Ambra
nicht gesund. Die Leute reden ja allerhand, was bei euch los ist.
Kazimierz Mysza betrachtete Adrians breites Gesicht, die freundlichen Augen. Als er ihn fragte, ob er mit ihmin die Schänke gehen würde, nickte er, und so machten sie sich gemeinsam auf den Weg. Sie ließen sich vom Wirt zwei Flaschen geben und setzten sich an einen freien Tisch. Kazimierz trank die Hälfte der Flasche in einem Zug aus. Lange suchte er nach den richtigen Worten, bis er Adrian endlich fragte, ob er sich vorstellen könne, dass seine Frau ihn betrog.
Adrian drehte die Flasche in seiner Hand und nahm einen Schluck, bevor er bedächtig den Kopf schüttelte. Und schwieg. Welchen Grund konnte es denn schon dafür geben, dass der Tischler aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen war, zusammen mit dem ältesten Sohn in der Werkstatt hauste und seine Frau mit dem Säugling oben in der Wohnung alleine ließ?
Du bist verrückt geworden, sagte Adrian. Eine Frau wie Magda, noch dazu so kurz nach der Geburt.
Das ist das Problem, sagte Kazimierz. Kennst du den polnischen Bäcker, hinten bei uns in der Straße? Und seine Lagerräume? Die mit den Mehlsäcken und Leintüchern darin? Rumgewälzt haben sie sich darin, das weiß ich genau, am helllichten Tage, während vorn im Geschäft die Kunden warteten.
Der Wirt brachte zwei weitere Flaschen, und während Adrian seine Schluck für Schluck leerte, ließ er sich berichten, wie Magda, diese kaschubische Gans, ihren Sohn an sich reißen würde, und wenn schon keinen Kaschuben, so doch einen Polen aus ihm machen würde, und dass er, Kasimir, wenigstens einen seiner Söhne davor bewahren müsse.
Und den Bäcker, den müsse man aufknüpfen, ein schamloses Pack sei das doch, diese … Da unterbrach ihn Adrian und sagte, dass eines doch komisch sei: Diese ganze Geschichte komme ihm so merkwürdig vertrautvor. Nur habe er sie neulich anders gehört: Da wurde nämlich der Bäcker von seiner Frau betrogen, mit irgendeinem Hafenarbeiter, und zwar am selben Ort, hinten, bei den Mehlsäcken. Warum er, Kasimir, sich eigentlich so sicher sei?
Da stutzte Kazimierz und begriff, dass er sich geirrt hatte.
An einem Freitagmorgen im September fuhren wir los, Bronka, Bartosz und ich. Es war der Tag, an dem ich mich zum ersten Mal jemandem offenbart hatte. Die Amseln sangen in der Kastanie im Hof, ein leichter Wind wehte vom Meer herüber und fuhr in die Blätter, und es versprach, ein schöner Tag zu werden. Gerade, als ich die Frage erörterte, ob ich nicht besser kneifen sollte, lieber darauf verzichten, mich dem Familienoberhaupt vorzustellen, da bog schon Bartosz’ alter Mazda um die Ecke und hielt quietschend vor der Pforte.
Hallo, Schätzchen, sagte Bronka. Den Arm auf der heruntergekurbelten Scheibe abgelegt, winkte sie mir zu. Na, ausgeschlafen?
Sicher, sagte ich und verkniff mir ein Gähnen. Als ich einstiegen wollte, verschlug es mir fast den Atem, so sehr roch es nach dem mayonnaiseträchtigen Inhalt des Picknickkorbes. Leider war die Rückbank voll besetzt: Cudny, Bartosz’ Hund, beanspruchte die Hälfte für sich, und auf der anderen Hälfte lag ausgestreckt und mit gelangweiltem Blick ein Tier, das entfernt einem Mops ähnelte. Er und Cudny schienen die Vereinbarung getroffen zu haben, einander zu ignorieren.
Wir haben ein Platzproblem, sagte ich belustigt, aberBronka drehte sich um und antwortete, dass es sich doch bloß um den armen Mopsik handeln würde, und, dass ich ihn mal nach vorne reichen solle. Warum sich eigentlich alle immer so anstellten, wenn es um den Mops ginge?
Nach einigem Hin und Her fuhren wir schließlich los. Aus den Augenwinkeln sah ich Renia am Küchenfenster stehen, wie sie ungläubig dem kleinen Mazda hinterherschaute, der sich vom Haus wegbewegte. Ob sie mir geglaubt hatte? Ich hatte ihr von meinem
kleinen Problem
berichtet, aber unser Gespräch war jäh beendet worden von Bartosz’ ungehaltenem Hupen.
Bronka begann, vom Segen des Landlebens zu erzählen, den harten kommunistischen Zeiten in der Stadt, von Schlangen vor Fleischereien und den Aufständen der Werftarbeiter. Erst als wir die Stadtgrenze passierten und sie verstummte, konnte ich aufatmen und mich wieder auf den Ausflug und mein Treffen mit Brunon konzentrieren.
Sag nicht gleich, wer du bist, hatte Bronka mir geraten. Ich habe es leider nicht geschafft, ihn vorzuwarnen.
Nach einer halben Stunde wurden die Wiesen, durch die wir fuhren, immer grüner und die Luft merklich kühler. Die Fahrbahn war
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