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Ambler-Warnung

Ambler-Warnung

Titel: Ambler-Warnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Ludlum
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hatte, zuckte zurück.
    »Hi«, sagte Ambler so neutral als möglich.
    »Hi«, erwiderte der Junge.
    »Also, was ist hier los?«
    »Ich glaub’, ich hab’s verbockt«, sagte der Junge mit leichtem Quebec-Akzent. Er hatte eine vorspringende Nase, die vielleicht eines Tages zum Rest seines Gesichtes passen würde, und eine kurze, offensichtlich blondierte Igelfrisur.
    »Du kannst bestimmt alles wieder in Ordnung bringen.« Ambler fixierte das Gesicht des Jungen, registrierte jeden flüchtigen Ausdruck, der darüberhuschte.
    »Sie hätten mich nicht sehen dürfen. Jedenfalls nicht vor elf Uhr«, sagte der Junge.
    »Das muss doch niemand erfahren.«
    »Sie werden mich nicht verpetzen?«, fragte der Junge hoffnungsvoll.
    »Warum sollte ich? Ich weiß doch sowieso schon Bescheid.«
    »Na ja, Ihr Freund hat mir gesagt, es sei eine Geburtstagsüberraschung. Vielleicht eine Schnitzeljagd?«

    »Sag mir einfach, was du mir ausrichten solltest. Ich werde so tun, als sei ich überrascht. Versprochen.«
    »Versprochen?«, fragte der Junge ängstlich.
    »Wie viel bezahlt er dir? Ich gebe dir denselben Betrag noch mal.«
    Jetzt grinste der Bursche. »Wie viel er mir bezahlt?«, wiederholte er, um Zeit zu gewinnen.
    »Genau.«
    »Vierzig.« Ein schlechter Lügner.
    Ambler hob eine Augenbraue.
    »Dreißig?«
    Ambler sah ihn weiterhin skeptisch an.
    »Also gut, zwanzig«, berichtigte sich der Junge schließlich.
    Ambler zog einen Zwanziger aus dem Geldbeutel und gab ihn dem Jungen. »Also, was solltest du mir ausrichten?«
    »Dass der Treffpunkt sich geändert hat. Sie sollen ihn jetzt in der Underground City treffen.«
    »Wo?«
    »Les promenades de la Cathédrale«, erklärte der Junge. »Aber wenn er dort eine Überraschung für Sie vorbereitet hat, müssen Sie unbedingt überrascht wirken.«
     
    Jemand, der Metaphern zu schätzen wusste, fand es bestimmt sehr passend oder ironisch, dass sich unter der Christ-Church-Kathedrale ein riesiges Luxuseinkaufszentrum, die Promenades de la Cathedrale, befand. Es war kein Geheimnis, dass die bankrotte Anglikanische Diözese sich nur dadurch vor dem finanziellen Ruin gerettet hatte, dass sie das Land, auf dem die Kirche stand, verkaufte. Auf diesen Fels sollst du deine Kirche bauen hieß in der Sprache der modernen Konsumgesellschaft wohl, dass eine Kirche den Fels, auf dem sie erbaut war, verkaufte, um an Geld zu kommen.

    Ambler war gerade mit der Rolltreppe zur Promenade hinuntergefahren und versuchte, sich in dem hallenartigen Einkaufszentrum zu orientieren, als ihm plötzlich jemand die Hände auf die Schultern legte und ihn herumdrehte.
    Vor ihm stand ein stämmiger Mann mit rotblondem Haar, der ihn strahlend anlächelte. »Endlich stehen wir uns gegenüber«, sagte er.
    Ambler traute seinen Augen nicht. Er kannte diesen Mann zwar nicht persönlich, hatte aber schon viel von ihm gehört. Und da war er nicht der Einzige. Sein Name war Paul Fenton, und sein klarer Blick verriet nicht, wie zweifelhaft sein Ruf war.
    Paul Fenton. Ein prominenter amerikanischer Industrieller, der sich als Gründer einer Elektronikfirma mit Hauptsitz in Texas einen Namen gemacht hatte, die eng mit dem Verteidigungsministerium zusammenarbeitete. Aber seine Geschäftsinteressen hatten sich seit damals enorm ausgeweitet, und in den späten achtziger Jahre war er in gewissen Kreisen berüchtigt, weil er rechtsgerichtete Rebellenbewegungen und Revolutionäre auf allen Kontinenten finanzierte. Von seiner Großzügigkeit hatten zum Beispiel die Contras in El Salvador, Renamo in Mosambik und die Unita in Argentinien profitiert.
    Manche hielten ihn für einen Patrioten, dessen einzige Loyalität angeblich seinem Vaterland und nicht dem schnöden Mammon galt. Andere bezeichneten ihn als gefährlichen Fanatiker, der sich ohne Unrechtsbewusstsein über die Gesetze hinwegsetzte, die Waffenexporte ins Ausland regulierten. Als einen Nachfahren jener Unternehmer, die Anfang der sechziger Jahre die katastrophale Invasion in der Schweinebucht finanziert hatten. Aber niemand bestritt, dass Fenton ein kluger und aggressiver Unternehmer war.
    »Sie sind doch Tarquin, nicht wahr?«, fragte Fenton. Er
nahm Amblers Schweigen als Zustimmung auf und streckte die Hand aus. Das war keine rhetorische Frage gewesen – der Mann hatte sich wirklich versichern wollen. Fenton hatte nicht gewusst, wie er aussah.
    Ambler ergriff Fentons Hand, machte einen Schritt auf ihn zu und fuhr ihn leise und wütend an: »Es ist völlig idiotisch,

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