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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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in der Agency wurde seine Ungeduld zur Tugend. Er pflügte durch Staus und Engpässe, in denen andere feststeckten. Und er erkannte, dass die Macht, die man innerhalb einer Organisation besitzt, die Macht ist, die man sich anmaßt – nicht die laut Organigramm der eigenen Position zugebilligte Macht. Dabei ging es darum, sich nicht mit der Auskunft »wir arbeiten daran« abspeisen zu lassen. Das bewunderte Caston an ihm.
    Als Caston an seiner Tür erschien, traf er Norris in typisch erregter Pose an: mit vor der Brust verschränkten Armen im Büro auf und ab marschierend. Norris machte sich weniger Sorgen wegen des Vorfalls auf Parrish Island, als dass er sich darüber ärgerte. Er war aufgebracht, weil diese Sache ihn daran erinnerte, dass große Teile des Geheimdienst-Establishments außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des gegenwärtigen Direktors lagen. Alle Teilstreitkräfte – Army, Navy, Air Force und Marinekorps – hatten eigene Nachrichtendienste, während die Ressourcen des Verteidigungsministeriums auf die Defense Intelligence Agency beschränkt waren. Das National Security Council des Weißen Hauses hielt sich einen eigenen Analystenstab.
    Die National Security Agency in Fort Meade besaß wiederum eine eigene Infrastruktur, die überwiegend mit »Fernmeldeaufklärung«
befasst war; auch das National Reconnaissance Office und die National Geospatial-Intelligence Agency befassten sich teilweise mit dieser Aufgabe. Das Außenministerium unterhielt zusätzlich zur Abteilung Consular Operations, die Geheimaufträge ausführte, einen Nachrichten- und Forschungsdienst. Und alle diese Organisationen waren intern noch weiter aufgesplittert. Die Klüfte und Verwerfungen waren zahlreich, und jede davon konnte zu Katastrophen führen.
    Deshalb peinigte eine scheinbare Kleinigkeit wie diese Meldung Norris wie ein eingewachsener Nagel. Es war eine Sache, nicht zu wissen, was auf den Steppen Usbekistans vorging, und eine ganze andere, nichts von Ereignissen im eigenen Hinterhof zu wissen. Wieso wusste anscheinend niemand, wer zum Teufel von Parrish Island geflüchtet war?
    Die Einrichtung war eine »Joint Resource« und wurde anteilig von allen amerikanischen Geheimdiensten genutzt. Ein Mann, der nicht nur auf Parrish Island festgehalten worden war, sondern den man offenbar isoliert in einer geschlossenen Abteilung verwahrt hatte, musste extrem gefährlich sein. Weil man Angst davor hatte, was er enthüllen konnte. Oder weil er zu allem fähig war.
    Aber als sich das Büro des CIA-Direktors nach der Identität des Entflohenen erkundigt hatte, wusste niemand eine Antwort. Entweder war das ein Wahnsinn jener Art, der auf Parrish Island leider nicht behandelt werden konnte, oder es grenzte an Insubordination.
    »Es ist nämlich so«, sprudelte der ADDI los, kaum dass Caston das Zimmer betreten hatte, als wären sie bereits mitten in einer Unterhaltung. »Jeder Patient dieser Einrichtung ist durch eine – wie nennt man das? Requisition Signature? –, einen Rechnungscode gekennzeichnet. Joint
Resource bedeutet in diesem Fall, dass jede Agentur ihre Krankenhausrechnungen selbst bezahlt. Wenn ein durchgedrehter Analyst aus Langley eingewiesen wird, dann bezahlt Langley seinen Aufenthalt. Jedenfalls den größten Teil. Wenn der Patient in Fort Meade gearbeitet hat, dann bekommt Fort Meade die Rechnung. Jeder Patient hat also einen zwölfstelligen Rechnungscode. Aus Sicherheitsgründen werden die Rechnungsdaten und die Einsatzdaten getrennt bearbeitet, aber die Akten müssen den Namen des Beamten enthalten, der die Sicherheitsverwahrung autorisiert hat. Nur ist das diesmal nicht der Fall. Ich hoffe, du findest heraus, was da schiefgelaufen ist. Aus den monatlichen Abrechnungen von Parrish Island geht hervor, dass der Rechnungscode des Patienten funktioniert hat – finanziell gab es bisher keinerlei Schwierigkeiten. Aber jetzt behauptet der Buchhalter von Consular, dass dieser Rechnungscode in ihrer Datenbank nicht existiert. Wir wissen also noch nicht einmal, wer seine Verwahrung angeordnet hat.«
    »So etwas habe ich noch nie gehört.«
    Eine weitere Bö der Empörung blähte Norris’ Segel. »Entweder sagen sie uns die Wahrheit, und dann sind sie geliefert, oder sie blocken uns ab. Was bedeuten würde, dass sie uns verscheißern wollen. Und wenn das der Fall sein sollte, dann würde ich ihnen mit Vergnügen auf die Mützen hauen.« Wenn Norris sich aufregte, sprach er gern in Entweder/Oder-Sätzen. Das hellblaue

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