Ambler by Ambler
der amerikanischen Truppen zu ihren europäischen Verbündeten fördern sollten. Viele dieser Filme waren sogenannte Montagefilme, die aus Wochenschau-, Archiv- und Dokumentarmaterial zusammengeschnitten und mit eigens dafür geschriebenen Überleitungssequenzen versehen waren. Typische Produkte waren die beiden Filmserien mit dem Sammeltitel Know Yours Allies bzw. Know Your Enemies. Know Your Ally Britain sollte, ergänzt durch andere Filme, die gi s mit den Briten bekanntmachen. Einige Streifen waren sehr unterhaltsam und wurden von britischen Soldaten, die das Glück hatten, sie zu sehen, enthusiastisch aufgenommen. Wann immer es zwischen britischen und amerikanischen Einheiten, die dieselben Kneipen und Tanzdielen besuchten (es war das sogenannte »Overpaid, Oversexed und Over Here«-Syndrom) zu Spannungen kam, wirkten sich Vorführungen dieser Filme günstig aus, und zwar so sehr, daß die Existenz auch nicht eines vergleichbaren englischen Films über Amerika peinlich auffiel. Es entstand ein politisches Interesse, einen solchen Film zu drehen. Arbeitsbeginn sofort.
Das Informationsministerium ließ wissen, daß ihre eigene Filmsektion andere Verpflichtungen habe und daß es überhaupt Sache der Armee sei. Die Armeefilmeinheit war mit Burma und der bevorstehenden Invasion Europas vollauf beschäftigt. Die Sache wurde an den dak weitergereicht. Der Direktor rief David Niven zu sich.
David spürte sofort, wie brisant diese Sache war, und sah zu, mit ihr nichts zu tun zu bekommen.
»Wenn dieser Film nicht absolut erstklassig wird«, hatte er zum Direktor gesagt, »dann sollte man ihn besser gar nicht erst machen. Wir könnten uns ganz schön in die Nesseln setzen. Vielleicht sollten wir das Risiko dem Informationsministerium überlassen.«
»Die haben schon abgelehnt«, sagte der Direktor. »Wir haben den Befehl bekommen, den Film zu drehen, also werden wir ihn auch drehen.«
»Es ist aber kein ausgesprochener Lehrfilm. Um ein Drehbuch zu bekommen, das von uns und von den Amerikanern genehmigt wird, brauchen wir einen Schriftsteller.«
»Wie wär’s denn mit diesem Ambler, der nach Italien verschwunden ist? Er ist doch Schriftsteller, oder? Holen Sie ihn zurück und sorgen Sie dafür, daß er sich an die Arbeit macht.«
Jedenfalls war das die ausgeschmückte Lagebeschreibung, die ich bei meiner Ankunft von David Niven bekam. In Wahrheit sollte er vom dak zum Hauptquartier der amerikanischen Expeditionsstreitkräfte in England versetzt werden, um sich dort auf eine viel spannendere Aufgabe im Zusammenhang mit der alliierten Landung vorzubereiten. Er gab die brisante Sache einfach an mich weiter. Aber er war aufmerksam, wie immer.
»Hör mal«, sagte er, »wenn du ein wirklich tolles Drehbuch schreibst und einen Kommentator oder Sprecher brauchst, dann komm ich rüber nach Wembley und mach die Sache für dich. Ich spreche ein Englisch, das sogar Harry Cohn verstehen kann.«
Das war immerhin ein Anfang. Auch der Direktor äußerte sich ermutigend, warnte mich aber auch: »Wie Sie vorgehen«, meinte er, »bleibt Ihnen überlassen. Sie können sich von überall Hilfe holen, vom Informationsministerium, vom owi , sogar von ihren Psychiaterfreunden. Oberst Gluckstein findet, daß wir die Gesamtverantwortung für die Herstellung des Films Ihnen übertragen sollten, wenn Sie es schaffen, ein Drehbuch zu schreiben, das genehmigt wird. Aber vergessen Sie nicht: Es sind unsere politischen Herren, die wir zufriedenstellen müssen. Lassen Sie sie nicht einen Tag länger als notwendig warten. Es würde nur noch schwieriger, sie zufriedenzustellen.«
Ich wandte mich dann wirklich an die Psychiater um Hilfe; Tommy Wilson meinte, ich solle mir Professor Brogan als wissenschaftlichen Berater holen. Herbert Agar und das owi überredeten Denis Brogan also, daß ich seine Hilfe benötigte und gebrauchen könnte.
Mein Plan war, auf der Leinwand jenes Amerika zu zeigen, das einem heimwehkranken gi , den es in den Wartesaal eines englischen Bahnhofs verschlagen hat, vor seinem geistigen Auge erscheint. Er würde nicht von einem Hollywood-Amerika träumen, sondern von dem Amerika eines Thoreau, Thomas Wolfe und New-Deal-Dokumentarfilmers wie Pare Lorentz. Ich wollte Ausschnitte aus Der Pflug, der die Felder aufbrach und Der Strom kombinieren mit Archivaufnahmen über die Chicagoer Schlachthöfe und eine Vorstadtlandschaft wie Nutley (New Jersey).
Denis Brogan hörte sich meine großspurigen Ideen an und fragte dann, ob ich
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