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Ambient 04 - Terraplane

Ambient 04 - Terraplane

Titel: Ambient 04 - Terraplane Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
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Motor zündete und sprang an. Skuratow setzte sich ans Lenkrad, und wir reihten uns in den Verkehr ein, passierten rote Straßenbahnen, die auf den Seitenstreifen fuhren.
    »Wie ist die Fahrzeit?« fragte ich.
    »Halbe Stunde. Sie sind vertraut mit der Nachbarschaft unserer Freundin?« Wir fuhren den Seduwoje Koltes oder Gartenring hinunter, eine vierzehnspurige Schnellstraße, wo Stoßstange an Stoßstange gefahren wurde. Glasäugige Türme säumten die Strecke, manche nichts als Potemkinsche Fassaden, die Abschußrampen der Raketenabwehr verhüllten.
    »Nein«, sagte ich.
    »Novy Marina Roschja ist ein Trushchoba«, fuhr Skuratow fort. »Ein Slum schlimmster Sorte. Sein Aussehen ist ganz amerikanisch. Krasnaja-Reaktionäre haben lange darauf bestanden, daß die Existenz dieser Slums ein notwendiges Übel sei, damit Nichtkonsumenten und ehemalige Soldaten mit Anpassungsproblemen an das Zivilleben geeignete Unterkunft finden können. Und in der Tat ist der Sozialordnung am besten gedient, wenn alle schlechten Menschen, die viel schädlichen Groll mit sich herumtragen, zusammengehalten werden. Viele sind mit gefährlichen ansteckenden Krankheiten behaftet. Geben Sie acht, daß die Podonki Sie nicht berühren, wenn wir den Wagen verlassen.«
    »Podonki?« forschte Jake. Er verdrahtete seine Ohren wieder mit den Knöpfen des Taschenabspielgerätes. Die dünnen gelben Kabel erweckten den Eindruck, als ob er intravenös ernährt wurde.
    »Abschaum«, dolmetschte Skuratow. »Das ist nur offizielle Bezeichnung, bedeutet keine Mißachtung.«
    »Warum sollte sie sich in solch einer Umgebung verstecken?« fragte ich.
    »Ist einleuchtend. In solchen Slums kommt und geht ein jeder nach Belieben«, sagte er. »Geeignete Umgebung für Leute, die nicht bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Bevorzugter Schlupfwinkel für verbrecherische Elemente aller Art. Die Konzentration solcher Elemente in einem Sammelbecken dieser Art erleichtert die Fahndung nach Verdächtigen. Krasnaja muß mit Rückschlägen leben.«
    »Zählen viele Wissenschaftler zu den verbrecherischen Elementen?« fragte ich.
    »Hängt von ihrer Wissenschaft ab«, sagte er lächelnd. »Fräulein Ossipowa nimmt Risiko der Lebensgefahr auf sich, wenn sie unter unzivilisiertem Gesindel haust; ist aber Risiko, das einzugehen sie offensichtlich wünscht …«
    »Wo ist ihre Wahl?«
    Er lachte. »Bei Aljechim. Macht nichts. Ihr neuer Wohnsitz wird frei von Furcht vor willkürlichem Rowdytum sein.« Er drückte auf die Radiotaste; es erklang das Scherzo aus Schostakowitschs Zehnter. Nur ein paar Takte vergingen, bevor er auf einen Sender umschaltete, der Gesangsnummern mit viel Gezupfe und Reklame brachte.
    »Haben wir sie genau adressiert?«
    »Sie wohnt in der Raisazeile. Mit meinem handlichen Gerät können wir mit Leichtigkeit genaue Adresse feststellen.« Unter dem Armaturenbrett zog er zwei flache, längliche Instrumente hervor, nicht viel größer als Fernbedienungen für Fernsehgeräte; eines davon reichte er mir. Ein Flüssigkristallschirm nahm eine ganze Seite davon ein; auf der anderen war eine Anzahl winziger Knöpfe und inaktiver Leuchtanzeigen.
    »Nur die Traummannschaft hat so fortgeschrittene Aufspürgeräte«, sagte ich und beobachtete sein Gesicht, die Reaktion zu sehen, doch zeigte er keine. Unsere Seite hatte erst vor Monaten durch Zufall ein solches Gerät in die Hand bekommen, aber ich hatte keine Gelegenheit gehabt, es anzuwenden. »Wie funktioniert es?«
    »Es wird mit rotem Schalter aktiviert. Dann drücken Sie den mit M bezeichneten Knopf.«
    Moskaus Straßennetz erschien auf dem kleinen Bildschirm; ungezählte Lichtpunkte blinkten in ungeordneter Formation, alle weiß bis auf ein einziges Blaues.
    »Der blaue Lichtpunkt bin ich. Drücken Sie V, das ist auf ihre Koordinaten abgestimmt.«
    Ich tat es, und nur zwei Lichtpunkte blieben übrig, seiner und ihrer. Ein Licht blinkte grün. »Das signalisiert ihre fortdauernde Lebensfähigkeit.«
    »Sie ist implantiert?«
    Wir bogen vom Ring auf den Gorgoko-Boulevard. »Gewiß. Mikrosender im dicken Nackenmuskel, schmerzlos ohne ihr Wissen eingesetzt. Sendet Funksignale mit einer Reichweite von zweihundert Kilometern. Die Traummannschaft weiß immer, wohin Einladungen zu schicken sind. Bitte behalten Sie das. Auf den nächsten hundert Metern muß der Signalton einsetzen. Wir kommen näher.«
    Es bereitete bestimmten Leuten in unserer Organisation seit langem Kopfzerbrechen, warum Skuratow, der nicht

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