Ambient 04 - Terraplane

Turgenjew B 95-Raketenabschußgeräts in halber Größe des Originals. »In Jugoslawien aus leichtem Polymer für uns hergestellt. Verfeuert echtes Explosivgeschoß. Natürlich nicht gefährlicher als eine Zündhütchenpistole, versteht sich …«
    »Mein Wechselgeld«, sagte der Vater. »Geben Sie endlich heraus.« Das Surren über uns ging in der Tonleiter eine halbe Note tiefer; ich blickte aufwärts.
    »Ich habe kein Kleingeld«, sagte die Kassiererin. »Warum quälen Sie mich so?« Alle Überwachungskameras drehten sich in unsere Richtung. Unsere Truppe trat zum Finale an.
    »Dreißig Kopeken!« rief der Vater. Andere Kunden – es gab viele – wurden ungeduldig. Der kleine Junge hatte sich von seiner Trauer erholt und blickte zu uns, gelangweilt vom väterlichen Argumentieren. Skuratow, die Waffe in den Armen, lächelte dem Kind zu.
    »Ich sagte Ihnen doch, daß ich kein Kleingeld habe!« schrie die Kassiererin. »Nehmen Sie doch diesen leckeren Schokoladenriegel, den ich Ihnen anstelle des Wechselgeldes anbiete.« Jake hakte unter seinem Mantel etwas aus. Mir zog sich der Magen zusammen, und ich verspürte die Übelkeit dessen, der im Begriff ist, gefangen zu werden. »Seien Sie doch froh, Bürger, der Riegel kostet sonst vierzig.«
    »Kleiner Junge«, sagte Skuratow, bückte sich grinsend zu dem Kind und gab ihm die Spielzeugwaffe. »Schau her: damit zielst du in eine Richtung, wo keine Leute sind, wie ein tapferer Soldat. Dann ziehst du den Drücker durch, und es gibt einen Riesenspaß.«
    »Da«, sagte der kleine Junge und griff zu; er bedurfte keiner zweiten Aufforderung. Er nahm die Waffe fest in beide Hände und feuerte sie mit der Zielsicherheit eines Scharfschützen ab. Das sonnengelbe Projektil schoß aus dem falschen Turgenjew-Gerät und brachte mit ohrenbetäubendem Knall eine sorgsam aufgeschichtete Pyramide Stinkbomben aus himmelblauem Kunstharz zum Einsturz. Die Wurfgeschosse polterten bodenwärts und blitzten und krachten und stießen übelriechende Rauchwolken aus. Der Vater schlug den Jungen; die Kassiererin stieß den Vater vor die Brust, weil er den Jungen geschlagen hatte.
    »Wollen wir schnell zum Aufzug gehen?« sagte Skuratow, hakte uns unter und führte uns aus dem qualmenden Durcheinander. »Mein Wagen parkt draußen günstig in einer Freizone. Lassen Sie uns an wichtiger Zusammenkunft teilnehmen.«
    Ungefolgt von irgendwem, hievten wir uns durch die Menge. Die Schreie von Müttern, die gebrüllten Drohungen und Befehle der hauseigenen Ordnungskräfte und das Weinen, Quietschen und Lachen von tausend Kindern übertönten die Eisbahnmusik aus Dutzenden versteckter Lautsprecher.
    »Sie klappen so leicht zusammen«, bemerkte ich, als wir uns durch den Ausgang schlängelten.
    »Wahr«, seufzte Skuratow. »Die Traummannschaft formuliert stets perfekt ausgearbeitetes Aktionsprogramm. Der geringste unvorhergesehene Umstand genügt, und sie tappen umher und suchen ihre eigenen Hintern. Aus Sicherheitsgründen sind sie nicht ausgebildet, selbständig Entscheidungen zu treffen. Hier ist meine feine Maschine.«
    Skuratows Wagen war ein marineblauer Mercedes mit schwarzen Spiegelscheiben. Er öffnete den Kofferraum, nahm die Scheibenwischer, Radkappen, das Kühleremblem, die Außenrückspiegel und die Antenne heraus, allesamt bevorzugte Handelsobjekte auf dem Schwarzen Markt. Wir stiegen ein und warteten, während er alles wieder anbrachte. Jake machte es sich auf den Rücksitzen bequem. Ich bemerkte, daß Skuratow eine oder zwei Minuten brauchte, den Kofferraumdeckel zu schließen; ein gefrorenes Schloß, vielleicht, oder die Notwendigkeit, anderes, noch im Kofferraum lagerndes Zubehör zu ordnen. Während wir Wanzenjagd machten, stieg er ein; unsere Sensoren zeigten keine Ohren im Wageninneren, und endlich waren wir beinahe sicher.
    »Eindrucksvoll, Mal«, sagte ich. »Wie sind Sie daran gekommen?«
    »Geeignete Belohnung für viele gute Taten«, sagte er. »Beachten Sie handgearbeitete Einzelheiten und elegante Gestaltung von Instrumenten und Armaturenbrett. Reiben Sie leicht über die butterweichen Lederpolster.« Außen war der Wagen schmutzig, aber alle russischen Wagen hatten eine Wäsche nötig. Für seine zwei Millionen Autos war Moskau von Krasnaja mit zehn Wagenwaschanlagen versorgt worden. »Lassen Sie die Fenster bitte ein wenig offen, um leicht ablesbare Glasvibrationen zu verhindern. Maschine, fahr uns zu Ziel eins.«
    »Gemacht«, erwiderte die Stimme des Armaturenbretts; der