Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambient 05 - Elvissey

Ambient 05 - Elvissey

Titel: Ambient 05 - Elvissey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Womack
Vom Netzwerk:
Wiedergutverbesserung. Auf dieser Teichseite geht es noch um Fußstapfen und ständig neue Gegenkults. Alte Welt, alte Lebensweise.«
    Ich schwieg; vor der Abreise hatte ich mich über die Begleiter erkundigt, mit denen Leverett und E zu tun haben würden, die einen Tag früher hinübergeflogen waren. John und ich hatten fast jeden Abend seit unserer Trennung geredet, und wir hatten uns gegenseitig auf unser gegenseitiges Befinden aufmerksam gemacht, ohne daß sich einer von uns verändert hätte; obgleich wir uns beruhigt zu haben schienen – zumindest er hatte es, oder so nahm ich es wenigstens wahr. Es überraschte nicht, als Leverett informierte, daß wir in England alle wieder beisammensein würden, eine Familie, die gemeinsam auf Beutejagd ging.
    Die Hitze warf mich erneut um, als wir auf die Straße traten. Drycos Londoner Hauptquartier stand an der Broadwick Street und war vom Hotel durch ein Labyrinth von Seitenwegen erreichbar. Malloys schwarzer Kittel bauschte sich hinter ihm auf, als wir bummelten; sein Hemd und seine Hosen waren ebenfalls schwarz, so schwarz wie seine Stiefel. Er trug eine Kordelkrawatte, deren Stricke durch eine goldene Spange in Form unseres Emblems gesichert war. »Ist Ihnen kühl?« fragte ich, während ich mir wünschte, hundegleich meinen Kopf trockenschütteln zu können.
    »Der Genpool sagt alles«, sagte er. »Mein Urgroßvater diente in Indien; er schrieb irgendein Buch darüber, nachdem er unehrenhaft entlassen wurde. Ergötzte seine Leser mit Geschichten darüber, wie wunderbar das Wetter war. Hat dort nichts getan, außer nach dem Yeti zu suchen und kleine Jungen zu schänden, erzählte mir mein Onkel. Waren Sie schon einmal in London, Isabel?«
    »Vor fünfzehn Jahren«, sagte ich. »Ich kam mit Madam und machte Sightseeing, während sie konferierte.«
    »Ich war damals nach Barcelona ausquartiert«, rief er, um das Dröhnen der Motorräder zu übertönen. Ein Taxi kam die Straße heraufgeschleudert, und wir hielten lange genug an, um uns an einigen Bäumen festzuhalten, als es passierte. Der Fahrtwind kühlte mich, aber nur momentlang. »Kehrte vor zehn Jahren hierher zurück und stellte plötzlich fest, daß ich wie von selbst die Leiter raufrutschte. Sie haben schon immer für die Zentrale gearbeitet?«
    »Immer.«
    »Ich war einmal in New York, kurz nachdem Madam und OM die Drydens geext hatten. Ein Kader wurde von hier aus losgeschickt, um nachzusehen, wo wir unter dem neuen Managagement standen. Zwei meiner Kollegen wurden zerstückelt, bei vollem Tageslicht mitten auf dem Broadway. Der Übeltäter sagte, er mochte unseren Akzent nicht.«
    »London hat sich auch verändert …«
    »Das Wetter hat seine Auswirkungen. Wir wurden nicht wie Sie überflutet, dank der Themse-Barriere, aber unter den hiesigen Zuständen fährt man nicht mehr jeden Sommer zu einem Kurzurlaub ans Mittelmeer.« Wir traten zwischen drei Kanonenmündungen hindurch, die in das Schieferpflaster eingelassen waren; dünne Lianen, die aus den Löchern wuchsen, schlängelten sich um die Rohre. »Staatenbewohner haben mir erzählt, wir hätten erfolgreich die schlimmsten Eigenschaften von New York und L. A. vermischt. Absoluter Zufall.«
    Zwei Bobbys standen neben einem Fahrradständer und beobachteten uns, während sie ihre zitronengelben Plastik-MPs festhielten. Ein großes Gebäude ragte links von uns auf, eine strohgedeckte mittelalterliche Hütte, die zu zwölffacher Größe aufgeblasen worden war. Was auf den ersten Blick als mauvefarbenes Dach erschien, entpuppte sich bei genauerem Hinsehen als Acrylfaser. »Cornwall Touristenbehörde?« las ich vom Schild ab.
    »Eine ganz neue Verbesserung«, sagte Malloy. »Noch so eine Anforderung der Historischen Authentizität. Man fühlt sich direkt in Shakespeares Zeiten zurückversetzt, nicht wahr?«
    »Cornwall gehört noch zu England?«
    »Sie können ja nicht nur von ihren Pasteten leben, oder? Doch jedem sein eigenes Land, solange alle innerhalb des allumfassenden Wahnsinns fragmentiert sind. Zitronen im Pudding, das ist die europäische Methode.«
    Daß Europa sich so beständig desintegrierte, während es sich an das Leichentuch seiner Gemeinschaft klammerte, besorgte Dryco schon seit langem; vierundsiebzig verschiedene Büros und ein Kontinental-Hauptquartier in Berlin mußten angesprochen werden, wenn eine Entscheidung anstand. Die Kosten uferten immer mehr aus: Sobald eine restrukturierte Zweigstelle in Serbien eröffnet war, würde die

Weitere Kostenlose Bücher