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Ambient 02 - Heidern

Ambient 02 - Heidern

Titel: Ambient 02 - Heidern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Gänge«, meinte Weezie. Iz sagte nichts, aber ich glaube, sie mag die Schule doch, traute es sich aber nicht zu sagen.
    »Du meinst, sie schießen auf Menschen in der Schule?«
    »Jetzt mit Detektor, aber wo 'n Wille …«, erklärte Weezie.
    »Du mußt's ja wissen«, spottete Jude. »Zeig's ihr, komm.«
    Weezie trug glänzende, kniehohe Stiefel mit Isolierband an den Zehenspitzen. Sie faßte in einen der Stiefel und zog ein 30 Zentimeter langes Rambo-Messer heraus. Dann packte sie mich am Arm und hielt mir die Messerspitze direkt unter das Kinn, lächelte und zeigte dabei ihre goldenen Vorderzähne. Eigentlich hätte ich jetzt Angst haben sollen, Anne, aber seltsamerweise hatte ich keine. Iz und Jude zeigten auch keine Furcht, vielleicht hatte ich deswegen auch keine Angst. Weezie lachte auf und ließ mich los. Wir gingen weiter. Einige Passanten sahen uns zu, aber nicht viele. Die meisten beachteten uns nicht, so als wären wir gar nicht vorhanden.
    »Dominikanischer Zahnstocher«, sagte Weezie. Sie warf ihr Messer in die Luft, fing es auf und steckte es wieder in ihren Stiefel. »Du spinnst, Weez, irgendwann knipst dich einer aus wegn der Fuchtelei«, meinte Iz.
    »Braucht aber ne Knarre, sonst keine Chance«, erwiderte Weezie.
    »Hat sich fast den Fuß amputiert letztn Monat. Drum humpelt sie«, erzählte Jude.
    »Was ist genau passiert?« erkundigte ich mich. Weezie wurde rot, als wäre es ihr peinlich, aber Iz klärte mich auf: »Unser Psycho Killer hier trieb sich nachts rum mit Charmin und Blood T, Renegades ärgern. Warf die Klinge durch die Luft wie ne Münze. Zack steckte sie im Fuß. Darum das Band um die Zehen.«
    »Warst du im Krankenhaus?« Gerne hätte ich gesehen, wie ihr Fuß aussah, aber da wir uns gerade erst kennengelernt hatten, glaube ich nicht, daß sie ihn mir gezeigt hätte.
    »Komm mir bloß nicht dumm. Hätten mir bloß Tylenol verpaßt. Sprüche: Vielleicht war die Klinge ja vergiftet.«
    »Nichts hat sie gemacht«, sagte Jude und lachte. »Rausziehn, abwischn, humpeln. So macht das unser Doktormädel hier. Shit!«
    An der 110. wollten sie in die U-Bahn hinunter. »Wir müssen bunkern«, erklärte Jude grinsend. »Treffen Leute downtown.«
    »Morgen unterwegs?« fragte mich Iz. Ich nickte.
    »Mittags beim Chinesen am Broadway«, sagte sie.
    »Okay.« Iz lief hinter Jude und Weezie her. Ich selbst ging weiter Richtung downtown und über den Riverside Drive zurück, weil ich nicht auf die Jungs treffen wollte, falls sie noch immer am Broadway abhingen. Am liebsten wäre ich ins Kino gegangen oder in ein Museum, aber wo ist das Geld dafür? Also blieb mir nur das Herumlaufen. Der Riverside Park schreckt mich immer noch ab, ganz anders als der Central Park. Streifenwagen parkten an der 116., und überall liefen die Uniformierten herum. Ich wußte nicht, was passiert war, aber ich bin froh, daß es mir nicht passiert ist.
    »Was hast du so getrieben, Schnuckel? Hast du dich amüsiert?« fragte mich Mama, als ich wieder daheim war.
    »Bin nur mit ein paar Mädels spazierengegangen, die mir über den Weg gelaufen sind.«
    »Wohnen die hier in der Gegend, Liebling?«
    »Ja, in der Gegend.«
    »Es freut mich, Schnuckel, daß du Anschluß findest.«
    »Wir werden jetzt für immer hier wohnen, oder?« Das ist die Wahrheit, ich weiß das und finde es blöd, wenn wir uns weiter gegenseitig belügen. Mama sah traurig aus, als ich sie das fragte. Es war, als hätte ich gesagt, daß ich sie hasse oder etwas Gemeines in der Art. »Nein, nein, meine Liebe, wir sind schneller wieder daheim als du denkst. Du wirst schon sehen.«
    »Mama, es macht mir nichts mehr aus, wenn wir nicht mehr zurück in unsere alte Wohnung ziehen. Ich möchte es nur wissen«, versuchte ich es noch einmal, weil offensichtlich war, daß sie schwindelte, was das Zeug hielt.
    »Nicht doch, Liebling! Jetzt sorge dich nicht. Wir sind wieder zu Hause, bevor du dich versiehst. Pappi wird dann nicht mehr für diesen furchtbaren Tollhäusler arbeiten müssen. Und die Züge halten uns nachts auch nicht mehr vom Schlafen ab.«
    »Ich habe mich schon an sie gewöhnt. Die wecken mich nicht mehr auf.«
    »O Schnuckel, es hätte gar nicht soweit kommen dürfen, daß dich jemals Züge aufwecken!« Sie umarmte und küßte mich und ging dann wieder, um ihre Manuskripte zu lesen. Ich habe den Scheck für das erste gesehen. Schnell sei er gekommen, meinte Mama. Er war bloß über 100 Dollar.
    Froh bin ich, daß Iz mich morgen wieder treffen möchte.

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