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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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Miene. Er brauchte keine weitere Ermunterung. Er verabscheute Anomalien, und der Mann, der von Parrish Island geflüchtet war, stellte eine Anomalie der schlimmsten Sorte dar. Und nichts verschaffte Caston größere Befriedigung, als Anomalien zu identifizieren – und zu eliminieren.

Kapitel sechs
    Im Motel 6 bei Flemington, New Jersey, tätigte Hal Ambler mit dem Nokia-Handy des Ermordeten einige Anrufe. Zuerst rief er beim Außenministerium der Vereinigten Staaten von Amerika an. Er konnte sich im Moment keine Vermutungen leisten: Er wusste nicht, ob die Spionageeinheit, in der er so lange gearbeitet hatte, inzwischen Freund oder Feind war. Also konnte er die Notfallnummern, die er sich als Agent eingeprägt hatte, nicht benutzen, weil man ihm damit vielleicht auf die Spur kommen könnte. Folglich wählte er den sicheren Weg und klopfte einfach an der Vordertür an. Als Erstes rief er die Presseabteilung des Außenministeriums an. Er gab vor, als Journalist bei Reuters International zu arbeiten, und bat um eine Verbindung zum Büro von Undersecretary Ellen Whitfield. Er wolle sie bitten, eine Äußerung zu bestätigen, die man ihr zugeschrieben habe. Die Assistentin, mit der er nach mehreren Vermittlungsversuchen verbunden wurde, entschuldigte sich sehr, aber Undersecretary Whitfield sei auf Reisen. Sie nehme an einer Konferenz in Übersee teil.
    Der Reuters-Korrespondent erkundigte sich, ob sie darüber Genaueres wisse. Die Assistentin verneinte das bedauernd.
    Eine Konferenz in Übersee – die Information entsprach bestimmt der Wahrheit. War allerdings völlig nutzlos.
    Ellen Whitfields offizieller Posten als Undersecretary im Außenministerium war nur eine Tarnung für ihre Aufgabe im
Regierungsapparat. Sie war die Direktorin der Political Stabilization Unit. Kurz gesagt, sein Boss.
    Hielten seine Kollegen ihn für tot? Verrückt? Untergetaucht? Was wusste Ellen Whitfield über das, was mit ihm geschehen war?
    Diese Fragen wirbelten ihm durch den Kopf. Wenn sie es nicht wusste, würde sie es doch sicher erfahren wollen, oder? Er versuchte, sich Erinnerungen an den Zeitabschnitt vor seinem Erwachen als Gefangener in einer psychiatrischen Strafkolonie ins Gedächtnis zu rufen. Aber diese letzten Erinnerungen blieben trübe, eingeschlossen, ungreifbar. Sie waren in dem Nebel verborgen, der sich über seine gesamte Existenz gelegt hatte. Er versuchte, im Geist all das aufzulisten, was geschehen war, bevor sich dieser Nebel gesenkt hatte. Er erinnerte sich an die Zeit in Nepal. Er hatte die Anführer einer Gruppe besucht, die sich selbst als tibetische Dissidenten bezeichneten und Amerika um Unterstützung bitten wollten. Ambler wurde sofort klar, dass sie ihm etwas vorspielten. Tatsächlich waren sie Repräsentanten einer maoistischen Rebellengruppierung, die in China verboten war und auch von Nepals instabiler Regierung nicht geduldet wurde. Nach Nepal begann die Operation zur Eliminierung von Wai-Chan Leung. Und danach? Sein Gedächtnis glich einem zerrissenen Blatt Papier. Es gab keine klare Linie, die Erinnerung von Vergessen trennte, sondern nur unregelmäßige Fetzen, die allesamt ins Leere zerfaserten.
    Das Gleiche erwartete ihn, als er versuchte, sich an die Zeit im Krankenhaus zu erinnern, die länger als ein paar Monate zurücklag. So viele seiner früheren Erinnerungen waren nur noch Bruchstücke. Momentaufnahmen, die jedes Zeit- oder Sinnzusammenhangs beraubt waren.
    Vielleicht musste er weiter zurückgehen – hinter die Wochen,
die seiner Entführung vorausgegangen waren, zu der Zeit, die ihm lebendig präsent war, so zusammenhängend und real wie der Boden unter seinen Füßen. Er musste unbedingt jemanden finden, der diese Erinnerungen mit ihm teilte. Jemand, dessen eigene Erinnerungen ihm die Bestätigung geben würden, die er so verzweifelt benötigte: die Bestätigung, dass er Hal Ambler war.
    Kurzentschlossen rief Ambler bei der Auskunft an und verlangte die Nummer von Dylan Sutcliffe in Providence, Rhode Island.
    Er hatte seit Jahren kaum an Dylan Sutcliffe gedacht. Sie hatten sich vor einer halben Ewigkeit kennengelernt, als sie beide Studienanfänger am Carlyle College – einer kleinen Universität in Connecticut – gewesen waren, und sie hatten sich vom ersten Moment an großartig verstanden. Dylan war ein Witzbold mit einem flotten Mundwerk und einem endlosen Fundus an Geschichten über seine Jugend in Pepper Pike, Ohio. Und obendrein war er stets geneigt zu dummen

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