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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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gegenüber Shen Wang war ihm der junge Mann mit dem offenen Gesicht allmählich ans Herz gewachsen. Er war ausdauernd, fleißig und überhaupt nicht zynisch. Chao musste zugeben,
dass der Junge – er konnte höchstens fünfundzwanzig Jahre alt sein – offenbar ein aufrechter Idealist war. Wie einst auch Chao ...
    Jetzt erschien Shen Wang im Türrahmen und räusperte sich diskret.
    »Verzeihen Sie meine Direktheit, Sir«, sagte er. »Aber Sie wirken bedrückt.«
    Chao sah den fleißigen Praktikanten an. Hatte er etwa einen Blick in das Dossier geworfen? Aber Shen Wangs Gesichtsausdruck war so offen und unbekümmert, dass Chao diese Möglichkeit schnell wieder verwarf.
    »Eine ohnehin komplizierte Situation«, erwiderte Chao, »ist seit heute Morgen noch verwickelter geworden.«
    Shen Wang senkte den Kopf und schwieg einen Augenblick. »Sie arbeiten so viel«, sagte er dann. »Sie sind der pflichtbewussteste Mann, den ich kenne.«
    Chao lächelte matt. »Und Sie sind auf dem besten Weg, mich zu übertreffen.«
    »Ich weiß nicht, welch schwierige Staatsangelegenheiten auf Ihren Schultern lasten«, sagte Shen Wang. »Aber ich weiß, dass Ihre Schultern breiter sind als jede Last.« Er spielte auf ein altes Sprichwort an, seine Freundlichkeit schrammte haarscharf an Schmeichelei vorbei.
    »Wollen wir’s hoffen.«
    »Erinnert sich Genosse Chao an seine Verabredung zum Mittagessen?«
    Abwesend sagte Chao: »Ich fürchte, Sie müssen meinem Gedächtnis auf die Sprünge helfen.«
    Shen Wang warf einen Blick auf Chaos Tagesplan. »Ein feierliches Mittagessen zur Ehre der Helden des Volkes. Im Palast auf der Halbinsel.«
    »Dann muss ich wohl aufbrechen«, sagte Genosse Chao.
Keiner wagte, die katastrophale Verkehrslage in Peking laut zu erwähnen. Sogar eine kurze Fahrt dauerte meist ziemlich lange. Und ein Mann in Chaos Position konnte nur in einem gepanzerten Wagen mit speziell ausgebildetem Chauffeur reisen.
    Ein paar Minuten später saß Chao auf dem Rücksitz seiner schwarzen Limousine. Wie aufmerksam und freundlich Shen Wang doch war. Chao brüstete sich gern damit, dass er ein untrügliches Gespür für Potenzial besaß, und er war überzeugt, dass dieser junge Mann eine große Zukunft vor sich hatte.
    Nach zehn Minuten dichtestem Verkehr fuhr der Wagen endlich mit annehmbarer Geschwindigkeit über eine Autobahnbrücke.
    Ein paar Hundert Meter vor dem Auto stand auf der Gegenfahrbahn ein riesiger gelber Bulldozer. Straßenarbeiten, dachte Chao. Das würde den Verkehrfluss noch mehr ins Stocken bringen. Wie ärgerlich, dass die Arbeiten nicht auf eine günstigere Tageszeit verschoben werden konnten. Wenigstens war ihre Fahrbahn frei.
    »Wir haben Glück mit dem Verkehr«, sagte Genosse Chaos Chauffeur.
    Der MSS-Beamte antwortete nicht. Ein gellender Schrei entfuhr seiner Kehle, als das Auto plötzlich und völlig unerwartet mit gewaltiger Kraft gerammt wurde. Der riesige Bulldozer war mit gesenkter Schaufel auf ihre Fahrbahn geschwenkt und hatte den Wagen gegen die Autos auf der Seite gequetscht. Die Windschutzscheibe zerbarst zu einer Schrapnellladung, die Splitter bohrten sich in Augen und Haut. Metall schrammte gequält kreischend über Metall, das Auto wurde verdreht und zusammengedrückt, von der Schaufel erfasst und in die Luft gehoben. Jetzt presste der Bulldozer die
Limousine gegen die Leitplanke, bis das zerstörte Auto über die Brüstung schoss, auf die riesige Betonfläche unter der Brücke stürzte und in Flammen aufging.
    Hoch in der winzigen Fahrerkabine des Bulldozers sagte der Fahrer in ein Mobiltelefon: »Die Straße ist gesäubert.« Er sprach den rauen Dialekt der nördlichen Landbevölkerung.
    »Danke schön«, antwortete Shen Wang. Es gab heutzutage so viele Unfälle in Peking, dass der Tod auf der Autobahnbrücke zwar Entsetzen, aber sicherlich keinen Verdacht auslösen würde. »Darüber wird sich der General sehr freuen.«
     
    »Was ist passiert?«, fragte Laurel mit vor Schreck geweiteten Augen. Sie waren in ihrem Hotelzimmer, und Ambler hatte gerade sein Hemd ausgezogen. Jetzt kam sie zu ihm und fuhr mit dem Finger über einen dunklen Bluterguss auf Amblers Oberarm.
    »Castons sicheres Haus war nicht so sicher, wie wir gehofft haben«, gab Ambler zu.
    »Vertraust du diesem Mann wirklich?«, fragte Laurel und sah ihn scharf an. Sie wirkte beunruhigt und besorgt um ihn.
    »Ich muss ihm vertrauen.«
    »Warum, Hal? Warum bist du so sicher?«
    »Wenn ich ihm nicht vertrauen kann, dann kann

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