Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
Vom Netzwerk:
ich mir selbst auch nicht mehr vertrauen.« Er brach ab. »Ich kann es nicht erklären.«
    Sie nickte langsam. »Brauchst du auch nicht. Ich verstehe ...« Sie sah zu Boden. »Ich weiß auch nicht, weshalb er mich beunruhigt. Die Welt ergibt schon seit Langem keinen Sinn mehr für mich.«
    »Seit ein paar Tagen«, korrigierte Ambler.
    »Nein. Schon viel länger.«

    »Seit ich in deinem Leben aufgetaucht bin.« Er schluckte den bitteren Geschmack herunter, der ihm in die Kehle gestiegen war. »Ein Fremder, der sich nicht einmal selbst kennt.«
    »Lass das«, sagte sie warnend. Sie fuhr mit den Fingerspitzen über seine Brust, seine Schultern und seine Arme, als wolle sie sich vergewissern, dass er real war. Kein Geist, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut. Als sie ihn wieder ansah, waren ihre Augen feucht. »Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen.«
    »Tja, Glück gehabt.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du bist ein guter Mensch.« Sie tippte ihm auf den Brustkorb. »Mit einem guten Herzen.«
    »Und dem Kopf eines anderen.«
    »Scheiß auf den Kopf«, knurrte sie scherzhaft. »Sie wollten dich auslöschen. Aber weißt du was? Du bist realer als jeder andere Mann, der mir je begegnet ist.«
    »Laurel ...« Er hörte das Schwanken in seiner Stimme und verstummte.
    »Wenn wir zusammen sind, dann ist es, als – als ob mir jetzt erst bewusst wird, wie einsam ich mein ganzes Leben lang gewesen bin. Es war mir nicht klar, weil ich gar nicht wusste, was es für ein Gefühl ist, mit einem anderen Menschen zusammen zu sein. Wirklich zusammen. So fühle ich mich, wenn ich bei dir bin. Als wäre ich endlich nicht mehr einsam. Ich will nicht wieder in mein altes Leben zurück. Das könnte ich nicht mehr ertragen.« Ihre Stimme verriet die Heftigkeit ihrer Gefühle. »Du willst darüber reden, was ich wegen dir durchgemacht habe, was du mir angetan hast? Das hast du mir angetan. Mir gegeben. Und ich würde es um nichts in der Welt rückgängig machen wollen.«
    Mit trockenem Mund sagte er: »Ich habe nur vor einem Angst: dass ich dich verlieren könnte.«

    »Ich bin nicht mehr verloren.« Ihre Bernsteinaugen schienen von innen heraus zu leuchten, die grünen Einschlüsse glitzerten. »Du hast mir auf mehr als nur eine Art das Leben gerettet.««
    »Du hast mich gerettet, Laurel. Ohne dich wäre das Leben sinnlos für mich. Ich bin nur ...«
    »Harrison Ambler«, sagte sie lächelnd. Laut wiederholte sie: »Harrison Ambler.«

Kapitel siebenundzwanzig
    Laut Michelin-Reiseführer lohnte es sich nicht, für einen Besuch im Musée Armandier einen Umweg zu machen. Der Führer riet höchstens zu einer Stippvisite. Aber Ambler erinnerte sich noch gut an das Haus und bezweifelte, dass sich seit seinem Jahr in Paris viel daran verändert hatte. Es gehörte zu den wenigen privaten Kunstmuseen in Paris, und um seinen steuerlichen Status aufrechtzuerhalten, öffnete es pflichtgemäß täglich für ein paar Stunden seine Pforten. Aber es war meist leer; wahrscheinlich gingen heute weniger Menschen hier ein und aus als in seiner Zeit als Privatresidenz im späten neunzehnten und frühen zwanzigsten Jahrhundert. Das Haus selbst – eine Villa im neo-italienischen Stil mit großzügigen Bogenfenstern in Erkern aus Purbeckkalkstein und einem halb offenen Innenhof - war recht beeindruckend. Der ursprüngliche Besitzer war ein protestantischer Bankier gewesen, der wirtschaftlich enorm vom Handel des zweiten Empires profitiert hatte. Es lag im Plaine-Marceau-Viertel des achten Arrondissements, einer Gegend, die damals besonders bei bonapartistischen Adligen und wohlhabenden Finanziers beliebt gewesen war und auch heute noch bemerkenswerte Ruhe bot. Gelegentlich mieteten Filmcrews das Musée Armandier für Kostümfilme. Sonst gehörte es zu den am schlechtesten besuchten Sehenswürdigkeiten von Paris. Der ideale Ort für ein jugendliches Rendezvous - Ambler lächelte nostalgisch bei der Erinnerung -, aber für kunstbeflissene Bürger und Touristen nicht besonders interessant. Das Problem war die Sammlung. Marcel Armandiers
Frau Jacqueline hatte ein Faible für Rokoko-Kunst gehabt, und die war seit ungefähr fünfzig Jahren ziemlich aus der Mode. Schlimmer noch, ein Faible für zweitklassige Rokoko-Kunst - Leinwände von so unbedeutenden Künstlern wie François Boucher, Nicolas de Largillière, Francesco Trevisani und Giacomo Amiconi. Sie mochte pummelige, strahlende Amoretten, die in einem türkisfarbenen Himmel herumschwebten. Und

Weitere Kostenlose Bücher