Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
war.« Ich mußte an die vielen Pillen denken, die noch in meiner Matratze versteckt waren. »Ich muß in Zukunft besser aufpassen. Außerdem haben sie mir Spritzen verpaßt, nach denen es mir besser gehen sollte, was auch stimmte.«
    »Was für Spritzen?«
    »Medizin eben, meine Kleine, gute Medizin, die mir hilft, den Tag zu überstehen.«
    Da habn wirs, Anne, einerseits bestätigt das meine Erwartung, daß ich hier die Krankenschwester spielen muß, bis sie wieder reif fürs Krankenhaus ist oder abnippelt, wenn ich sie nich rechtzeitig hinschaffen kann. Andererseits heißt das auch, daß sie nich den Hauch von ner Chance hat, uns irgendwie mit Geld zu versorgen. Die Verlage riefen schon nich mehr an, als sie noch gar nich im Krankenhaus war. Wenn wir nich beide auf der Straße landen wollen, muß ich jetz wohl die Geldbeschaffung übernehmen. Ich werd sicher nich Burger eintüten und zur Schule muß ich wohl auch irgendwo, also bleiben nur Überfälle oder Judes Variante, wenn wir unbedingt am Leben bleiben wollen. Und das will ich immer noch. Verrückt, Anne, gemein, aber ohne jede Alternative. Mein Weg ist vorgezeichnet. Mir wird schlecht, wenn ich dran denke, aber was sein muß, muß sein.
    Mama wurde auf der Fahrt ganz steif; ich mußte sie richtig zusammenklappen und dann wieder auseinanderfalten, um sie vorsichtig ausm Taxi zu bugsieren. Sie ächzte und stöhnte, aber schließlich bekam ich sie irgendwie frei und konnte ihr zur Tür helfen. Ihr Haar ist ganz grau geworden, als sie da drin war. Sollte sich färben lassen, ja, genau. »O mein Schatz, was für eine Mühe alles macht, wenn man alt ist.«
     

10. Juli
    Mama sagt, ich habe ihr gefehlt, als sie in der Klinik war. Heut früh wär sie mir fast ins Koma gefalln, wenn ich sie nich die ganze Zeit auf und ab geführt hätte; dazwischen hab ich sie mit Kaffee vollgepumpt. Jetz liegt sie grad im Bett, Augen an die Decke, als würde sie durch das Gestiere kommen sehen, was vor uns liegt, und dadurch genug Zeit haben, um allem auszuweichen.
    Am Nachmittag rief mich Iz an.
    »Wie gehts Jude?«
    »Fängt sich wieder.«
    »Pflegst du sie, oder isse bei ihren Freunden downtown?«
    »Sie ist bei denen, dort hat sie optimale Pflege.«
    »Und deine Rippe?«
    »Tut weh, aber es geht schon so. Und dein Kopf?«
    »Tut weh.« Eigentlich wollt ich ja nich, aber dann hab ich ihr von Mossbacher erzählt, wie ich ihm gefolgt bin und was dann passiert ist, als ich endlich wußte, wo er nach der Arbeit seinen elenden Körper zur Ruhe bettet. Keine Ahnung, echt, warum ich das alles rausgelassn hab, es ärgert mich jetzt, wo ichs hier quasi im Kopf noch mal ablaufen laß, aber wenn irgendwer das hier alles lesen dürfte, wäre es ohnehin Iz.
    »Was hältst du davon?« fragte ich, als ich fertig war mit meinem Bericht.
    »Das war so ohne Verstand, Lo!«
    »Na, nich ganz!« verteidigte ich mich.
    »Doch, denn was hat er dir persönlich je getan?«
    »Er hat Pappi so lang ausgesaugt, bis der seinen Infarkt hatte, dann hat er unser Geld gestohln.«
    »Alles bekannt, aber was hat er dir direkt, nicht indirekt angetan?«
    »Nada direkt.«
    »Hat er gewußt, wer du bist?«
    »Nein.« Da bin ich mir sicher, und wenn ich jetz drüber nachdenk, dann war das was mit vom bestn.
    »Das is der reine Wahnsinn, Lo! Wenn schon Rache, dann Rache mit nem Grund, nem guten Grund, etwas, das dir der Typ direkt angetan hat. Falls es anders is, laß es bleiben. Auf lange Sicht bringt dich die Tour in Teufels Küche.«
    »Es tut mir leid.«
    »Bei mir mußt du dich nich entschuldigen.«
    »Treffn wir uns?« Mir fehlt sie so, ich möcht bei ihr sein, sie festhalten.
    »Besser nich. Du bist ja völlig ausm Tritt. Krieg erstmal alles wieder innen Griff, Lo.« Das tat weh, aber nich mehr so weh wie früher, ich gewöhn mich anscheinend an das Einzelgängerding, wenns denn schon sein muß, und so siehts ja aus. Alles wieder in Griff kriegn, ja, das werd ich jetz wohl.
    »Na dann, bis dann.«
    »Bis dann, ja. Ich liebe dich wirklich, Lola.«
    »Ich dich auch.« Ist die Wahrheit, immer noch und auf ewig, aber das ist heutzutag nix wert, also völlig belanglos. Zwischen uns is jetz ne Mauer nich wegn Jude nich weil ich sie mehr liebe als sie mich sondern weil ich über die Grenze drüber bin von der sie mal geredet hat und den Schritt macht man aus freien Stückn nich weil man muß. Draußen ist es stockdunkel; ich muß jetz los. Hallo Straße nimm mich nimm mich auf.
    Auf Wiedersehn Anne. Du bist meine

Weitere Kostenlose Bücher