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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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und waren schließlich auf die Abbildung eines Mitglieds der königlichen Familie gestoßen, vermutlich der Besitzer des Grabes; doch leider war der Kopf der Figur böswillig verstümmelt worden, und der königliche Name in der Inschrift darüber war auf ähnliche Weise unkenntlich gemacht. Dieser Beweis, daß das Grab geschändet worden war, schlug uns allen auf die Stimmung. Würden wir, nachdem wir Berge von Stein beiseite geräumt hatten, nur einen leeren Sarkophag vorfinden?
    Diese Befürchtung allein hätte schon genügt, das Schweigen und die Niedergeschlagenheit meines Gatten zu rechtfertigen. Und die Aussicht auf eine Begegnung mit Madame Berengeria und Lady Baskerville, deren Laune zweifellos unerfreulich sein würde, bedrückte ihn zusätzlich.
    Falls Mary sich wegen der peinlichen Szene, die ihr mit Sicherheit bevorstand, Sorgen machte, ließ sie sich das nicht anmerken. Sie hatte die Plackerei an diesem langen Tag viel besser durchgestanden, als ich das aufgrund ihrer zierlichen Gestalt von ihr erwartet hatte. Sie und die jungen Männer gingen vor uns her, denn Emerson hatte es nicht eilig, und ich hörte, wie sie fröhlich plauderte und sogar lachte. Ich beobachtete, daß sie sich bei Karl untergehakt hatte und die meiste Zeit mit ihm sprach. Milverton, der an ihrer anderen Seite ging, versuchte erfolglos, ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Nach einer Weile blieb Milverton stehen und ließ die anderen vorangehen. Als Emerson und ich ihn eingeholt hatten, fiel mir auf, daß er der schlanken Gestalt des Mädchens mit einem gequälten Blick hinterhersah.
    Emerson trottete weiter, ohne den untröstlichen jungen Mann auch nur eines Blickes zu würdigen, doch ich hielt es nicht für richtig, solch deutliche Zeichen seelischer Aufwühlung zu mißachten. Deshalb ließ ich meinen Mann vorausgehen und bat Milverton, wobei ich seinen Arm nahm, mir behilflich zu sein. Ich habe keine Skrupel, fälschlicherweise den Eindruck weiblicher Schwäche zu erwecken, wenn die Situation es erfordert.
    Milverton verhielt sich wie ein Gentleman. Eine Weile gingen wir schweigend nebeneinander her, doch dann suchte sein gekränktes Herz, wie ich es erwartet hatte, Erleichterung in einem Gespräch.
    »Was findet sie nur an ihm?« platzte er heraus. »Er ist unansehnlich, pedantisch und mittellos!«
    Ich war versucht, über diesen vernichtenden Katalog von Unzulänglichkeiten zu lachen. Statt dessen jedoch seufzte ich und schüttelte den Kopf.
    »Ich fürchte, sie ist ein herzloses, kokettes Mädchen, Mr. Milverton.«
    »Ich bin da leider nicht Ihrer Meinung«, erwiderte Mr. Milverton aufgeregt. »Sie ist ein Engel.«
    »Sie ist sicherlich so schön wie ein Engel«, stimmte ich freundlich zu.
    »Ja, das ist sie, das ist sie! Sie erinnert mich an diese ägyptische Königin, wissen Sie nicht! – Ich habe den Namen vergessen …«
    »Nefertiti?«
    »Ja, so heißt sie. Und ihre Gestalt … Sehen Sie nur, wie anmutig sie geht.«
    Ich konnte nicht viel erkennen, denn die Dämmerung war bereits weit fortgeschritten, und als mir auffiel, wie sich das Halbdunkel auf die Landschaft senkte, beschlich mich erneut Unruhe. Bei Tageslicht war der Weg schon schwierig genug; in der Dunkelheit würde der Abstieg durch die Felsen nicht einfach werden. Außerdem bot die Nacht Feinden eine gute Tarnung. Ich hoffte nur, daß Emersons Starrsinn uns nicht einen Unfall oder Schlimmeres bescheren würde. Ich klammerte mich noch fester an Milvertons Arm und beschleunigte meinen Schritt. Wir waren weit hinter die anderen zurückgefallen, und Emersons Gestalt war nur noch schemenhaft vor dem Hintergrund der aufgehenden Sterne zu erkennen.
    Milverton hörte nicht auf, Mary abwechselnd überschwenglich zu preisen und zu tadeln. Ich bezwang meine Besorgnis und versuchte, ihn zu einer vernünftigeren Betrachtungsweise zu bewegen.
    »Vielleicht zweifelt sie an Ihren Absichten, Mr. Milverton. Sie sind, wie ich vermute, doch die eines ehrenwerten Gentleman?«
    »Sie verletzen mich unsäglich, Mrs. Emerson«, stieß der junge Mann hervor. »Meine Gefühle sind so tief, so lauter …«
    »Warum legen Sie sie dann nicht der Frau gegenüber offen, an die sie sich richten? Haben Sie um ihre Hand angehalten?«
    Milverton seufzte. »Wie könnte ich denn? Was hätte ich ihr denn zu bieten, in meiner Lage …«
    Er hielt inne und rang nach Atem.
    Ich glaube, daß mir selbst für einen Augenblick der Atem stockte, als mir die Bedeutung dieser verräterischen Pause

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