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Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes

Titel: Amelia Peabody 02: Der Fluch des Pharaonengrabes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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seinem Hut zu.
    Wir unterhielten uns leise über dieses und jenes, als Emerson plötzlich seinen Blick von mir abwandte. Auf seinem Gesicht vollzog sich eine solch schreckliche Veränderung, daß ich mich bestürzt umdrehte.
    Eine bizarre Prozession war im Anmarsch. Die Vorhut bildeten sechs Männer, die auf ihren gebeugten Schultern zwei lange Balken trugen. Darauf ruhte ein kastenförmiges Gebilde, das auf allen Seiten mit Vorhängen verhüllt war. Der Aufbau schwankte bedenklich, da die Träger unter ihrer offensichtlich beträchtlichen Last nur mit größter Mühe vorankamen. Eine Menge von Einheimischen mit Turbanen und langen Gewändern folgte der Erscheinung auf den Fersen.
    Unter großer Anstrengung steuerte die Prozession genau auf die Stelle zu, wo wir mit weit aufgerissenen Augen standen. Da sah ich, daß ein Mann in europäischer Kleidung hinter der Sänfte ging. Zwar hatte er sich den Hut in die Stirn gezogen, doch ein paar Locken seines roten Haars lugten hervor und verrieten seine Identität, die er wohl gerne verheimlicht hätte.
    Die keuchenden und schwitzenden Träger hielten an und setzten die Tragebalken ab. Leider taten sie das nicht gleichzeitig, so daß die Sänfte kippte und eine korpulente Gestalt hinausrollte, liegenblieb und vor Schmerzen und Schreck laute Schreie ausstieß. Ich hatte bereits vermutet, wer der Passagier in diesem merkwürdigen Fortbewegungsmittel war. Niemand sonst in Luxor hätte versucht, auf solche Art zu reisen.
    Madame Berengeria trug ihr Leinengewand, eine plumpe Imitation der exquisiten plissierten Roben, die adelige Damen zur Zeit der Pharaonen zu tragen pflegten. Durch ihren Sturz war dieses Gewand in Unordnung geraten und enthüllte eine wirklich erschreckende Masse fetten, blassen Fleisches. Ihre schwarze Perücke, die von einer Wolke kleiner Insekten umschwirrt wurde, war ihr über die Augen gerutscht.
    Emerson stand, die Hände in die Hüften gestemmt, da und starrte auf die sich krümmende Gestalt der Dame. »Los, helfen Sie ihr schon hoch, O’Connell«, sagte er. »Und wenn Sie einen häßlichen Auftritt verhindern wollen, hieven Sie sie wieder in dieses lächerliche Ding und bringen Sie sie weg.«
    »Mr. O’Connell hat nicht das Bedürfnis, Auftritte zu verhindern«, sagte ich. »Er führt sie herbei.«
    Mein bissiger Kommentar bewirkte, daß der junge Mann seine Fassung wiederfand. Er lächelte und schob sich lässig den Hut in den Nacken.
    »Wie unfreundlich, Mrs. Emerson. Könnte mir vielleicht jemand von Ihnen behilflich sein? Ehrlich gesagt, schaffe ich es nicht allein.«
    Die Träger hatten sich keuchend und schimpfend auf den Boden gesetzt. Es war klar, daß wir von ihnen keine Hilfe erwarten konnten. Als ich sah, daß Emerson nicht die Absicht hatte, die am Boden liegende Gestalt anzurühren – und das konnte ich ihm wirklich nicht zum Vorwurf machen –, half ich Mr. O’Connell bei dem Versuch, Madame Berengeria auf die Beine zu stellen. Es gelang uns auch, obgleich ich mir dabei wahrscheinlich mehrere Rückenmuskeln zerrte.
    Angelockt vom Tumult, kamen auch die anderen aus dem Grab heraufgestiegen. Ich hörte klar und deutlich, wie Mary ein Wort von sich gab, das ich von einem wohlerzogenen englischen Mädchen niemals erwartet hätte.
    »Mutter, was um Himmels willen machst du denn hier? Du hättest nicht kommen sollen. Die Sonne – die Anstrengung …«
    »Man hat mich gerufen!« Madame Berengeria wischte die Hand ihrer Tochter von sich, die diese ihr auf die Schulter gelegt hatte. »Man hat mir befohlen zu kommen. Die Warnung muß weitergegeben werden. Mein Kind, verlasse diesen Ort!«
    »Verdammt«, sagte Emerson. »Halt ihr den Mund zu, Amelia, schnell.«
    Natürlich tat ich nichts dergleichen. Der Schaden war nicht mehr abzuwenden. Die gaffenden Touristen, die Einheimischen, die der Sänfte gefolgt waren – alle hörten aufmerksam zu. Madame warf sich in Positur und sprach weiter:
    »Es kam über mich, als ich vor dem Schrein des Amon und Serapis, dem Herrn der Unterwelt, meditierte. Gefahr! Verderben! Es war meine Pflicht zu kommen, koste es, was es wolle, um die zu warnen, die das Grab entweihen. Das Herz einer Mutter verlieh einer sterbenden Frau die Kraft, ihrem Kind zu Hilfe zu eilen …«
    »Mutter!« Mary stampfte mit dem Fuß auf. So könnte die göttliche Kleopatra ausgesehen haben, als sie sich Cäsar widersetzte – falls man sich Kleopatra in Hemdbluse und saloppem Rock vorstellen kann, mit Tränen der Verlegenheit in den

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