Amelia Peabody 03: Der Mumienschrein
Friedhöfen endgültig abschließen muß.«
»Bruder Ezekiel wird glücklich sein, wenn er das erfährt«, sagte ich, während ich Emerson die Marmelade reichte.
»Ich hoffe nicht, daß er glaubt, ich hätte seinetwegen aufgehört«, sagte Emerson. »Im Gegenteil! Weil er mich so ultimativ zum Aufhören aufgefordert hat, habe ich länger dort gearbeitet, als es nötig gewesen wäre.«
»Wenn es ohnehin noch einige Tage dauert, bevor wir mit den Arbeiten beginnen können, fahre ich am besten sofort nach Kairo.«
»Du willst weg? Ausgerechnet jetzt?« rief Emerson. »Nach diesem mörderischen Überfall auf deinen Sohn?«
»Ich muß, Emerson. Außerdem kann keine Rede davon sein, daß Ramses allein und ungeschützt ist, denn ich kann alles an einem Tag erledigen und abends wieder zurück sein. Ganz nebenbei, ich glaube nicht, daß unser Einbrecher es auf Ramses abgesehen hatte. Es war ein ganz normaler Einbrecher, kein Mörder!«
»Was konnte er in Ramses’ Zimmer schon suchen?«
»Vielleicht hat er sich im Raum geirrt. Oder er wollte in eine der Vorratskammern, die ja größtenteils keine Fenster haben. Oder in den Wohnraum, dessen Tür von Abdullah bewacht wurde.«
»Eine schöne Hilfe war dieser Abdullah«, schnaubte Emerson. »Er muß wie ein Toter geschlafen haben, daß er fast nichts davon mitbekommen hat. Nun gut, mach, was du meinst. Du wirst dich ja ohnehin nicht zurückhalten lassen, aber es sei mir gestattet, deine Absichten anzuzweifeln. Leugne nicht, Amelia, daß du immer noch hinter deinem großen Unbekannten her bist.«
»Wir sollten diesen Aktivitäten wenigstens ein bißchen Aufmerksamkeit schenken, denn wie viele Überfälle wollen wir uns denn noch gefallen lassen?«
Emerson zuckte die Achseln. »Tu, was du für richtig hältst, Amelia. Das werde ich sowieso nicht verhindern können, aber versuche wenigstens, weder entführt noch ermordet zu werden, falls dir das möglich ist.«
Emerson hatte seinen Sohn gefragt, ob er mich begleiten wollte, doch dieser hatte, zu meiner Überraschung, abgelehnt. »Aber wenn du fährft, Mama, kannft du mir ein koptifef Wörterbuch mitbringen, ja? Bitte, Mama!«
»Gibt es das denn überhaupt, Ramses?«
»Ja, Herr Fteindorff hat fie gerade erft heraufgegeben: Koptife Grammatik mit Chreftomathie, Wörterverzeichnif und Literatur. Fallf du daf nicht bekommft, gibt ef noch …«
»Ich werde versuchen, was sich machen läßt«, versprach ich schnell, um mir nicht noch weitere Titel anhören zu müssen.
»Danke, Mama.«
»Wozu brauchst du ein koptisches Wörterbuch?« fragte Emerson.
»Ich kann einige Wörter auf dem Papyruffragment, daf Mama mir gegeben hat, nicht lefen.«
»Das Papyrusfragment! Das ist es!« rief ich. »Ich hatte es bereits wieder vergessen! Gestern erst hat doch Mr. Sayce danach gefragt.«
»Er wird es nicht bekommen«, entschied Emerson.
»Sei doch nicht so gehässig, Emerson. Ich kann mich gar nicht erinnern, was ich mit dem zweiten Stück gemacht habe, das ich in der Nacht nach Abd el Attis Tod gefunden habe.«
»Noch ein Fragment, Mama?« fragte Ramses interessiert.
»Ja, ich glaube, es stammt von demselben Papyrus, aber es ist viel kleiner.«
Gespannt vor Aufregung sah Ramses uns an. »Ich möchte ef gern haben, Mama.«
»Aber ich weiß doch nicht mehr, wo ich es hingeräumt habe.«
»Aber Mama …«
»Wenn du ein lieber Junge bist und deinem Papa folgst, wird Mama dir deine Belohnung geben, sobald sie zurückkommt.«
Als ich mich den zahllosen Buchstapeln gegenübersah, bereute ich schon fast, Ramses mein Versprechen gegeben zu haben. In Kairo ist ein Buchladen keine wohlsortierte Angelegenheit, und es dauert geraume Zeit, bis man das Gewünschte bekommt. Aber nach einigem Suchen hatte ich Erfolg und erstand ein Wörterbuch. Danach begab ich mich schnurstracks zum Basar der Lederhändler und kaufte zwölf Paar Pantoffeln, je zwei für Ramses, Emerson und mich und sechs für den Löwen. Und dann, wirklich erst dann, lenkte ich meine Schritte zum Khân Kalîli.
Abd el Attis Geschäft war geschlossen und mit Läden verrammelt. Niemand antwortete auf mein Klopfen, und auch an der Hintertür hatte ich keinen Erfolg. Etwas enttäuscht drehte ich mich um und wollte schon zum Geschäft von Mr. Aslimi an der Muski gehen, als mir plötzlich ein guter Gedanke kam. Ich ging am Brunnen vorbei weiter in den Basar hinein.
Kriticas ist einer der bekanntesten Antiquitätenhändler Kairos und einer von Abd el Attis Konkurrenten,
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