Ambler by Ambler
Club ist mir als Möglichkeit genannt worden. Klingt leider nicht sehr aufregend.«
»Was anderes ließe sich schon einrichten. Wissen Sie, was ein Lions Club ist?«
»Sowas Ähnliches wie die Rotarier?«
»Es gibt Unterschiede. Was würden Sie einem amerikanischen Rotarier sagen, der wissen will, wann England die Schulden aus dem Ersten Weltkrieg zurückzahlen wird?«
»Wenn ich könnte, würde ich wohl ausweichend antworten. Die Rüstungsgüter, die wir benötigen, bezahlen wir bar. Wenn wir kein Geld mehr haben, werden die Vereinigten Staaten sich überlegen müssen, was ihre eigentlichen Interessen sind. Wen wollen sie als Sieger sehen? Hitler und Stalin, die einen Nichtangriffspakt unterzeichnet haben, bevor sie sich Polen einverleibten, oder die traditionellen Verbündeten Amerikas?«
Er warf mir einen verstohlenen Blick zu. »Aus wessen Leitartikel haben Sie das geklaut?«
»Ich glaube, es war der ›News Chronicle‹.«
Er legte meinen Antrag wieder auf den Tisch des ersten Beamten. »Ich glaube nicht, daß er uns Schaden zufügen würde«, sagte er.
Er verabschiedete sich von mir mit einem Kopfnicken, drehte sich um und redete in irrwitzigem Tempo auf einen anderen Mann ein, der gerade zur Tür hereinsah. Ich versuchte, zu verstehen, was er sagte – etwas Abfälliges über eine Chicagoer Zeitung –, aber es war zu schottisch und zu schnell für mich.
»Haben Sie Ihren Paß dabei?« fragte der Beamte geduldig.
Der Mann, der mich so resolut ausgefragt hatte, war der Historiker Denis Brogan, Professor für Politologie an der Universität Cambridge und Fellow of Peterhouse. Vier Jahre später, gegen Ende des Krieges, sahen wir uns wieder. Nunmehr konnte er mir auf etwas andere Weise helfen, und wir wurden Freunde. Auf die Befragung im Informationsministerium kam er nie mehr zu sprechen, und mir ist nie eingefallen, ihn daran zu erinnern.
Die Sicherheitsmaßnahmen waren ziemlich streng. Zwei oder drei Tage vor der Abreise wurde uns mitgeteilt, daß wir nach Liverpool fahren und uns an dem und dem Tag frühmorgens an Pier Soundso, Abfertigungshalle Nr. Soundso einfinden sollten. Als wir dort ankamen, schien es, als hätten etwa zweitausend Menschen die gleiche Anweisung erhalten. Viele waren, wie wir bald feststellten, Zollbeamte und Sicherheitskräfte. Sie arbeiteten schwer. Sie durchsuchten jedes Gepäckstück gründlich, sie durchsuchten Taschen, sie zählten Geld, und sogar Briefe lasen sie. Da viele Passagiere gebrochen Englisch sprachen und Briefe in anderen Sprachen dabei hatten, kam man nur langsam voran. Das Schiff war einer der kleineren Cunard-Dampfer, doch es dauerte den ganzen Tag, bis alle an Bord waren. Auf dem Schiff ging es effizient zu.
Obwohl es schnell genug war, um nicht im Konvoi fahren zu müssen, ließ man es in nichts darauf ankommen. Die Übungen an den Rettungsbooten waren ernste Angelegenheiten, und die Schwimmwesten mußten wir ständig mit uns führen. Bei U-Boot-Alarm fuhr das Schiff einen Zick-Zack-Kurs, die Davits wurden ausgeschwenkt und die Rettungsboote schon etwas heruntergelassen. Trotzdem machten wir pünktlich in Hoboken fest.
Molly und Don Stoddard, Louises Schwester und Schwager, bei denen wir in Nutley wohnten, hätten nicht freundlicher sein können. Louises Mutter vertraute mir so sehr, daß ich ihr Auto fahren durfte. Die Kinder empfanden mich wohl als ein interessantes Novum. Die Leute vom britischen Generalkonsulat in New York halfen nach Kräften, und ich hielt mehrere Vorträge vor wohlwollendem Publikum. Zumindest gaben sie sich den Anschein. Knopf konnte mit Dimitrios zufrieden sein. Die ›Saturday Review‹ hatte das Buch als ein »Meisterwerk« bezeichnet, ein Lob, das Alfred zufolge nur selten vergeben wurde, alle zehn Jahre vielleicht.
Aus Europa kamen indes immer erschreckendere Nachrichten. Paris war zur offenen Stadt erklärt worden, und die französische Regierung war nach Bordeaux umgezogen. Das Wochenende darauf verbrachten Louise und ich bei den Knopfs in Purchase. Die französischen Hausangestellten und Blanche waren von tiefer Trauer erfüllt und brachen wiederholt in haltloses Schluchzen aus. Ich erinnere mich noch an den furchtbaren Augenblick, als der Butler bei dem Versuch, ein Schluchzen zu unterdrücken, eine Tasse heiße Brühe über seine Füße kippte. Er schrie auf und suchte das Weite. Blanche legte sich ins Bett. Alfred griff zur Brandyflasche.
Am Montag ging ich aufs Generalkonsulat und sagte, es sei wohl besser,
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