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Ambler by Ambler

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Titel: Ambler by Ambler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler by Ambler
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im allgemeinen nicht als die besten Monate galten. Aber mein Entschluß stand längst fest. Es gab da ein Frachtschiff, die ›American Merchant‹, mit Platz für sechzig Passagiere, das am oder um den 9 . Januar in Tilbury mit Kurs auf Boston und New York ablegen würde.
    In der Schiffsagentur hieß es, für ein paar Passagiere gebe es noch Plätze. Die Überfahrt nach New York würde neun oder zehn Tage dauern und dreißig Pfund kosten. Es gebe keine Einzelkabinen, doch die Schiffe der American Export Line seien ja bekannt für ihre angenehme Atmosphäre und die Freundlichkeit ihrer Passagiere.
    Diese Behauptungen waren vollauf gerechtfertigt. Die Schiffe verfügten damals natürlich noch nicht über Stabilisatoren, und selbst bei den berühmten Ozeanriesen der damaligen Zeit konnte man im Januar immer damit rechnen, daß zahlreiche Kabinen noch frei waren. Die ›American Merchant‹ (etwas über 7500 brt ) legte im Januar 1939 mit etwa dreißig Passagieren ab. Die einzigen Fahrgäste, die keine eigene Kabine bekamen, waren Ehepaare, die ausdrücklich darum gebeten hatten.
    Wir fuhren pünktlich los, und nach einer etwas unruhigen Fahrt durch den Ärmelkanal erreichten wir den Atlantik. Nach drei Tagen gab es den ersten Sturm, und wir stellten fest, daß das Schiff höchst eigenartige Schlingerbewegungen vollführte. Sobald es sich im äußersten Winkel nach Backbord geneigt hatte, legte es eine deutlich spürbare Pause ein, um sich dann ganz plötzlich und heftig nach Steuerbord zu neigen.
    Zum Fahrgastbereich gehörte auch eine kleine, etwa 1 , 80 in lange Bar mit angeschraubten Hockern und einer massiven Stange zum Festhalten. Wenn das Schiff eine seiner spektakulären Schlingerbewegungen nach Steuerbord vollführte, konnte ein Dry Martini, der nicht auf dem Bartresen festgehalten wurde, durch die Luft segeln und das Bullauge über der Bar treffen. Der Barkeeper vermerkte die Aufschlagstellen mit einer Linie und dem jeweiligen Datum und führte so Buch über die sportlichen Leistungen des gläserwerfenden Schiffes. Auf dieser Überfahrt wurde der Rekord um nicht weniger als zehn Zentimeter verbessert. Als ein paar wildgewordene Jugendliche im Salon mit Sesseln um die Wette rutschten, schritt der Kapitän ein, nachdem einer der Wettbewerbsteilnehmer sich bei einer Kollision mit dem Klavier leichte Verletzungen zugezogen hatte. Das Klavier hatte man schon an Ringbolzen fest verankert. Daraufhin wurden auch sämtliche Sessel festgeschraubt. Am Komfort der Passagiere änderte das nichts. Mit Ausnahme von sechs Reisenden waren wir alle hoffnungslos seekrank. Die offenen Decks waren verboten, und die Mahlzeiten im Speisesaal brachte man möglichst schnell und ohne allzuviel zu verschütten hinter sich. Die Bar mit ihren drei festverschraubten Hockern und der Festhaltestange war ein beliebtes Refugium, doch nach einiger Zeit war die Mühe des Festhaltens und des Abfangens der Schiffsbewegungen richtig anstrengend geworden. In der Kajüte zu bleiben und sich mit zusätzlichen Schwimmwesten in seiner Koje einzuklemmen war anstrengend. Unversehrt zu bleiben war anstrengend. Die einzige Erleichterung kam eines Tages mit einem Sturm, der mehr als Windstärke zehn erreichte und ein Krängen des Schiffes bewirkte, was uns zwang, luvwärts zu halten und die Fahrt zu verlangsamen. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden legten wir nicht mehr als dreiundvierzig Meilen zurück.
    Unser zweiter Sturm war schon eine lustigere Affäre mit viel Schnee. Der ganze Schiffsaufbau verwandelte sich in einen Eisklumpen, und die Maschinen auf Deck und die Davits konnten nur mit Hilfe von Dampfstrahlpumpen funktionstüchtig gehalten werden. Wir kamen mit fünf Tagen Verspätung in Boston an, und als wir am Kai festmachten, fuhr ein Krankenwagen längsseits, der unsere Verletzten übernehmen wollte. Das Erstaunliche war, daß es an Bord keine gab. Die meisten Passagiere waren in ihren Kojen geblieben. Einige, bestimmt halbverhungert und erschöpft, beschlossen, schon dort von Bord zu gehen und mit dem Zug nach New York weiterzureisen. Wir sechs, die wir unsere ganze Hoffnung in die Bar gesetzt hatten, beschlossen, an Land zu gehen und unsere steifen Muskeln und die schmerzenden Prellungen zu feiern.
    Einer der sechs Passagiere war William Hayter, der englische Maler, der in Paris das berühmte Atelier 17 gegründet hatte und sich nun auf dem Weg nach Kalifornien befand, wo er an einer Universität eine Zeitlang unterrichten sollte. Da er wissen

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