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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Ligatur bemerkt, die eine Abkürzung für den Namen Jesus ist?«
    Ich lächelte höflich, und Emerson schnaubte verächtlich: »Also ein biblischer Text! Diese verdammten Kopten haben entweder die Bibel abgeschrieben oder aber langweilige Lügen über die Heiligen verbreitet. Wer war Didymus Thomas?«
    »Der Apostel, nimmt man an«, sagte der Reverend.
    »Der ungläubige Thomas?« fragte Emerson. »Das war der einzige mit einem Funken Verstand, den mochte ich schon immer.«
    Sayce runzelte die Stirn. »Wenn Sie darüber nur scherzen können, Professor, dann legen Sie sicher keinen Wert auf dieses Stück Papyrus«, sagte er ärgerlich.
    Rasch nahm Emerson es ihm aus der Hand. »Ganz im Gegenteil, mein lieber Sayce, ich will es als Andenken an meinen liebsten Apostel behalten. Sie sind imstande und nehmen mir mein Eigentum weg!«
    Mr. Wilberforce mahnte zum Aufbruch, aber Emerson war noch nicht fertig. Er ärgerte Reverend Sayce, indem er die geschichtliche Wahrheit der Bibel in Frage stellte und die missionarischen Aktivitäten der christlichen Kirche verurteilte. »Mit welchem Recht versuchen die Christen Moslems zu ihren Überzeugungen zu bekehren? Jede Religion ist doch gleichwertig …«
    Schließlich machte Wilberforce ernst, packte den Reverend und wollte ihn mit sich fortziehen, aber Sayce drehte sich noch einmal um, um einen letzten Satz loszuwerden: »Ich wünsche Ihnen viel Glück mit Ihren Pyramiden, Professor. Ich bin ganz sicher, daß Ihnen Ihre Nachbarn in Mazghunah gefallen werden!«
    »Was hat er wohl damit gemeint?« fragte Emerson, während die beiden davongingen.
    »Ich nehme an, daß wir das zur gegebenen Zeit erfahren werden«, sagte ich. Wenn ich nur geahnt hätte, unter welch scheußlichen Umständen ich mich wieder an diese Worte erinnern würde, wäre mir manch kalter Schauer über den Rücken gelaufen.
    Nachdem wir nach Ramses gesehen und ihn schlafend vorgefunden hatten, wollte Emerson es sich schon bequem machen.
    »Hast du unsere Verabredung vergessen?« fragte ich.
    »Ich hatte gehofft, daß du nicht mehr daran denken würdest«, sagte Emerson. »Abd el Atti erwartet uns nicht, Amelia. Er hat dich nur loswerden wollen.«
    »Unsinn, Emerson. Sobald der Muezzin um Mitternacht ruft …«
    »Das wird er nicht, und du solltest das eigentlich wissen, Amelia! Es gibt kein Mitternachtsgebet. Sonnenaufgang, Mittag, Nachmittag, Sonnenuntergang und Einbruch der Dunkelheit sind die Gebetszeiten.«
    Natürlich hatte er recht. Ich wunderte mich, daß es mir nicht eingefallen war. »Aber ich habe ihn doch schon nachts rufen hören.«
    »Ja, es gibt Ausnahmen, aber die lassen sich nicht vorhersagen. Verlaß dich darauf, Amelia. Der alte Gauner wird nicht in seinem Laden sein.«
    »Aber wir können nicht völlig sicher sein!«
    Emerson stampfte mit dem Fuß. »Verdammt, Amelia! Du bist die eigensinnigste Frau, die ich kenne. Wir wollen einen Kompromiß schließen, falls das Wort in deinem Sprachschatz vorkommt.«
    Ich verschränkte die Arme. »Gut, mach einen Vorschlag.«
    »Wir werden uns noch ungefähr eine Stunde lang auf die Terrasse setzen. Falls wir den Gebetsruf hören, werden wir zum Basar gehen, falls wir aber bis zwölf Uhr nichts gehört haben, gehen wir auf der Stelle ins Bett.«
    »Das nenne ich einen wirklich vernünftigen Vorschlag, Emerson«, sagte ich. »Angenommen!«
     
    Ich glaube, es gibt Schlimmeres, als sich auf der Terrasse des Shepheard’s Hotel die Zeit zu vertreiben. Wir schlürften unseren Kaffee und beobachteten die Vorübergehenden, die sich in der lauen Nachtluft vom anstrengenden Tag erholten. Die Sterne schienen zum Greifen nah im Laub der Bäume zu hängen. Emerson schenkte mir einen der betäubend duftenden Blumensträuße, die von Händlern angeboten wurden, und drückte immer wieder meine Hand.
    Es war eine sehr verführerische Atmosphäre, doch bevor ich mein Vorhaben vergessen konnte, hörten wir klar und deutlich die Stimme des Muezzins.
    Ich schoß in die Höhe. »Ich wußte es! Los, Emerson, laß uns gehen!«
    »Verflucht!« meinte Emerson. »Na warte! Wenn ich den fetten Gauner in die Finger kriege, wird es ihm noch leid tun, daß er diesen Vorschlag gemacht hat.«
    Wir hatten uns nach dem Abendessen umgezogen, aber aus ganz verschiedenen Gründen. Emerson war froh, endlich aus seinem Abendanzug herauszukommen, und ich hatte ganz fest damit gerechnet, daß wir noch in den Basar gehen mußten. Bis heute behauptet Emerson, daß der Gebetsruf in dieser Nacht reiner

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