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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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den alten Wikingerkriegern als Begräbnisstätten, und Emerson hoffte, Grabgaben eines Häuptlings oder sogar Hinweise auf barbarische Opferriten zu finden. Da ich ein überaus ehrlicher Mensch bin, gebe ich offen zu, daß es teilweise meine eigene Versessenheit, in diesem Grab herumzuwühlen, war, die mich dazu brachte, höflich zu Lady Harold zu sein. Allerdings machte ich mir auch Sorgen um Emerson.
    Er langweilte sich. Oh, wie er versuchte, es zu verbergen! Wie ich bereits gesagt habe und immer sagen werde, hat Emerson seine Fehler, doch Ungerechtigkeit gehört nicht dazu. Er gab mir nicht die Schuld an der Tragödie, die sein Leben ruiniert hatte.
    Als ich ihn kennenlernte, führte er gerade archäologische Ausgrabungen in Ägypten durch. Manchen phantasielosen Menschen mag diese Beschäftigung als nicht besonders angenehm erscheinen. Krankheiten, eine unglaubliche Hitze, unzureichende oder fehlende sanitäre Einrichtungen und riesige Mengen Sand trüben bis zu einem gewissen Grad die Freude, die Schätze versunkener Zivilisationen zu entdecken. Allerdings liebte Emerson dieses Leben, und mir ging es genauso, nachdem wir uns ehelich, beruflich und finanziell zusammengeschlossen hatten. Selbst nach der Geburt unseres Sohnes gelang es uns, eine lange Saison in Sakkara zu verbringen. In diesem Frühling kehrten wir mit der festen Absicht nach England zurück, im folgenden Herbst wieder hinzufahren. Doch dann ereilte uns das Unglück in Gestalt unseres Sohnes »Ramses« Walter Peabody Emerson.
    Das Kind war kaum drei Monate alt, als wir es den Winter über bei meiner lieben Freundin Evelyn ließen, die Emersons jüngeren Bruder Walter geheiratet hatte. Von ihrem Großvater, dem aufbrausenden Herzog von Chalfont, hatte Evelyn Schloß Chalfont und eine Menge Geld geerbt. Ihr Gatte – einer der wenigen Männer, deren Gegenwart ich länger als eine Stunde ertrage – war ein angesehener Ägyptologe. Anders als Emerson, der Ausgrabungen vorzieht, ist Walter Philologe und hat sich auf die Entzifferung der verschiedenen antiken ägyptischen Sprachen spezialisiert. Er hatte sich mit seiner hübschen Frau in deren Familiensitz ein glückliches Heim geschaffen und verbrachte seine Tage mit der Lektüre unleserlicher, zerbröckelnder Texte. Abends spielte er mit seiner ständig wachsenden Kinderschar.
    Evelyn, die ein sehr liebes Mädchen ist, erklärte sich bereit, Ramses für den Winter zu übernehmen. Die Natur hatte soeben verhindert, daß sie zum vierten Mal Mutter wurde, also war ein neues Baby ganz nach ihrem Geschmack. Mit drei Monaten war Ramses ein recht angenehmer Zeitgenosse. Er hatte einen dunklen Haarschopf, große blaue Augen und eine Nase, die sogar damals schon versprach, sich von einem kindlichen Stupsnäschen in ein Charakterprofil zu verwandeln. Er schlief viel. (Wie Emerson später sagte, schonte er nur seine Kräfte.)
    Es fiel mir schwerer als erwartet, das Kind zurückzulassen, doch schließlich war es noch nicht lange genug auf der Welt, um einen großen Eindruck auf mich gemacht zu haben, und ich freute mich besonders auf die Ausgrabung in Sakkara. Die Saison verlief sehr erfolgreich, und ich gebe offen zu, daß mir mein verlassenes Kind nur selten in den Sinn kam. Als wir uns dann im folgenden Frühling auf die Rückkehr nach England vorbereiteten, freute ich mich trotzdem ziemlich darauf, Ramses wiederzusehen, und ich glaubte, daß es Emerson genauso ging: Wir fuhren von Dover aus direkt nach Schloß Chalfont, ohne in London Station zu machen.
    Wie gut erinnere ich mich an diesen Tag! Der April in England ist die schönste Jahreszeit! Endlich einmal regnete es nicht. Das ehrwürdige alte Schloß, an dessen Mauern sich wie grüne Farbtupfer wilder Wein und Efeu emporrankten, thronte inmitten eines ausgezeichnet gepflegten Parks wie eine würdevolle Matrone, die gerade ein Sonnenbad nimmt. Als unsere Kutsche hielt, flogen die Türen auf, und Evelyn kam mit ausgebreiteten Armen herausgelaufen. Walter folgte ihr: Er drückte seinem Bruder die Hand und zerquetschte mich fast in seiner brüderlichen Umarmung. Nachdem wir uns begrüßt hatten, sagte Evelyn: »Aber ihr wollt bestimmt den kleinen Walter sehen.«
    »Wenn es keine Umstände macht«, antwortete ich.
    Evelyn nahm lachend meine Hand. »Amelia, mich kannst du nicht hinters Licht führen. Ich kenne dich zu gut. Du kannst es doch kaum noch erwarten, dein Baby zu sehen.«
    Schloß Chalfont ist ein großes Gebäude. Obwohl es von Grund auf

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