Ambler by Ambler
machen, obwohl es eigentlich egal sei, oder? Er sei sicher, ich würde ihm zustimmen.
Ich war willens. John, obwohl ein billiger Drehbuchautor, der sich für eine Tätigkeit bezahlen ließ, die er verabscheute, war ein amüsanter Mensch. Er war Lehrer gewesen und besaß, wie ich meine, pädagogisches Talent. Er machte mich auf Bücher aufmerksam, zu denen ich sonst nicht gefunden hätte – ich denke an Maitlands Constitutional History of England , an Nachtgewächs von Djuna Barnes und Regierung von B. Traven –, und als Max Beerbohms Rede-Vortrag über Lytton Strachey von 1943 veröffentlicht wurde, las er mir im Zug von Denham nach Marylebone jene faszinierende Stelle über das Jahrhundert des kleinen Mannes vor. Mit Maxens Wendung von der »großen, blassen Platitüde des Einstweilen« beschrieben wir die Studios in Denham.
In dieser Zeit stritt ich mich mit Carol über die Frage herum, wer die lange Rede halten sollte, die ich für den Sergeanten geschrieben hatte. Ich hatte mich den Änderungen mit allen Kräften widersetzt. Die Psychiater bedauerten, aber auf einen nunmehr kommerziellen Film hätten sie keinen Einfluß mehr. Überall machte ich mich unbeliebt, aber es war nutzlos. Ich ging zu Oberst Gluckstein, dem Stellvertreter von dak , und fragte, ob ich nach Italien fahren könne.
Dieses Ersuchen war weder unbegründet noch leichtfertig. Über ein paar Amerikaner vom Office of War Information ( owi ) hatte ich den Filmregisseur John Huston kennengelernt. Er hatte mich gefragt, ob ich Lust hätte, für die Abteilung Psychologische Kriegsführung mit ihm einen Film über das zivile Italien unter seinen neuen Eroberern zu drehen. Ich glaube, es war einer der owi -Leute, der die abgedroschene, damals allerdings neue Erkenntnis von sich gab, daß man sich um die Herzen und Seelen der Bevölkerung kümmern wolle. Das war zu einer Zeit, als Italien kurz vor der Kapitulation stand und die Landung bei Salerno vorbereitet wurde. Oberst Frank Capra hatte sich in Washington die Idee zurechtgelegt, daß John Huston und eine Filmeinheit des us -Fernmeldekorps mit den alliierten Verbänden nach Rom gehen und unterwegs den Film drehen könnten. Allerdings gab es einen Haken bei der Sache. Man hätte höheren Orts beschlossen, daß alle zum Zwecke der Propaganda in den besetzten Territorien von der Abteilung Psychologische Kriegsführung angefertigten Filme anglo-amerikanische Gemeinschaftsprojekte sein sollten. John Huston brauchte deshalb einen Vorzeige-Engländer. Ob ich Lust hätte, als Drehbuchautor mitzukommen? owi und Psychologische Kriegsführung seien der einhelligen Meinung, daß ich der absolut richtige Mann sei. Was ich zu dem Angebot sagen würde?
Ich war überrascht.
Seit einiger Zeit hatten Louise und ich von meiner wachsenden Bekanntheit in den Vereinigten Staaten gehört. Zeitungskolumnisten erwähnten gelegentlich meinen Namen. Warner Brothers hatte Ungewöhnliche Gefahr mit George Raft in der Hauptrolle verfilmt, mgm hatte angekündigt, Robert Taylor würde die Hauptrolle in Anlaß zur Unruhe übernehmen. Dorothy B. Hughes, eine aufstrebende amerikanische Detektivgeschichtenautorin, hatte mir liebenswürdigerweise ein Buch gewidmet, »weil er dieses Jahr kein Buch herausgebracht hat.« In einem Zeitungsausschnitt hatte ich zum erstenmal gesehen, daß mein Name als Gattungsbegriff verwendet wurde – »verschlungen wie ein Plot von Eric Ambler«. Alles zusammen ließ in mir das Gefühl entstehen, daß ich wohl kein Unbekannter mehr sei.
Ich hatte dazu geneigt, dieses Gefühl als eine Illusion anzusehen, die genährt wurde von dem Enthusiasmus, mit dem Louises Familienangehörige und Freunde nach solchen Dingen Ausschau hielten und uns davon schrieben, um uns aufzumuntern. Bekannt wurde ein Schriftsteller doch bestimmt nur dann, wenn er ständig etwas schrieb und veröffentlichte. Von mir war seit drei Jahren nichts mehr erschienen. Ich hatte allerdings keinen blassen Schimmer davon, mit welcher Pflichttreue sich mein Verleger für mich eingesetzt hatte. Während des Krieges und danach sorgte Alfred Knopf dafür, daß meine ersten vier Titel, die er herausgebracht hatte, stets lieferbar waren, übrigens immer in gebundener Ausgabe: Buchclubausgaben, ein mit einem Vorwort von Alfred Hitchcock versehener Sammelband sowie mehrere Reiheneditionen. In England wäre ihm das aufgrund der kriegsbedingten Papierrationierung natürlich nicht möglich gewesen. Warum hat er es getan? Wohl nicht, weil er
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