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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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immer sein Wunsch gewesen sei, einen berühmten Detektiv bei der Arbeit zu beobachten.
    Allerdings erwiesen sich unsere Nachforschungen als ergebnislos. Einmal im dritten ägyptischen Ausstellungsraum angelangt, hätten dem Fliehenden mehrere Fluchtwege offengestanden: über die westlichen Galerien im Obergeschoß zur Haupttreppe oder über die Hintertreppe ins Erdgeschoß und zum Ausgang. Keiner der Aufseher hatte jemanden mit einem großen Paket bemerkt oder – so meine Schlußfolgerung – eine ungewöhnlich unförmige Gestalt.
    Seine Lordschaft war recht einsilbig, beobachtete jedoch jeden Schritt Emersons. Er wirkte zugänglicher und weniger blasiert, und die wenigen von ihm gemachten Vorschläge zeugten von scharfer Intelligenz. Emerson gelingt es immer wieder, das Beste aus seinen Verbündeten herauszuholen – wenn auch nur vorübergehend.
    Als wir mit Seiner Lordschaft im Schlepptau den Haupteingang erreichten, strömten die letzten Besucher aus dem Museum, und die Aufseher wollten gerade schließen. Emerson kannte viele der Aufseher persönlich; während er sich mit ihnen unterhielt und ihrem Erinnerungsvermögen auf die Sprünge zu helfen versuchte, löste sich ein junger Mann von einer Säule, an der er gelehnt hatte, und schlenderte auf uns zu.
    »Da bist du ja endlich«, säuselte er mit affektierter Stimme. »Du warst verflucht lange weg, Jack. Ich vergehe vor Langeweile.«
    »Deine Bequemlichkeit war ein Fehler, Ned«, erwiderte Seine Lordschaft. »Du hast das Aufregendste verpaßt.«
    »Tatsächlich?« Der junge Mann nahm seinen Spazierstock wie einen Beißring in den Mund und musterte uns gelangweilt.
    Umgehend folgerte ich, daß der affektierte junge Mann der Graf von Liverpool sein mußte, was sich bewahrheitete. Seine Lordschaft machte uns ausgesprochen höflich miteinander bekannt und fügte hinzu: »Professor und Mrs. Emerson sind die berühmten Detektive auf dem Sektor der Archäologie, von denen ich dir bereits erzählt habe, Ned. Und ich hatte gerade das überaus interessante Vergnügen, die beiden bei ihrer Ermittlungsarbeit zu beobachten.«
    Emersons Gesicht verdunkelte sich bei dieser Bemerkung, die sicherlich einen Anflug von Sarkasmus enthielt. Der Graf kicherte. »Bei meinem Wort, stimmt das wirklich?«
    Obwohl er noch geckenhafter und eleganter gekleidet war als sein Freund, riesige Diamanten an seiner Krawatte und seinen Fingern funkelten, war er im Gegensatz zu Seiner Lordschaft ungewöhnlich hager und hohlwangig. Seine Gesichtsfarbe war von einem ungesunden Gelb, und wenn er lachte, entblößte er so ungepflegte, kariöse Zähne wie die eines alten Mannes.
    »Wir sind keine Detektive, Lord Liverpool, sondern Archäologen«, korrigierte ich. »Wir haben den Sarkophag begutachtet, den Ihr verblichener Vater dem Museum stiftete. Eine überaus großzügige Geste, auch wenn ich sagen muß, daß das Resultat bedauerlich ist.«
    »Stimmt das? Ah … ja, vermutlich schon. Eine Schande. Der arme alte Gouverneur wäre … äh … mächtig überrascht …«
    »Und empört«, meinte Lord St. John leise.
    »Ah … ja. Sicherlich.« Der Graf saugte an seinem Spazierstockknauf und starrte mich an. »Mrs. Emerson … Sie sind doch die Dame, die diese … äh … diese Mumien ausgräbt, nicht wahr? Scheint mir … äh … eine verrückte Idee, was?«
    »Du beliebst zu scherzen, Ned.« Seine Lordschaft packte seinen Freund am Arm. »Mrs. Emerson ist eine überaus renommierte Wissenschaftlerin. Vielleicht würde es dir gefallen, sie zu einem Besuch auf Mauldy Manor einzuladen, um die Sammlung deines Vaters zu besichtigen?«
    »Äh … was? Ah, ja.« Der Graf grinste schwach. »Jede Menge davon … Mumien und … nein, keine Mumien, das war ein Einzelstück des Gouverneurs … Fläschchen und Statuen und dergleichen. Sie sind herzlich willkommen. Jederzeit.«
    »Keine Zeit«, knurrte Emerson, bevor ich mich für die Einladung bedanken konnte – sofern es denn eine war. »Wir haben keine Zeit für solche Dinge. Nett gemeint von Ihnen, nehme ich an, aber wir haben Besseres zu tun.«
    »Oh, ich bin sicher, daß Sie und Mrs. Emerson auf Mauldy Manor interessante Stücke finden würden«, sagte Seine Lordschaft.
    »Sicher, sicher«, pflichtete ihm der Graf mit einem weiteren, gelangweilten Kichern bei.
    Emersons Geduld neigte sich dem Ende zu. Nach einer schroffen Verabschiedung zerrte er mich fort.
    Eine schwere, dunkle Wolkendecke lag über der Stadt. Ein schmaler violetter Streifen am Horizont war der

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