Ambler by Ambler
machten einen sehr langen Zweiteiler mit dem Titel A British Diary , der diese und andere Informationen liefern sollte. Er wurde hauptsächlich in den Sammellagern gezeigt, in denen britische Soldaten auf ihre Repatriierung warteten.
Wir machten einen Lehrfilm für Chirurgen, der in Wembley großen Aufruhr hervorrief. Er hatte einen unhandlichen Titel – Die Behandlung von Kieferverletzungen im Felde –, aber einen unvergeßlichen Inhalt. Zum größten Teil handelte es sich um Aufnahmen, die zur Zeit der Rheinüberschreitung in einem Frontlazarett gemacht worden waren. Schwerverwundete Soldaten (unsere eigenen, aber auch Gefangene) wurden hereingetragen, denen der Kiefer weggeschossen worden war. Man sah, wie Ärzte der kieferchirurgischen Einheit mit modernstem Besteck und neuesten Operationsverfahren die zersplitterten Kiefer wieder richteten, so daß der Heilungsprozeß einsetzen konnte. Das Aufnahmeteam stand unter der Leitung von James Bruce, einem Hauptmann im Sanitätskorps. Das Grausen kam hauptsächlich in den Schneideräumen. Keiner der Cutter konnte sich das Material ansehen, nicht einmal am Schneidetisch, ohne daß sich ihm der Magen umdrehte. Ich selbst hatte ebenfalls Probleme und spielte schon mit dem Gedanken, mich davor zu drücken, die aus dem Labor zurückerwarteten Muster ansehen zu müssen. Der einzige Mensch, der sich, abgesehen von Jimmy Dyce, die Bilder mit Enthusiasmus ansehen konnte, war eine Cutterin in der Uniform des atc [weiblicher Hilfsdienst während des 2 . Weltkriegs, A.d.Ü.]. Am Ende übernahm sie die Montage. Sie hat hervorragend gearbeitet. Als die Armee die v 2 -Montagehalle in der Nähe von Cuxhaven einnahm, wurde festgestellt, daß die dort gelagerten Teile nur noch für drei Raketen reichten. Auf Ersuchen des Wissenschaftlichen Beraters im Army Council schickten wir alle aks -Kamerateams, derer wir habhaft werden konnten, dorthin, um den geplanten Probestart aufnehmen zu können. Auch ein Regisseur fuhr nach Cuxhaven und drehte dort einen kurzen Dokumentarfilm, in dem die Montageschritte unmittelbar vor dem Auftanken und dem Start detailliert gezeigt werden. Die v 2 war eine unzuverlässige Waffe, und man ging davon aus, daß wir, selbst wenn wir die Hilfe einer kooperationswilligen deutschen Mannschaft bekämen, von Glück reden könnten, wenn von den drei möglichen Starts auch nur einer gelänge. Wenn beim Start etwas schiefging, explodierte die Rakete gewöhnlich noch auf der Abschußrampe oder in deren Nähe. Alle waren erleichtert, als der erste Versuch klappte. Es war das erste Mal, daß wir im Film das Phänomen des Abhebens einer Rakete mitverfolgen konnten. Der wissenschaftliche Berater war sehr erfreut. Einige der gelungensten Aufnahmen gingen über das Informationsministerium an die Wochenschauen.
Das einzige, was mir an Geheimnissen jemals anvertraut wurde, war das, was in den Berichten der Militärzensoren in Nahost und Südostasien stand. Diesen schmutzig-braunen Durchschlägen konnte man entnehmen, daß das, was man über das Verhalten von Männern in kämpfenden Armeen gehört hatte, zu einem großen Teil stimmte.
Es stimmte zum Beispiel, daß eine gute Einheit am besten in der Zeit nach ihrer Feuertaufe war, fortan jedoch immer mehr an Qualität verlor, je nachdem, wie schnell sie ihre Leute verlor. Es stimmte auch, daß die erfahrensten Truppen am Ende die unbrauchbarsten waren, weil sie zuviel wußten. Festzustellen war auch, daß Einheiten, in denen schlechte Moral und eine hohe Rate an kleineren Delikten zu beobachten war, oft von Offizieren befehligt wurden, die für ihre Tapferkeit hoch dekoriert worden waren. Hin und wieder Tapferkeit zu demonstrieren war schon in Ordnung, aber für einen allzu schneidigen Offizier hatten erfahrene Soldaten nicht viel übrig. Es war ja nicht bloß sein eigenes Leben. Auch die anderen konnten dabei draufgehen.
Natürlich waren diese Berichte nicht sonderlich geheim. Mit ernüchternd war schon das meiste gesagt. Geheim war allerdings, daß die Briefe der Soldaten nicht nur im Hinblick auf militärische Indiskretionen gelesen wurden – der Art, die man hätte wegschneiden oder mit Tinte ausschwärzen können –, sondern im Hinblick auf persönliche Zweifel und Sehnsüchte, über die frühere Zensoren noch hinweggegangen waren. Das Geheimnis bestand darin, daß einige von uns herumschnüffelten.
Sowohl Warner Bros. als auch rko hatten zu jener Zeit Zweigniederlassungen in London, und jemand erbot sich, mir
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