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Ambra

Ambra

Titel: Ambra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabrina Janesch
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Wajder, wollte sowieso keinen Arzt, das hatte er gesagt: Gut gehe es ihm doch, er habe sich nur ein wenig ausgeruht, haha. Als wir dann auf seinem Hof ankamen und ihn in die Sommerküche schleppten, fiel seine Frau fast in Ohnmacht. Frau Wajder war gerade dabei, Sauerkraut einzumachen, überall standen Bottiche und Steinkrüge herum, es roch irgendwie nach Gülle, ein Huhn pickte Brotkrumen vom Küchenboden auf. Als Wajder sich auf die Küchenbank fallen ließ, die Augen schloss und vorerst nicht mehr öffnete, befahl Bartosz der Frau, nun doch den Krankenwagen zu rufen, wer wisse schon, was der Druck des Traktors mit seinen Organen gemacht habe, vielleicht sei seine Leber nun so platt wie eine Flunder oder seine Nieren so matschig wie halbrohe Kartoffelplätzchen. Weil da Frau Wajder endgültig ohnmächtig wurde, suchte Bartosz alleine das Telefon und fand es im Flur, während ich Frau Wajders Beine auf die Bank neben ihren Mann legte, ein zersessenes Kissen von einem Stuhl angelte und es unter ihren Kopfschob. Sie kam sofort wieder zu sich, murmelte etwas vom Sauerkraut, erschrak, als sie uns sah, erinnerte sich aber sogleich und schämte sich dafür, dass sie auf dem Boden lag, im Hühnerdreck. Das hier, sagte sie, sei ja bloß ihre Sommerküche, die eigentliche Küche sei ganz woanders. Und sauber, wie die Küchen in der Stadt. Ihre Tochter wohne in der Stadt, ob wir sie nicht vielleicht kennten? Magda hieße sie und …
    Sie haben bestimmt eine großartige Tochter, sagte ich, und da nickte sie zufrieden und beugte sich zu ihrem Mann, der sich plötzlich bewegte und nach einem Glas Wasser und Aspirin verlangte, am besten gleich eine ganze Packung.
    Mein Kopf, stöhnte er, Herrgottscheißenochmal, ich fühle mich, als hätte mich ein Traktor überfahren. Als keiner lachte, stemmte er sich an der gekachelten Wand hoch und fragte, warum wir so lange Gesichter machten. Er sei schließlich nicht tot. Das könne er sich gar nicht erlauben, nur besonders faule oder nachlässige Menschen verstürben vor der Zeit. Nicht wahr, Marysia, sagte er und tätschelte seine Frau, die ihren Kopf gegen seine Brust gelehnt hielt, nicht wahr, zu denen gehören wir nicht. Sie nickte und streifte mit der Stirn seinen Brustkorb. Wajder schrie auf.
    Geh doch schon mal vor, sagte Bartosz da, das hier kann noch länger dauern. Bis der Krankenwagen eintrifft, meine ich. Meine Eltern warten.
    Ich schaute zu Frau Wajder, die mit zitternden Händen ein Glas mit Leitungswasser volllaufen ließ.
    Besser, ich bleibe noch ein bisschen, sagte ich. Ich kann Frau Wajder helfen, ein paar Sachen zusammenzupacken, für das Krankenhaus.
    Albernes Kalb!, schrie der Wajder da. Ich gehe nicht ins Krankenhaus! Und jetzt mach, was dein Mann dir sagt und geh! Herrgottnochmal. Meine Rippen!
    Wirklich, Kinga. Was soll denn Mutter denken? Wir hätten schon längst da sein sollen.
    Bartosz ging in der Küche auf und ab, scheuchte das Huhn hinaus. Ich stand aus der Hocke auf und hob dabei einen gehäkelten Topflappen und ein apathisches Entenküken auf, das ich unter der Küchenbank gefunden hatte.
    Was soll sie schon denken. Dass uns eben etwas aufgehalten hat. Wie hat sie es eigentlich ausgehalten, als du im Einsatz warst?
    Bartosz zuckte mit den Schultern. Ich nehme an, sie hat mehr in der Kirche gewohnt als zu Hause.
    Dann wäre ja auch geklärt, was deinen Vater krank gemacht hat.
    Ganz richtig, sagte Wajder da auf einmal, die Religion nämlich!, und seine Frau bekreuzigte sich heimlich.
    Es ist immer die Religion, die die Leute krank macht! Nein, sagte ich. Der Krieg ist es.
    Da verpasste Bartosz dem Huhn, das sich wieder in die Küche geschlichen hatte, einen Tritt, dass es laut gackernd aufflog und in Richtung Wohnzimmer verschwand.
    Fall zur Abwechslung doch mal meinem Vater auf die Nerven. Die Hütte ist ganz nah, findest du garantiert. Meine Mutter wird mit ihren Gänsen schon zurück sein, geh einfach dem Schnattern entgegen: immer geradeaus und an der nächsten Kurve links, einmal übers Feld, direkt hinter der Bauminsel. Viel Glück.
    Schon wollte er sich umdrehen, aber
     
    ich habe das nicht gewollt. Ich habe das nicht gewollt, und das wusste jeder im Camp, Mateusz Jarzèbiński war mein Freund, oder so was in der Art, ich kannte ihn durch und durch, wir haben uns doch ein Zimmer geteilt, mit Socha und Lysiecki, Mann, ich wusste, wie sein Angstschweiß roch, ich konnte sein Schnarchen von dem Sochas und dem Lysieckis unterscheiden, außerdem haben

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