Ambler by Ambler
Er war regulärer Offizier gewesen, besaß einflußreiche Freunde und hatte in Hollywood gelernt zu verhandeln. Von ausschlaggebender Bedeutung war die Tatsache, daß er ein populärer Filmstar war, den nicht einmal der verknöchertste General ablehnen konnte, weil er kein richtiger Soldat sei oder nicht von einem angesehenen Regiment komme.
Unsere Überlegungen waren jedoch nicht verborgen geblieben. Peter mußte vor einer Offiziersauswahlkommission erscheinen, die ihn, weil er nicht mit dem gebührenden Ernst auftrat, nach Wembley schickte. Ich sollte ein Treatment des vom Militärpsychiatrischen Dienstes angeforderten Films schreiben, die Sache aber unter keinerlei Umständen mit Hauptmann Carol Reed erörtern. Vielleicht sei es besser, wenn ich mich überhaupt nicht mit ihm träfe. Diesen überaus freundlich vorgebrachten Rat gab mir jener Oberst, der mich nach Troon geschickt hatte. Ich glaube, er war Wirtschaftsprüfer von Beruf. Daß Carol einen schlechten Einfluß auf einen jungen Schriftsteller haben könne, sagte er zwar nicht direkt, doch das war die Botschaft, die seine stumpfen Messingknöpfe und seine lebhaften blauen Augen zu verkünden schienen.
Carol bewohnte zu dieser Zeit eine Suite im Park Lane Hotel. Für mich war es kinderleicht, von der Curzon Street über Shepherd Market ganz unauffällig zum Hintereingang des Hotels zu gelangen. Damals standen dort eine Menge Nutten, aber ich war vernünftig genug, meine Weigerungen immer sehr höflich zu formulieren, was am Ende dazu führte, daß wir einander zunickten und mit einem freundlichen »Hallo« begrüßten. Diese relativ stabile Basis war die sicherste Methode. Bevor die gi s massenhaft aufkreuzten und sich ihrer annahmen, war es den Mädchen sehr schlecht gegangen. Ich hatte einmal gesehen, was passierte, als ein Mann sich in rüdem Ton darüber beschwerte, angesprochen worden zu sein. Die Mädchen hatten sich zusammengetan und ihn verfolgt, wobei sie ihre Handtaschen schwangen und »Arschloch« und »Arschlecker« schrien. Er war in Panik geraten und weggelaufen.
In seinem Hotelzimmer habe ich Carol dann regelmäßig vorgelesen, was ich seit unserem letzten Treffen geschrieben hatte, und oft blieb ich noch, um weiterzuarbeiten. Gelegentlich schaute David Niven herein und berichtete uns das Neueste aus der sogenannten »Generalsecke«, von jenen einflußreichen Militärs also, die unsere Sache mit Wohlwollen betrachteten.
Manchmal ließ Carol mich allein arbeiten, während er irgendwo zu Mittag aß. Einmal traf er sich mit Diana Wynward zum Mittagessen und brachte sie anschließend mit. Sie hatten in der Mittagspause geheiratet. Er habe darüber nicht gesprochen, erklärte er, weil er die Arbeit nicht habe unterbrechen wollen. Woraufhin Diana resolut meinte, daß das noch lange nicht heiße, daß wir uns nicht eine Flasche Champagner kommen lassen könnten.
Als ich das Treatment fertig hatte, war uns allen klar, daß der Film in den kleinen Wembley Studios nicht gedreht werden konnte und daß er, wenn überhaupt, nur als kommerzielle Produktion hergestellt werden konnte. Aber selbst dann wäre die Unterstützung seitens der Armee eine wesentliche Voraussetzung. Auch das Einverständnis von Jack Beddington im Informationsministerium würde uns nur teilweise weiterhelfen. Daran hatte ich gedacht, als ich mich bemühte, ein möglichst lesbares Treatment zu schreiben, denn es sollte ja von Leuten durchgesehen werden, denen die Lektüre von Treatments etwas Ungewohntes war. Ich gab ihm einen inhaltsleeren, aber vage optimistischen Titel – Der Weg vor uns – und ging ein-, zweimal schon vom reinen Treatment zum Dialog über. Die wichtigste Stelle war eine lange Rede, die der Sergeant des Films halten sollte. Er las den Soldaten seines Zuges gehörig die Leviten, indem er sie auf nicht sehr schmeichelhafte Weise mit den Soldaten des Peninsularkrieges verglich. Es war eine starke, packende, patriotische Rede; sie war allerdings so stark, daß sie schließlich von David Niven gehalten wurde, dem Star des Films, und nicht von dem Darsteller des Sergeanten. Wir erfuhren jedoch, daß bei den meisten, die darüber zu befinden hatten, ob gedreht werden sollte oder nicht, die Rede den Ausschlag gab.* Die Drehgenehmigung kam dann ganz plötzlich. Peter stürzte aus Wembley herbei, und wir machten uns daran, das Drehbuch zu schreiben. John Sutro, Produzent bei Two Cities Films, stellte uns das Büro am Hanover Square zur Verfügung, und wir arbeiteten
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