Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx

Titel: Amelia Peabody 04: Im Tal der Sphinx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
Vom Netzwerk:
freundlich voneinander, und ich setzte meinen Weg Richtung Norden nach Gizeh fort, wo ich das Pferd im Mena House zurückließ. Für die Strecke nach Kairo mietete ich mir eine Kutsche. Nachdem ich meine Einkäufe getätigt hatte, traf ich rechtzeitig im Shepheard ein, um ein spätes und, wie ich fand, verdientes Mittagessen einzunehmen.
    Nicht, daß diese Unterbrechung meiner Tagesaktivitäten lediglich der Erbauung und Erholung diente – nein, keineswegs. Mein Hauptanliegen in Kairo harrte noch der Umsetzung, und als ersten Schritt mußte ich herausfinden, was die informierte Öffentlichkeit über den Mord wußte. Noch bevor ich meine Bestellung aufgab, erklärte ich dem Kellner deshalb, daß ich Mr. Baehler zu sprechen wünschte, selbstverständlich nur, wenn es ihm recht sei.
    Der Speisesaal füllte sich rasch, und ich hatte meinen Spaß daran, die Touristen zu beobachten. Es war ein buntgewürfelter Haufen – beleibte deutsche Wissenschaftler und adrette englische Offiziere, laute amerikanische Damen und kichernde Mädchen in der Obhut gestrenger Mütter. Am Nebentisch war eine Gruppe junger Engländer versammelt, und nach der Vielzahl der in ihre Unterhaltung einfließenden »Ihre Lordschaft« und »Mylord« ließ sich unschwer darauf schließen, daß der blasse, blasiert dreinblickende junge Mann in ihrer Mitte ein Sproß der Aristokratie war. Ihre Bekleidung setzte sich aus einer gewagten Kombination feinsten englischen Zuschnitts und einheimischer Kostümierung zusammen – eine gestreifte seidene Sudeyree oder Weste, kombiniert mit Reithosen, oder eine goldbestickte Aba über einem Jagdanzug aus Tweed. Keiner von ihnen hatte seinen phantasievollen Kopfschmuck – Turbane aus Kaschmir, weiße Seidenschals oder quastengeschmückte Kappen – abgelegt, und einige unter ihnen rauchten Zigarren, obwohl sich Damen in ihrer Gesellschaft befanden.
    Ich schämte mich für meine Landsleute, doch nachdem sie schließlich aufgebrochen waren, tröstete ich mich mit dem Gedanken, daß schlechtes Benehmen in jeder Nation vorkommt. Kurze Zeit später betrat eine ältere Amerikanerin den Speisesaal, die mit ihrer durchdringenden Stimme und ihren lauten Kommentaren sämtliche Blicke auf sich zog. Sie befand sich in Begleitung einer pummeligen, schüchternen Frau, vermutlich ihrer Zofe oder Reisebegleiterin, und eines jungen Mannes, dessen Arm sie eher wie eine Gefängniswärterin an sich gepreßt hielt, statt sich wie eine hilfebedürftige, betagte Dame darauf zu stützen. Sie war groß und beleibt, und ihr ausladendes schwarzes Kleid sowie der Schleier waren bereits viele Jahre aus der Mode. Ihr altertümliches Hütchen war mit winzigen Perlen bestickt, von denen bei jedem ihrer dröhnenden Schritte einige zu Boden prasselten.
    Aus der Schnelligkeit, mit der der Oberkellner auf sie zuschoß, schloß ich, daß sie entweder sehr wohlhabend oder sehr einflußreich sein mußte. Für seine Bemühungen erhielt er wenig Dank. Die alte Dame lehnte den ersten, ihr angebotenen Tisch ab und deutete auf einen, der näher am Fenster – und damit zufällig in meiner Nähe – stand. Dann kritisierte sie die Sauberkeit des Silberbestecks, die Raumtemperatur und die Ungeschicklichkeit ihrer Begleiter – und das alles in ohrenbetäubender Lautstärke. Als ihr Blick auf mich fiel, brüllte sie: »Ja, Sie sind doch meiner Meinung, Ma’am, oder etwa nicht?«
    Ich wandte ihr den Rücken und mich wieder meiner Suppe sowie dem Buch zu, das ich mitgebracht hatte – die Neuübersetzung von Herrn Ermans anregender Betrachtung über das Leben im alten Ägypten. Während ich mit den glücklichen Bauern durch die Gerstenfelder streifte, war ich bald so vertieft, daß mich Mr. Baehler an der Schulter rütteln mußte, um auf sich aufmerksam zu machen.
    Zum ersten Mal erwies sich das Gespräch mit diesem angenehmen Menschen, der normalerweise jeden Klatsch über die Ausländergemeinschaft Kairos kennt, als reine Zeitverschwendung. Er wußte nicht mehr als ich – in der Tat sogar noch weniger –, da er mich darüber informierte, daß Miss Debenhams Aufenthaltsort unbekannt sei. Ihr Verlobter sei eingetroffen …
    »Ihr was?« entfuhr es mir.
    Ich bin sicher, daß ich nicht übermäßig laut wurde, und doch wurde die Unterhaltung im Speisesaal aus unerfindlichen Gründen genau in diesem Augenblick unterbrochen. Die ältere Amerikanerin rief: »Um was geht’s, Ma’am? He, worum handelt es sich?«
    »Ihr zukünftiger Ehemann«, meinte Baehler

Weitere Kostenlose Bücher