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Ambient 03 - Ambient

Ambient 03 - Ambient

Titel: Ambient 03 - Ambient Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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ich unterdrückte ein Ächzen, als sie mir wieder auf den Fuß stampfte. »Vernunft entflieht, wenn Furcht das Haupt erhebt. Seid ruhig und hört!«
    Tatsächlich schien ihre Erregung sich zu legen; Margot wurde von allen als eine der scharfsinnigsten – und boshaftesten – ihres Stammes angesehen. Ihre Worte blieben gewöhnlich haften.
    »Groß steht er da, der Jammerlappen, groß und dumm«, sagte sie und zeigte auf mich. »Sein Naschwerk desgleichen. Welche Sünden sie tragen, ist klar auf ihre Stirnen geschrieben. Worte von Rauch grunzen diese Schafsköpfe. Die Faust ist leicht geballt, wenn zu resolvieren ihr euch untersteht, was soll es aber nützen? Kratzt an den Pusteln, so werden Geschwüre daraus; was soll es euch nützen?«
    »Sie sind nicht von uns, Margot …«
    »Vanitäten von oben bis unten«, sagte sie und stieß Avalon ihren Stock in den Bauch. »Hier. Kann nicht ernten, was nicht gesät werden kann. Und seht die weißen Zähne glänzen. Nehmt sie heraus – und es grinst der alten Muhme ledrig' Maul. Was ihn betrifft …« Sie holte mit ihrem Stockdegen aus und schlug mir mit einem wohlgezielten Hieb das verbliebene Ohr ab. »Beide Ambienten«, sagte sie und zeigte die zugefeilten Zähne. »Engel vielleicht, unwissentliche. Dummköpfe eher, die des Geldes entbehren. So wollt ihr euer eigen Fleisch zerreißen? Das Blut vergießen, das euch springen macht? Nur zu, dann, tut nach eurem Willen. Aber ertragt meine Worte nachgehends an bitteren Tagen.«
    Margots Taktik wirkte; die Menge entspannte sich. Unterströmungen von Gemurmel ließen erkennen, daß die Leute zur Besinnung kamen.
    »Geht eurer Wege«, sagte sie. »Gebt eurer Furcht ein würdiges Gewand. Enid und ich werden diese zwei Schwerenöter zum sicheren Haus fortschaffen.«
    Die Versammlung löste sich allmählich auf, beäugte uns wachsam, bevor sie sich in der Dunkelheit des Tunnels verlor.
    »Danke, Margot …«, fing ich an; sie schlug mir den Stockdegen hart über die Knie. Beinahe wäre ich gefallen.
    »Holzkopf«, sagte sie und wandte sich zu Enid. »Deiner liebwerten Schwester allein hast du zu danken, daß ich getäuscht und traktiert und dir den Weg gewonnen.«
    »Wie auch immer«, sagte ich, mir die Knie reibend, »ich bin froh, daß es geklappt hat.«
    »Wer rötete dir den Schädel?« fragte sie und blickte, den Kopf in den Nacken gelegt, prüfend zu mir auf. »Wohltäter, die mit der Keule Vernunft hineinzuprügeln gedachten?«
    »So freundlich waren sie nicht«, sagte ich. »Wohin wollt ihr uns bringen?«
    »Zu Hause wäre es am besten«, sagte Enid, »aber wenn wahr ist, was du sagtest, werden sie dich überall suchen. Aber zum sicheren Haus kommen sie nicht. Dort werdet ihr so sicher wie im Mutterleib sein.«
    »Wie kommen wir hin?« fragte Avalon.
    »Trappt mit uns auf gleichen Wegen, immer nah und kopfgebeugt«, sagte Margot, »so werdet ihr früh genug daselbsten sein.«
    Avalon schaute verdutzt drein, als verstünde sie nicht. »Wird es dort etwas zu essen geben?«
    »Leichenzehrer mögen ihre eigenen geschabten Gebeine benagen.«
    »Schimpf sie nicht so, Schmusekätzchen«, sagte Enid. »Es wird Grundnahrungsmittel geben.«
    »Gut.«
    »Dann fertig und willenstüchtig. Munter mit uns jetzt!« sagte Enid.
    »Werden sie uns nicht finden?« fragte Avalon. »Wohin gehen wir?«
    »Wo wir streifen, gibt es ihrer keine«, sagte Margot. »Die Zeit wiegt schwer, und hier stinkt es nach Furcht wie Moder alter Räume. Die Tiefe Straße wartet. So packen wir uns fort. Auf und über, herum und hinab.«
    Enid zog eine weitere Taschenlampe aus der Jacke und warf sie Avalon zu. Eine Motorsäge hing ihr unter der Jacke von der Schulter. Sie hob Margot auf, setzte sie sich rittlings auf die Schultern; Margots Stummelbeine schlossen sich um Enids Hals, und sie faßte Enid bei den Eisenspitzen, wie um sie zu steuern.
    »Diese Fackeln bleiben an?« fragte ich.
    »Gas«, sagte Enid. »Ewige Flammen.«
    »Ich wußte nicht, daß die Gaswerke hier unten noch Leitungen haben.«
    »Sie auch nicht.«
    Knapp innerhalb des Tunnels, jenseits des Lichtscheins, nahm ich einen unerwarteten Geruch war. Ich ließ den Lichtkegel über die Wände streifen und sah Eisenkäfige von den Deckenträgern hängen. In den Käfigen waren Leichen im fortgeschrittenen Zustand der Verwesung.
    »Übereifrige Entdecker«, erläuterte Enid, »die kommen, weil es da ist.«
    »Und sie sind dort«, sagte Margot, »weil wir hier sind.«
    Mit jedem Schritt wurde mir klarer,

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