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Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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kannst du nur …«
    An diesem Punkt ging uns die Luft aus, und wir mußten innehalten, um Atem zu schöpfen. Dann sagte Emerson fröhlich: »Du hattest ganz recht, Peabody. An diese Kiste erinnere ich mich, denn sie enthält einen neuen Teekessel, den ich in den Souks gekauft habe. Mir war eingefallen, daß der Kessel vom Vorjahr ziemlich verbeult war, nachdem ich damit eine Kobra erschlagen hatte.«
    »Wie klug von dir, daran zu denken, Emerson. Ich gebe zu, daß mir der Zwischenfall mit der Kobra völlig entfallen war. Was ist denn in der anderen Kiste?«
    »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht enthält sie ein paar Sachen, die Abdullah für uns aus Mazghunah mitgebracht hat.«
    Er hatte sein Taschenmesser hervorgeholt und durchtrennte gerade die Schnüre um den Karton, der den Teekessel enthielt. Die Händler in den Basaren kannten nur zwei Verpackungsformen – entweder gar keine Kordel, so daß das Paket schon während des Transports auseinanderfiel, oder Unmengen dicker Schnüre, selbst wenn das Päckchen nur ein paar Meter weit befördert werden mußte. Die von mir gerade begutachtete Verpackung entsprach der zweiten Variante, und ich mußte mir deshalb Emersons Messer ausleihen.
    Er packte den Kessel sowie mehrere Töpfe und Pfannen aus und drehte sich um, um sie auf den Tisch zu stellen.
    »Emerson«, sagte ich. »Sieh dir das an.«
    Augenblicklich war Emerson an meiner Seite. Er kennt jede Tonlage meiner Stimme, und in diesem Fall hatten die wenigen Worte meine plötzliche Erregung mit einschneidender Intensität wiedergegeben.
    »Was ist das, Peabody?« Er blickte in die Kiste. Ich hatte die oberste Strohschicht entfernt. Die geschwungenen Wände des Gefäßes, das darin lag, glänzten matt im Schein der Laterne.
    Emerson griff danach. Mit einem Aufschrei hielt ich seinen Arm und zog ihn fort. »Nein, Emerson! Sieh dich vor!«
    »Warum zum Teufel, Peabody. Das ist doch nur ein alter Topf. Ein Topf aus …« Er hielt den Atem an. »Silber?«
    »Es ist nicht das Gefäß als solches, wovor ich Angst habe, sondern was vielleicht noch in dem Stroh verborgen sein könnte. Ein Skorpion, eine Schlange, eine giftige Spinne … Wo sind deine Handschuhe – die dicken Arbeitshandschuhe?«
    Es war wie ein Wunder, denn sie befanden sich wirklich dort, wo er sie vermutet hatte – in den Taschen seines Mantels. Als ich die Handschuhe überstreifen wollte, nahm er sie mir weg und zog sie selbst an. Ich befand mich unter Hochspannung, während er sämtliche Objekte aus der Kiste entfernte. Dann drehte er sie um und verteilte das Verpackungsmaterial auf dem Boden.
    »Keine Spinnen und auch keine Schlangen«, bemerkte er, während er das Stroh mit seinem Stiefel auseinanderpflückte. »Offensichtlich verfügst du über Informationen, die mir nicht bekannt sind, Peabody. Würde es dir etwas ausmachen, mir zu erklären, warum du eine Lieferung giftiger Viecher erwartet hast und wie du in den Besitz dieser scheinbar antiken Gefäße … antike Gefäße … Nein. Nein! Ich kann es nicht fassen. Erklär mir nicht …«
    »Offensichtlich brauche ich dir gar nichts zu erklären«, erwiderte ich. Normalerweise toleriere ich Emersons kleine Temperamentsausbrüche, denn sie sind nichts weiter als eine Laune von ihm. Doch diese Situation war einfach zu ernst für seine Schau. Ehrfurcht und nicht etwa Furcht keimte in mir auf, als spürte ich die Gegenwart von etwas Größerem und Stärkerem, das mir überlegen war. »Das sind tatsächlich die Abendmahlskelche, die aus der Kirche der Sitt Miriam in Dronkeh entwendet wurden. Gestohlen von diesem Schurken, diesem Unhold, diesem entsetzlichen Meister des Bösen, diesem kriminellen Genie …«
    Ich wartete darauf, daß er seinen Widerspruch zu meiner Wortwahl kundtat, aber er war unfähig zu sprechen. Vollkommen aus der Fassung gebracht, starrte er mich mit weit aufgerissenen Augen an, und ich fuhr fort: »Und niemand anderem als – dem Meisterverbrecher!«
4
     
    Emerson hatte die großartigen Abendmahlskelche noch nie gesehen, da er eine tief verwurzelte Abneigung gegen jegliche Form der Religionszugehörigkeit hegt und sich weigert, Kirchen, Moscheen oder Synagogen zu betreten. Von daher mußte er mir Glauben schenken, aber selbst wenn er an meiner Darlegung gezweifelt hätte, hätte ihm diese Schlußfolgerung einleuchten müssen. Die aus der Kirche von Dronkeh entwendeten Gefäße waren wertvolle, jahrhundertealte Kunstschätze. Es konnte nicht viele solcher Kelche geben, die einfach

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