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Ambler by Ambler

Ambler by Ambler

Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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wollte, wie eine Ivy-League-Universität aussah, ließen wir uns von einem Taxi nach Harvard bringen. Im nahegelegenen Cambridge aßen wir zum erstenmal amerikanische »Meeresfrüchte«, das Zeug, das ich immer als Schalentiere bezeichnet hatte. Wir stellten fest, daß wir wirklich hungrig waren. Die Universität hatte ganz normal ausgesehen, eher geruhsam als erlesen.
    Auf der Weiterfahrt nach New York war es ruhig, aber sehr kalt. In vielen Staaten der Ostküste hatte es heftige Schneestürme gegeben, und als wir am Nachmittag in Manhattan anlegten, waren es 23 Grad unter Null. Obwohl die Straßen geräumt waren, lagen auf den Bürgersteigen noch immer Reste alten Schnees in schmutzigen Haufen, manchmal 1 , 50 in hoch oder mehr. Was ich von Manhattan wußte, stammte von Charles Rodda, der dort als Musikkritiker tätig gewesen war, bevor er sich auf das Schreiben von Thrillern verlegt hatte. »Überlaß dem Verlag die Wahl deines Hotels«, meinte er. »Vielleicht fühlen sie sich verpflichtet, die Rechnung zu bezahlen. So kannst du feststellen, wieviel du ihnen wert bist. Als ich das letzte Mal dort war, galt das ›Algonquin‹ als Top-Hotel für Schriftsteller. Ganz am unteren Ende der Skala rangierte das ›Barbizon Plaza‹. Zimmerservice war unbekannt dort. Man bekam sein Frühstückstablett durch eine Türklappe hineingeschoben, wie im Zoo, als wäre man ein gefährliches Tier.«
    Ich wurde im ›Lexington‹ untergebracht, das er nicht erwähnt hatte. Es war alt, und die Aufzüge gaben merkwürdige Geräusche von sich, aber Allan Collins sagte, es sei deswegen ausgewählt worden, weil der Verlag nur zwei Straßen weiter lag, am Madison. Als ich fragte, ob es denn kein Hotel auf der Park Avenue gäbe, die läge schließlich noch näher, tat Allan so, als hätte er nichts gehört und kam auf meine Geldsituation zu sprechen. Da gäbe es ja Tantiemen, auf die ich Anspruch hätte und deren Auszahlung er sicher veranlassen könnte, aber was für Geld hätte ich überhaupt dabei? Bargeld? Das willst du doch bestimmt nicht mit dir herumtragen. Travellerschecks waren noch nicht erfunden. Ich hatte ein kompliziertes zweiteiliges Dokument bei mir, einen sogenannten Kreditbrief. Allan war erfreut über meine Umsicht und nannte mir eine Bank ganz in der Nähe des ›Lexington‹ (noch ein Pluspunkt für den alten Schuppen!), die sich mit Kreditbriefen auskannte und ihn mir anstandslos einlösen würde.
    Die Knopfs, Alfred wie Blanche, hießen mich auf das wärmste willkommen. Sie luden mich zum Dinner ins ›Twenty-One‹ ein, in dem es noch immer die Geheimverstecke und all die anderen Tarnvorrichtungen aus den Tagen der Prohibition gab. Und sie luden mich ein, bei ihnen draußen in Purchase, vor den Toren New Yorks, ein Wochenende zu verbringen. Als sie mich am ›Lexington‹ absetzten (»Wessen Einfall war es eigentlich, ihn in dieser Bruchbude einzuquartieren?« fragte Blanche), drückte Alfred mir ein Buch in die Hand. Es sei ein Leseexemplar des Erstlingsromans eines amerikanischen Schriftstellers, der von den Pulps herkomme. Aber es sei nicht schlecht geschrieben. Die Rezensenten fänden es gut. Er hoffe, genausoviel Erfolg damit zu haben wie mit Ungewöhnliche Gefahr . Das Buch, das er mir gab, war Der große Schlaf von Raymond Chandler.
    Nach ein oder zwei Tagen befand Blanche, ich sei nun soweit hergestellt, daß ich sie zu den Cocktailparties begleiten könne, zu denen sie gehen müsse. Das Hexenhafte, das sie bei derartigen Anlässen nicht selten ausstrahlte, ist von ihren Freunden und Feinden wiederholt sehr detailliert beschrieben worden. Ich selbst brauchte allerdings zwanzig Jahre oder noch länger, um zu begreifen, daß ihre Art, sich beim Betreten eines Raumes am linken Arm ihres Begleiters festzukrallen, den Kopf hochgereckt und bereit, von jedermann erkannt und begrüßt zu werden, nichts Besitzergreifendes hatte und auch nicht der Versuch war, den anderen anwesenden Verlegern die Schau zu stehlen. Es war bloß so, daß sie nicht erkennen konnte, wohin sie ihre Schritte lenkte, und (außer am eigenen Schreibtisch beim Lesen) viel zu eitel war, um eine Brille zu tragen. Auch mit Kontaktlinsen hat sie sich nie anfreunden können. Ihr Begleiter, der auf eventuelle Stufen achtete (auch, um seinen eigenen Hals zu retten) und sie so führte, hatte aber noch eine andere Aufgabe. Sie bestand darin, Blanches Yorkshireterrier zu tragen. Das war ein guterzogener kleiner Hund, der sich bei mir nie danebenbenommen

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