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Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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Jahre zuvor war D. H. Lawrence gestorben, und in Literaturzeitschriften wie Middleton Murrys ›New Adelphi‹ wimmelte es von Nachrufen und kritischen Betrachtungen von Leuten, die irgendwann einmal zum Tee bei ihm eingeladen waren. Die besseren Zeitschriften waren teilweise schon in den Antiquariaten in der Charing Cross Road erhältlich, aber das ›Adelphi‹ habe ich immer sofort nach Erscheinen gekauft. Ich wußte, daß Murry von sehr klugen Menschen verachtet wurde und daß der vielgepriesene Aldous Huxley ihn als Burlap in Kontrapunkt des Lebens durch den Kakao gezogen hatte, doch ich war ihm dankbar für eine einzige Beschreibung und Beobachtung. Er beschrieb Depression. Er bezeichnete sie als den Gipfel der Verzweiflung und schien zu wissen, wovon er sprach. Im Grunde sagte er, daß man, wenn man ganz tief unten angekommen sei, nur noch so viel Kraft benötige, um die Augen zu öffnen. Danach würde es nichts mehr geben in der leeren Finsternis, wovor man sich fürchten müßte. Ich fand, es war unfair, jemand zu verspotten, der solche Dinge schreiben konnte oder der mit Katherine Mansfield verheiratet gewesen war. In dieser Zeit etwa wurde mir allmählich klar, daß für die eine oder andere Sache das Ausland geeigneter war.
     
    Nach Frankreich und Deutschland hatte ich schon gefunden und unterwegs die verschiedenen Gerüche kennengelernt: den der Fähre zwischen Newhaven und Dieppe, der Gare du Nord in Paris, der Gare de l’Est (etwas ganz anderes), von Basel, dem Badischen Bahnhof, Freiburg im Breisgau, der Endstation einer Zahnradbahn. Was ich noch nicht kannte, war der Geruch jenes legendären Meeres, dessen Namen ich in der Sandhurst Road zu buchstabieren gelernt hatte.
    Richtig abenteuerlustig sollte ich aber erst werden. John French hatte schon in der Werbeagentur gekündigt und war nach Italien gefahren, um dort zu malen. Im September wollte er nach England zurückreisen. In seinem Brief schlug er mir vor, ihn mal in Positano zu besuchen, solange er dort noch sein Atelier habe. Wir könnten dann gemeinsam nach London zurückfahren.
    Ich fand heraus, daß man leicht und für wenig Geld mit dem Dampfer nach Neapel fahren konnte. Die Schiffe der Orient-Linie legten auf der Hinreise einen Zwischenstop in Neapel ein, um dort Passagiere nach Fernost aufzunehmen. Die Fünftagereise kostete hin und zurück in der dritten Klasse nur zwölf Pfund, und den für die Rückfahrt gültigen Billettabschnitt konnte man sich in Neapel beim Lösen einer Eisenbahnfahrkarte nach London gutschreiben lassen. Ich fuhr auf der Otranto , einem bequemen alten Dampfer mit einem vorhersehbaren Schlingern und einer Geschwindigkeit, die anscheinend auf die Delphine eingestellt war. Nach Gibraltar liefen wir Palma und Toulon an, bevor wir in Neapel festmachten.
    In den frühen dreißiger Jahren war Positano noch ein unbekannter und recht primitiver Küstenort mit ein paar Fischerbooten, die nachts zum Tintenfischfang ausliefen. Im Ort lebten nur sechzehn Ausländer, die zum größten Teil in der Nähe der Kirche in einer Pension wohnten, die von zwei deutschen Schwestern geführt wurde. Johns Atelier war unten am Strand, nur einen Sprung entfernt von der ›Caffè-Bar Rispoli‹, wo sich die Fischer versammelten. Dort haben wir unsere Mahlzeiten eingenommen, und den Sprung erwähne ich deswegen, weil wir tatsächlich einen Satz machen mußten, wenn wir morgens aus dem Atelier traten und im Café gegenüber unseren Frühstückskaffee trinken wollten. Es gab offene Abwässergräben, die überwunden werden mußten, und frühmorgens auch Fäkalienhaufen. Als John mir erzählte, daß Giuglio Rispoli, der Sohn des Besitzers, die Bar renovieren und ihr den Namen ›Buca di Bacco‹ geben wollte, damit mehr Touristen kämen, mußte ich herzlich lachen. Die Abwässergräben ließen sich ja noch abdecken, aber wie sollte die An- und Abreise der Touristen vonstatten gehen? Am besten war es per Schiff. Um sechs Uhr morgens (zu dieser Zeit war damals noch kein Tourist auf den Beinen), pflegte die Fähre, die zwischen Capri und Amalfi verkehrte, vor Positano zu halten (wenn die Wetterverhältnisse das zuließen) und auf ein Zubringerboot zu warten. Wer für die Rückreise lieber den Landweg nahm, mußte am Marktplatz in eine Kutsche steigen, die ihn an der Kirche vorbei bis hoch zur Straße brachte, auf der die Omnibusse der Route Sorrent-Amalfi fuhren. Ich hatte den Verdacht, daß selbst Giuglio die Idee mit der ›Buca di Bacco‹ ein

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