Ambler-Warnung
ist es offensichtlich: Jede Zahl ist die Summe der beiden vorangegangenen Zahlen. Jede Serie folgt solchen Regeln, wie willkürlich die Aneinanderreihung auch wirken mag. Es gibt ein Muster, eine Regel, einen Algorithmus, der Ordnung in das vermeintliche Chaos bringt. Und das brauchen wir jetzt. Wir müssen herausfinden, wie jedes Ereignis mit dem vorausgehenden verbunden ist, dann wissen wir nämlich auch, was als Nächstes passieren wird«, sagte Caston ernst. »Wir könnten auch einfach abwarten. Vielleicht öffnet uns das nächste Ereignis die Augen. Alle Anzeichen deuten darauf hin, dass wir bald wissen werden, was diese Typen vorhaben.«
»Nur ist es dann wahrscheinlich zu spät«, grunzte Ambler. »Also stecken wir mitten in der Sequenz, und Sie haben keine Ahnung von Ihrer Logik.«
»Deswegen sage ich ja, dass wir die Logik finden müssen.«
Caston warf ihm einen Blick zu, der gleichzeitig humorvoll und kühl abschätzend war. »Wenn ich abergläubisch wäre, würde ich Sie für einen Unglücksbringer halten.«
»Jeder hat auch mal Glück.«
Der Buchprüfer verzog das Gesicht. »Aber Glück verändert die Regel von Sequenzen nicht. Das muss man schon selbst tun.«
Langley
Adrian Choi saß am Schreibtisch seines Chefs und spielte mit seinem Ohrring. War ein gutes Gefühl, hier zu sitzen, und schließlich schadete er damit niemandem. Außerdem kam hier sowieso kein Mensch vorbei. Der Flur, in dem Castons Büro lag, war zwar frei zugänglich, aber ziemlich abgelegen. Das Sibirien des Bürogebäudes. Adrian griff zum Telefonhörer.
Caston hatte unermüdlich versucht, an die Personalakten aus Parrish Island heranzukommen. Als Adrian ihn gefragt hatte, warum er seiner Ansicht nach dort Erfolg haben würde, wo Caston gescheitert war, hatte er wieder etwas von Charme gemurmelt. Adrian hatte nicht Castons Autorität, aber schließlich gab es auch noch andere, weniger offizielle Kanäle. Er setzte sein sonnigstes Lächeln auf und bat um eine Verbindung zu einer Assistentin im Joint Facilities Center, jemand auf seiner Ebene. Caston hatte ihren Boss erfolglos bearbeitet. Alles Grummeln, alle Proteste, alle Empörung hatten nichts genutzt. Adrian wollte es nun auf seine Art versuchen.
Bei der Frau, die den Hörer abhob, würde er all sein Fingerspitzengefühl brauchen. Sie klang sofort misstrauisch.
»Die PIPF-Daten von Station 4W Ja, ich weiß«, sagte sie. »Ich muss die Anforderungen noch bearbeiten.«
»Nein, das ist ein Missverständnis. Ihr habt uns schon Kopien von den Daten geschickt«, log Adrian.
»Wirklich? Joint Facilities?«
»Genau«, sagte Adrian heiter. »Ich brauche nur noch eine zweite Kopie.«
»Oh«, sagte die junge Frau ein bisschen weniger frostig. »Entschuldigung. Immer das Gleiche mit dieser Bürokratie.«
»Wem sagen Sie das«, sagte Adrian und ließ seine Stimme seidenglatt und vertraulich klingen. »Ich würde ja gern behaupten, es gehe um die nationale Sicherheit, aber leider geht es nur darum, meinen eigenen Arsch zu retten.«
»Wie meinen Sie das?«
»Nun, Caitlin – Ihr Name ist doch Caitlin, oder?«
»Ja«, sagte sie. Bildete er sich das nur ein, oder klang sie wirklich schon ein bisschen freundlicher?
»Sie klingen wie jemand, der nie Mist baut, also erwarte ich kein Mitgefühl von Ihnen.«
»Ich?« Sie kicherte. »Soll das ein Witz sein?«
»Nein, ich kenne Ihren Typ genau. Sie haben alles unter Kontrolle. In Ihrem Büro ist jeder Papierschnipsel fein säuberlich abgelegt.«
»Kein Kommentar«, sagte sie. Er konnte hören, dass sie dabei lächelte.
»He, Vorbilder sind wichtig«, protestierte Adrian. »Ich habe ein ganz genaues Bild von Ihnen – bitte rauben Sie mir meine Illusionen nicht.«
»Sie sind witzig.«
»Dann war es ein ziemlich schlechter Witz, dass ich die Akte direkt an das Büro des DDI weitergeleitet habe, ohne eine Kopie für meinen Boss zu machen.« Adrians Stimme klang
verlegen, aber er flirtete auch ein bisschen. »Das heißt, mein Boss geht bestimmt sofort an die Decke und versohlt mir meinen in Stanford ausgebildeten Arsch.« Er machte eine Pause. »Aber das ist mein Problem, nicht Ihres. Ich wollte Sie nicht damit belästigen. Vergessen Sie’s. Wirklich.«
Die junge Frau am anderen Ende der Leitung seufzte. »Es ist nur so, dass meine Chefs die Sache ziemlich streng unter Verschluss halten. Alles liegt in einer Datenbank, die nur für das Omega-Level zugänglich ist.«
»Die Rivalitäten in solchen Organisationen sind
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