Ambler by Ambler
Veraldi, der fast alle meine Bücher ins Französische übersetzt hat und selbst Romancier ist, schrieb über meine Zeit als adak im Kriegsministerium in Le Roman d ’ Espionage : » On peut dire maintenant qu ’ il profita des moyens mis à sa disposition pour faire de la propagande crypto-communiste. « Ich glaube, daß das wirklich nicht stimmt. Der Direktor war ein guter, aufmerksamer Mensch, der die meisten seiner Untergebenen, die in der Filmproduktion arbeiteten, mit dem amüsierten Wohlwollen eines Polizeischäferhunds betrachtete, der einen Spitz beim Purzelbaumschlagen beobachtet. Er war aber auch Offizier der Indien-Armee: er wußte, daß sich in jedem Mann ein kleiner Halunke verbarg, und traf die entsprechenden Vorkehrungen, bevor dieser zum Vorschein kam. Sein Stellvertreter war Oberst Louis Gluckstein, Kronanwalt und renommiertes Mitglied der Konservativen Partei. Natürlich schickten sie Aufpasser vor, die sich vergewissern sollten, daß ich keine Dummheiten oder Fehler machte, die man hätte vertuschen müssen. Chefaufpasser waren mein Stellvertreter, Donald Bulmer, der bei seinem Amtsantritt zum Major, und Jack Clark, der zum Hauptmann befördert worden war. Don Bulmer war Lehrer in Rugby. Jack Clark habe ich offenbar falsch eingeschätzt. Ich hielt ihn damals für einen, allerdings geistreichen, Erzkonservativen. Unserem gemeinsamen Freund Julian Symons zufolge sagt er heute, er sei damals Sozialist gewesen, wenngleich im Grunde seines Herzens immer ein Konservativer. Die wirklichen Falken waren im großen und ganzen wohl unsere Auftraggeber, diejenigen, für die wir die Filme machten. Die Psychiater und die Leute von der Sektion Ausbildung sprachen davon, daß es im Kriegsministerium ein paar radikale Generäle gebe, die die eminence grise von mehreren einflußreichen Abteilungsleitern seien. Um wen es sich genau handelte, habe ich nie herausbekommen, aber in einigen Korridoren war die Luft spürbar von politischem Ehrgeiz erfüllt.
Unser anspruchsvollster Klient war zunächst das Army Bureau of Current Affairs, dessen Spezialisten nie begriffen, warum ihre abca -Bulletins über den Beveridge-Plan oder über Vollbeschäftigung und Wohlfahrtsstaat als Drehbücher nicht tel quel zu verwenden waren. Die Dramatikerin Bridget Boland hatte nun bei abca die unangenehme Aufgabe, die Seiten zu einem vernünftigen Gespräch zusammenzubringen. Wir hätten ihr besser helfen können. Unser Problem war, daß wir zu wenig Autoren hatten, die die gewünschten Sachen schreiben konnten. Wir baten das Büro des Generaladjutanten, alle professionellen Schriftsteller in der Armee zu erfassen. Eine komische Truppe kam dabei heraus. Es zeigte sich, daß die meisten Kandidaten, die ich befragte, gar keine Schriftsteller waren. Einer, der tatsächlich schrieb, war ein einfacher Soldat namens Willis, der zum Beweis einen Zeitungsausschnitt aus seiner Brieftasche hervorholte. Der Ausschnitt stammte aus einem Lokalblatt, für das er einen kurzen Artikel über sein Leben beim Militär geschrieben hatte. Er war mit »Ted Willis« gezeichnet. Immerhin hatte er es geschafft, gedruckt zu werden. Ich hieß ihn willkommen bei uns.
Im September nach der Landung in der Normandie bekam ich einen Brief vom Seniorpartner eines Londoner Taxatorenbüros. Sein Cousin, der Hauptmann, war Verbindungsoffizier bei der amerikanischen Abwehr in Nordfrankreich. Der Cousin war »in einer gewissen französischen Stadt« von britischen Marineoffizieren angesprochen worden. Sie hatten ihn gebeten, eine »Madame C« solange bei sich aufzunehmen, bis sie wieder in der Lage sei, an ihren Wohnort in einem anderen Teil Frankreichs zurückzukehren.
Ende August waren Madame C und ihr Ehemann von der französischen Polizei in Zusammenarbeit mit dem amerikanischen cic wegen Spionage- und Kollaborationsverdachts verhaftet worden.
Madame C war Betty Dyson und der Ehemann der arme Yves. Sie waren vom FFI in einer Stadt bei Brest geschnappt worden.
Betty hatte den britischen Hauptmann gebeten, ihr einen Anwalt zu besorgen und mich über ihre mißliche Situation zu informieren. Sie hoffte, ich würde mich, sofern noch am Leben und ansprechbar, für sie verwenden. Der Taxator gab mir die Feldpostanschrift seines Cousins, für den Fall, daß ich mich an ihn wenden wollte.
Ich machte etwas noch Besseres. Ich besorgte mir den Namen des für diese Gegend zuständigen amerikanischen Geheimdienstoffiziers und wandte mich direkt an ihn. Ich erklärte ihm, daß
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