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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Schneide?«
    »Ja.«
    »Du kannst nicht bis zum bitteren Ende hauen und stechen, Seamus.«
    »Ich fürchte, im Augenblick bin ich anderweitig zu sehr in Anspruch genommen.«
    »Mit?«
    »Avalon.«
    »Sie liebt den Rauch und scheut das Feuer?«
    »O nein«, sagte ich. »Sie will helfen.«
    »Was grämt dich dann?«
    »Ich fürchte für sie. Für uns beide.«
    »Wann ein Ding sein soll, so schickt sich alles dazu. Sie ist ein großes Mädchen und kann sich selbst akkomodieren, Bruderherz.«
    »Klar.«
    »Sieh zuerst dein eigenes Risiko.«
    »Klar«, sagte ich wieder.
    »Was besorgt dich dann am mehresten?«
    »Vieles. Alles.«
    »Und so siehst du dich vor einem unersteiglichen Berg?«
    »Sozusagen.«
    »So schlaf darüber bis zum Morgen«, sagte sie und gab mir einen Gutenachtkuß, sorgsam bedacht, mich nicht mit ihren Nägeln zu stechen. »Laß gut sein und sinne der Sache nicht weiter nach.«
    »In Ordnung.«
    Wir lagen Seite an Seite, ich mit dem Kopf auf meinem Kissen, sie auf einem Klumpen Schaumstoff. Sie hatte Styropor versucht, war jedoch bald davon abgekommen, weil sie es bei jedem Umdrehen und Aufstehen mit sich hochgezogen hatte. Die Luft im Zimmer war dunstig und schlecht; meine Augen brannten. Smog kroch durch das Loch in der Schlafzimmerdecke und senkte sich auf unsere Betten herab. Ich nahm mir wieder einmal vor, etwas darüberzunageln. Bevor ich einschlief, überließ ich mich bourgeoisen Gedankengängen und überlegte, daß es mir nach meinen bisherigen Erfahrungen niemals so gut gehen würde, wie es der Fall sein sollte, ganz gleich wie sehr ich mich bemühte. Nun aber schien plötzlich eine Wendung zum Besseren möglich, verlockend möglich. Meine Unruhe schlief vor mir ein. Ambienten frohlockten, daß dies die letzten Tage seien, wünschten und sehnten die Endzeit herbei und hätten ihre Seelen bereitwillig jedem verschrieben, der ihnen dafür den Untergang dieser rohen Welt um sie her garantieren könnte. Ich hatte nichts dagegen, solange es richtig gemacht wurde.
     

5
    I CH TRÄUMTE VON A VALON UND MIR SELBST ; wir saßen in einer dunkelgrünen Gondel und glitten durch feinen Nebel, dessen Tröpfchen unsere Haut netzten, die Fifth Avenue hinunter. Ein ungesehener Gondoliere ruderte uns. Wir hielten, trieben still dahin; Avalon speerte Fische aus dem Wasser; glänzende Brassen, Steinbutte, Seebarsche, Schellfische, Makrelen, Mönchsfische und Aale. Eine Menschenmenge auf einer der hohen Brücken zwischen den Gebäuden über uns applaudierte dezent. Avalon führte einen zappelnden Fisch zum Munde, biß ihm den Kopf ab.
    Als es Tag wurde, stand ich auf, wusch mir den Ruß aus dem Gesicht und blickte durch die Fenstergitter hinaus, nachdem ich die alten Zeitungen, die wir als Gardinen benutzten, beiseite geschoben hatte. Ich fühlte mich steif, als hätte ich die Nacht in Wäschestärke gelegen. Der Himmel war wieder bedeckt; ein herrlicher Tag, sollte es regnen, obwohl dann die Straßen überflutet würden. Die Serena – ein leichter abendlicher Nieselregen, der sich die meisten Tage einstellte – half; nur an regnerischen Tagen klarte die Luft hinreichend auf, daß man beim Atmen nicht das Gefühl hatte, man nehme an einer der anstrengenderen olympischen Disziplinen teil.
    »Licht?« murmelte Enid und kam langsam wie aus einem Sumpf in die Höhe. Sie schüttelte den Kopf; kleine Stückchen Schaumstoff sanken zu Boden. »Zeit?« »Zehn. Aufstehen, Waschen, Zähneputzen.« »Scheiß auf alles«, sagte sie, richtete sich auf und zündete eine Zigarette an, bevor sie zum drittenmal ausatmete.
    »Waschen«, sagte ich, »nicht jammern.« Enid langte ins Bett, zog eine alte Zeitung aus der Matratze; zündete sie mit dem Feuerzeug an und warf sie nach mir. Ich trat die Flammen aus. Da ich vermutete, daß weitere Kommentare ebensowenig gewürdigt werden würden, ging ich hinaus in den Korridor. Ich untersuchte die Schlösser an der Wohnungstür, um mich zu vergewissern, daß keine späten Wanderer während unseres Schlafes versucht hatten, sich einzumieten. Ich schaltete den Fernseher ein; die Nachrichten. Der Bildschirm füllte sich mit computerverschlüsselten Verschwommenheiten und Farbschmierern; nach einem Augenblick gerann alles zur Gestalt des Sprechers. Man konnte nicht mehr unterscheiden, ob die Sprecher echte Personen waren oder nicht, da die glatte Selbstsicherheit sie alle gleich machte.
    Zum Frühstück wässerte ich nährstoffreichen getrockneten Seetang und schwenkte ihn mit Pastinaken in

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