Ambient 03 - Ambient
standen vor dem Club Schlange. Der Abendnebel war leicht. Auf der anderen Straßenseite parkte ein dunkler Wagen. Die blaßpurpurne Instrumentenbeleuchtung vom Armaturenbrett erhellte die Schatten im Innern. Ich war ziemlich sicher, daß der Wagen ein Redstar war. Rasch lief ich zu einem anderen Fenster und schaltete unterwegs den Fernseher aus; aus meinem neuen Blickwinkel sah ich, daß die Nummernschilder 1A waren. Es war acht Uhr vorbei; um diese Stunde hielt man auch ohne solche Eingebung den Knüppel bereit.
»Avalon?« sagte ich durch die Tür und das Rauschen des Wassers.
»Ja?«
»Ich glaube, wir sind unter Beobachtung.«
»Ist jemand draußen?« Sie drehte das Wasser ab.
»Ja. Ich schalte das Licht aus.«
»Sind die Vorhänge nicht zugezogen?«
»Jetzt, ja«, sagte ich und zog die Zeitungen vor das Fenster; es könnte sie noch mißtrauischer machen, wenn es in der Wohnung dunkel würde, dachte ich.
»Warum sind sie nicht heraufgekommen, wenn sie hinter uns her sind?«
»Vielleicht warten sie.«
»Warten worauf?«
»Es ist Terror«, sagte ich. »Sie versuchen uns Angst einzujagen, glaube ich.«
»Hört sich an, als machten sie ihre Sache gut. Wenn sie es auf uns abgesehen hätten, würden sie dann nicht schon hier oben sein?«
»Bei Nacht würden sie hier nicht weit kommen; das wissen sie.«
»Du meinst, sie trauen sich nicht über die Straße?«
»Sie werden bis zum Morgen warten«, sagte ich.
»Wen opfern sie da unten?« fragte Avalon. Da das Wasser nicht lief, war es leicht, den Aufruhr im Loch zu hören.
»Freiwillige.« Ich bog eine Ecke des Papiers zurück und spähte wieder hinaus. Sie saßen in ihrem Wagen.
»Hast du mit deiner Schwester je über mich gesprochen?«
»Ja.«
»Was denkt sie von mir?«
»Sie neigt zu voreiligem Urteilen.« Besser, ich wartete damit, bis wir im Bett waren, oder vielleicht nicht.
»Ist sie älter als du?«
»Vier Jahre.«
»Wie sieht sie eigentlich aus?«
»Sie hat Stil«, sagte ich. »Aber sie ist linksherum. Hat eine Geliebte.«
»Was für eine ist ihre Geliebte?«
»Altklug«, sagte ich.
Avalon öffnete die Badezimmertür und kam heraus; sie war nackt. Einen Augenblick lang stand sie in der Türöffnung, ein Schattenriß vor dem Licht, und dampfte wie frisch gebacken.
»Wenn ich naß bin, kann ich meine Jeans nicht anziehen«, sagte sie und kam näher. »Nicht, daß du nie gesehen hättest, was ich habe. Nicht, daß du es nicht zu sehen bekommen würdest. Macht es dir was aus?«
»Ah – nein«, sagte ich, sie anstarrend.
»Immer noch draußen?« fragte sie, bückte sich und spähte unter der Zeitung durch.
»Natürlich.«
Sie richtete sich auf, kam zu mir und schlang die Arme um meine Mitte. »Was soll aus uns werden, Schami?«
Ihre Haut erfreute meine Hände, als ich sie tätschelte. Sie war weich wie Nebel, und ich fürchtete irgendwie, daß sie verschwinden könnte, wenn ich nicht hinschaute.
»Etwas.«
»Was meinst du, sind sie lebendig oder tot?«
»Keine Ahnung. Wie es auch ausgegangen ist, ich glaube, jemand will mit uns darüber reden.«
»Meinst du, daß es gutgehen wird?«
»Vielleicht.«
»Schamlos«, sagte sie und schlang die Arme fester um mich, »denkst du an mich, wenn ich nicht da bin?«
»Immer.«
»Willst du heute nacht mit mir schlafen?«
»Ja.«
»Das hast du schon lange gewollt, nicht wahr?«
»Seit ich dich das erste Mal sah.«
»Ich habe auch immer mit dir schlafen wollen. Du warst bloß nicht in der Arbeitsplatzbeschreibung.«
»Jetzt bin ich es wohl«, sagte ich. »Es sei denn, wir sind gefeuert worden.«
»Dann zeig es ihnen«, sagte sie. »Aber mir zuerst.«
Das Romanzenzimmer war am anderen Ende des Korridors. Ich hob sie auf und trug sie ins Schlafzimmer.
»Hier drinnen schläfst du?«
»Ja«, sagte ich und stieß mit dem Fuß Stuckbrocken beiseite, als ich durch den Raum ging.
»Und wo schläft deine Schwester?«
»Auch hier.«
»Also wirklich«, sagte sie, als ich sie absetzte. Sie bemerkte eine getrocknete Blutlache am Boden. »Starke Periode?«
»Vor ungefähr zwei Monaten hatten wir Gesellschaft.«
Sie warf sich bäuchlings auf mein Bett, hob das Hinterteil und bewegte es in langsamen Kreisen. Mir schien, daß die Tätowierung mit dem grinsenden Gesicht mich anfunkelte, als könne sie sich mit meiner Anwesenheit nicht abfinden.
»Du mußt es mir doppelt machen«, sagte sie lachend, das Gesicht in meinem Kopfkissen. »Ich werde dich aussaugen, bis du trocken bist.«
Mir wollte
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