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Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein

Titel: Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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wir uns später bei einem Glas Brandy in der Halle niedergelassen hatten, zog ich das Papyrusfragment aus der Tasche und reichte es dem Reverend.
    »Ich habe dieses Stück heute von einem Antiquitätenhändler erhalten. Als Mann der Kirche können Sie vielleicht etwas mehr damit anfangen, als es mir bisher gelungen ist.«
    Die tiefliegenden Augen des kleinen Mannes leuchteten auf, und er rückte seine Brille zurecht, um besser lesen zu können. »Ich bin zwar keine Autorität …«, sagte er, während er sich intensiv mit dem Text beschäftigte.
    Mr. Wilberforce sagte lächelnd: »Sie erstaunen mich wirklich, Mrs. Emerson. Ich dachte immer, Sie und Ihr Mann würden nicht von diesen Händlern kaufen.«
    »Ich lehne es ab«, meinte Emerson hochnäsig, »aber meine Frau ist leider nicht immer so konsequent.«
    »Wir suchen Papyri für meinen Schwager«, erklärte ich.
    »Ach ja, für Professor Emerson, den jüngeren. Er ist ein sehr begabter Mann. Aber Sie werden es nicht leicht haben, denn jeder ist heutzutage auf der Suche nach Papyri.«
    »Sie auch?« fragte ich.
    »Natürlich.« Der Amerikaner zwinkerte mir zu. »Aber im Gegensatz zu anderen werde ich anständig bezahlen, falls Sie einige finden sollten.«
    Der letzte Teil des Satzes wäre mir fast entgangen, denn meine Aufmerksamkeit wurde von einem Paar gefesselt, das soeben die Halle betreten hatte. Der junge Mann, der sich gerade seiner Begleiterin zuwandte, hatte das klassische Profil einer griechischen Statue. Er trug sein blondes, glänzendes Haar ziemlich lang und aus dem Gesicht gekämmt. Offenbar war er noch nicht allzu lange in Ägypten, denn seine Haut war von durchscheinender Blässe und erinnerte mich an Alabaster. Erst als er herzlich lachte, belebte sich die marmorne Glätte.
    Die Dame in seiner Begleitung … war keine Dame. Ihr Kleid aus dunkellila Satin war ein wenig ordinär, zu weit ausgeschnitten und überall mit Schleifchen, Spitzen und Federn besetzt. Außerdem war die Dame mit Schmuck geradezu behängt und hatte viel zuviel Schminke auf dem Gesicht. Neben der geradezu klassischen Statue wirkte sie wie eine lächerliche Karnevalsfigur.
    Emerson berührte meinen Arm. »Amelia! Wohin schaust du denn? Mr. Wilberforce hat dir eine Frage gestellt.«
    »Verzeihung!« sagte ich. »Ich gestehe, daß ich diesen gutaussehenden jungen Mann angestarrt habe.«
    »Wie alle anderen Damen ebenfalls«, sagte Mr. Wilberforce. »Er hat ein bemerkenswertes Gesicht, nicht wahr? Als ich ihn das erste Mal sah, hat er mich an einen der jungen Reiter auf dem Parthenonfries erinnert.«
    Während das Paar auf uns zuging, entdeckte ich voller Entsetzen den Kragen eines Priesters. »Ein Priester!« rief ich überrascht.
    »Das erklärt seinen Erfolg bei den Frauen«, meinte Emerson grinsend. »Ist er ein Kollege von Ihnen, Sayce?«
    Der Reverend sah auf und runzelte die Stirn. »Nein«, sagte er kurz angebunden.
    »Er ist Amerikaner«, erklärte Wilberforce. »Ein Mitglied einer dieser zahlreichen Sekten, die sich in unserem Land tummeln. Ich glaube, sie nennen sich >Brüder des Heiligen Jerusalem<.«
    »Und die … die Dame?« fragte ich.
    »Ich wüßte gern, weshalb du dich für solche Leute interessierst«, brummte Emerson. »Ein scheinheiliger Priester und eine dumme Modepuppe! Ich bin froh, daß ich nichts mit ihnen zu tun habe!«
    Eigentlich hatte ich meine Frage an Mr. Wilberforce gerichtet, weil er offenbar in der Lage war, meine Neugier zu befriedigen. »Sie ist die Baronin von Hohensteinbauergrunewald. Eine bayerische Familie, die sogar mit den Wittelsbachern verwandt sein soll – zumindest aber ebenso reich.«
    »Ha!« triumphierte Emerson. »Der junge Mann ist ein Mitgiftjäger! Ein scheinheiliger Mitgiftjäger!«
    »Ach, Emerson!« sagte ich. »Sind die beiden verlobt? Sie scheint sehr vertraut mit dem jungen Mann zu sein.«
    »Ich glaube nicht«, sagte Wilberforce lächelnd. »Die Baronin ist Witwe und außerdem um einiges älter … Ich fürchte, Sie tun dem jungen Mann unrecht, Emerson. Jeder, der ihn kennt, spricht voller Hochachtung von ihm.«
    »Ich will ihn weder kennen noch über ihn reden«, verkündete Emerson abschließend. »Sagen Sie, Sayce, können Sie Mrs. Emersons Papyrusstück entziffern?«
    »Der Text ist schwierig«, sagte Sayce langsam. »Aber die Eigennamen kann ich lesen … das sind griechische …«
    »Didymus Thomas«, sagte ich.
    »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Sachkenntnis, Mrs. Emerson. Ich bin sicher, Sie haben auch diese

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