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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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»Sag ihnen, ich sei in der Gruft bei der Urnenhalle verschwunden.«
    In ihren Augen flackerte Unsicherheit auf, und Tarquin drohte: »Sonst gehörst du zu den Leichen hier.« Er drückte die Beretta fester gegen ihre Kehle und sah, wie ihr Wille brach. »Keine Tricks. Ich merke das sofort«, warnte er.
    Sie drückte einen Knopf auf dem Sender und sagte: »Sternbild. Sternbild siebenundachtzig.« Der Friedhof war in über neunzig Bezirke eingeteilt, die Urnenhalle befand sich mitten im siebenundachtzigsten Bezirk. Erleichtert registrierte Tarquin, dass sie sich nicht als 87A oder 87B identifiziert hatte - das hätte zusätzliche Komplikationen bedeutet, weil dann auch noch ein anderer Watcher in der Nähe gewesen wären.
    Er griff nach dem kleinen, drahtlosen Kopfhörer in ihrem rechten Ohr und hielt das fleischfarbene Plastikgerät an sein Ohr.
    »Bericht?«, sagte eine metallische Stimme. Tarquin nickte der Frau auffordernd zu.
    »Er versteckt sich in der Gruft beim Columbarium«, sagte sie.
    »Und er ist bewaffnet«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    »Und er ist bewaffnet«, wiederholte sie.
    Das wussten die anderen zwar schon, aber die erneute Bestätigung würde ihren Bericht glaubwürdiger machen. Er riss der Frau die Nylonjacke herunter und fesselte ihr die Arme damit.
    Eine laute Stimme aus dem Säulengang schreckte ihn auf: »Mam’selle. II vous ennuie , ce mec si?« Belästigt sie dieser Mann? Die gut gemeinte Besorgnis eines unbeteiligten Passanten.
Tarquin warf dem Mann einen Blick zu. Ein dünner, schlaksiger Kerl mit aufgesetzt gelehrtem Gesichtsausdruck – bestimmt ein Student. Erste Eindrücke formten sich sekundenschnell  – und ließen sich genauso schnell wieder auslöschen. Das wusste Tarquin. Er presste seinen Mund leidenschaftlich auf die Lippen der Agentin, sah sie liebevoll an und rief auf Englisch: »Mein Liebling. Deine Antwort ist ja? Du wirst mich heiraten? Mein Gott, ich bin ja so glücklich!« Er ließ seine Stimme vor Glück und Entzücken vibrieren und drückte sie leidenschaftlich an sich. Es war vollkommen egal, ob der Franzose Englisch verstand. Er würde begreifen, was hier vor sich ging.
    »Excusez-moi «, sagte der Mann leise und drehte sich errötend auf dem Absatz um.
    Tarquin wischte sich den Mund am Ärmel ab und wandte sich dem kleinen Werkzeugkasten zu, der ihm an ihrem Gürtel aufgefallen war. Er löste ihn und schlug ihre Hände zur Seite, als sie danach greifen wollte.
    Er erkannte sofort, was darin war. Eine Maschinenpistole für Spezialeinheiten, eine zusammenklappbare Miniaturwaffe. Das tödliche Spielzeug basierte auf der PP-90, einer aus Stanzblech gefertigten Waffe, die von der KGB-Entwicklungsabteilung in Tula entwickelt worden war. Man konnte das ganze Magazin mit einem einzigen Feuerstoß leeren. Ein tödlicher Bleiregen. Die Waffe war ein Wunder der Miniaturisierung. Der Abzugsbügel war aufgehängt, eine Sprungfeder hielt die Waffe im zusammengeklappten Zustand. Das ganze Gerät war nur ungefähr dreißig Zentimeter lang, das Magazin enthielt dreißig 9-mm-Patronen. An einer Ecke des länglichen Metallobjekts war ein Knopf. Als Tarquin ihn drückte, schwang ein Teil des Metallgehäuses als Schulterstütze nach hinten.

    Dann presste er der Frau ohne Vorwarnung den Arm an den Hals und drückte ihren Kopf nach vorne in den so entstandenen Schraubstock. Sie würde ein paar Minuten lang bewusstlos sein. Er stützte ihren Körper so auf der Marmorbank ab, dass der Kopf gegen die Wand lehnte. Es sah aus, als halte sie ein kleines Nickerchen. Jetzt löste er ihre Schnürsenkel und band sie zu einer Schlaufe zusammen, die ihren linken Knöchel umschloss und zweimal um den ungesicherten Abzug der Miniatur-MP lief. Das Ende stülpte er über ihre Handgelenke. Sobald sie den Versuch machte, aufzustehen oder sich aufzurichten, würde sie den Abzug betätigen.
    Er schlich zu einem Alkoven knapp fünfzig Meter weiter, der inzwischen tief im Schatten lag, doch von dort konnte er die Treppe einsehen, die zu der unterirdischen Urnenhalle führte.
    Er musste nicht lange warten.
    Zuerst erschien der junge Mann mit der Lederjacke, der seinen Rucksack geklaut hatte. Er rannte die Stufen zur Gruft hinunter, eine Hand in der Jacke verborgen, als sei ihm kalt. Als Nächster kam ein glatzköpfiger Mann mittleren Alters mit einem pockennarbigen Gesicht und einem dicken Bierbauch. Er blieb bei der Kapelle am oberen Ende der Treppe stehen und beobachtete von dort den unteren

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