm an, keinem wäre daran gelegen, Energie vom eigenen Angriff oder der eigenen Verteidigung abzuzweigen, um einen Abstecher in diese Richtung zu unternehmen.«
»Diese Annahme könnte sich immer noch als richtig erweisen«, sagte ich.
»Nur ein einziges Mal möchte ich auf der Siegerseite stehen«, bemerkte er. »Ich bin mir nicht sicher, ob ich mich darum schere, was richtig oder was falsch ist. Das sind fragwürdige Begriffe. Ich möchte nur zur Abwechslung mal bei den Typen sein, die gewinnen. Was meinst du, Merle? Was wirst du tim?«
»Corwin hier und ich machen uns auf den Weg zu den Burgen, und wir werden meinen Vater befreien«, sagte ich. »Dann werden wir die anstehenden Probleme lösen, welche auch immer einer Lösung bedürfen, und bis ans Ende unserer Tage in Glück und Frieden leben. Du weißt ja, wie das so geht.«
Er schüttelte den Kopf.
»Ich bin mir nie darüber schlüssig, ob du ein Dummkopf bist oder ob deine Vertrauensseligkeit berechtigt ist. Jedesmal, wenn ich zu dem Schluß komme, daß du ein Dummkopf bist, habe ich das Nachsehen.« Er blickte zum dunklen Himmel hinauf und wischte sich die Regennässe von der Stirn. »Ich bin wirklich hin - und hergerissen, aber du könntest immer noch König des Chaos sein.«
»Nein«, sagte ich.
»...Und du genießt ein besonderes Verhältnis zu den Mächten.«
»Falls das so ist, dann verstehe ich es selbst nicht.«
»Egal«, sagte er. »Ich halte trotzdem zu dir.«
Ich ging zu den anderen hinüber und umarmte Coral.
»Ich muß in die Burgen zurückkehren«, sagte ich. »Paß auf das Muster auf. Wir kommen wieder.«
Der Himmel wurde von drei grellen Blitzen erhellt. Der Wind rüttelte an den Bäumen.
Ich wandte mich ab und schuf eine Tür mitten in der Luft. Corwins Geist und ich traten hindurch.
- 12 -
A lso kehrte ich in die Burgen des Chaos zurück, wo ich in Sawalls raumverzerrtem Skulpturengarten herauskam.
»Wo sind wir?« fragte mein Geist-Vater.
»In einer Art Museum«, antwortete ich. »Im Haus meines Stiefvaters. Ich habe diesen Ort gewählt, weil die Beleuchtung dem Auge Streiche spielt und es viele Verstecke gibt.«
Er betrachtete einige der Stücke und untersuchte auch ihre Anbringung an den Wänden und an der Decke.
»Das wäre ein teuflischer Ort, um eine Streitigkeit auszutragen«, stellte er fest.
»Das nehme ich auch an.«
»Bist du hier in der Gegend aufgewachsen, hm?«
»Ja.«
»Wie war das?«
»Ach, ich weiß nicht. Ich kann es mit nichts anderem vergleichen. Ich hatte so manche gute Zeit, allein und mit Freunden - und hin und wieder auch schlechte Zeiten. Das alles gehört zur Kindheit.«
»Dieser
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