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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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ausfragte. Riesige Mengen von Speisen und Getränken wurden mir aufgenötigt. Obwohl ich aus Angst, unhöflich zu erscheinen, mein Bestes tat, hatte ich keine Chance, mit den Eßgewohnheiten der Königin und ihrer Damen mitzuhalten. Mein mangelnder Appetit machte Ihrer Majestät Sorgen. Nachdem sie mich in Arm und Schulter gekniffen hatte, schüttelte sie mitleidig den Kopf. Was für ein … mußte mein Gatte sein, mich so hungern zu lassen!
    Da mir keine Antwort einfiel, die Emersons Ehre wiederhergestellt hätte, ohne Ihre Majestät zu beleidigen, ließ ich lächelnd meine Muskeln spielen, um meine strotzende Gesundheit und mein Wohlbefinden unter Beweis zu stellen. Dies erwies sich als willkommene Ablenkung, denn die Königin wandte ihre Aufmerksamkeit nunmehr meiner Kleidung zu. Jeden Ausrüstungsgegenstand an meinem Gürtel mußte ich vorzeigen und seinen Zweck erläutern. Die Hofdamen umringten mich und lauschten atemlos meinen Worten. Auch mein Sonnenschirm war eine große Attraktion; sie wußten, wozu er gut war, denn auch sie besaßen verschiedene Schutzvorrichtungen gegen die Sonne, doch der Mechanismus begeisterte sie. Ich mußte den Schirm etwa ein dutzendmal auf- und zuklappen, ehe sie genug davon hatten.
    Ich spielte mit dem Gedanken, ihn der Königin zu überreichen, doch ich beschloß, daß es zu gefährlich war, sich von einer möglichen Waffe zu trennen. Als sie sich ein kunstvoll verziertes Goldarmband vom Handgelenk nahm, es mir gab und mir bedeutete, daß die Audienz vorüber sei (ich konnte das Schmuckstück bis an die Schulter hinaufschieben, wo es immer noch locker saß), schenkte ich ihr statt dessen mein Nähetui. Es war kein großer Verlust für mich und kam ausgesprochen gut an. Die Damen hatten die zierlichen schimmernden Nadeln und die dünnen, bunten Garne bereits bewundert. Und als ich mich mit einer Verbeugung entfernte, sah ich, wie eine der Damen sich, angestrengt die Augen zusammenkneifend, über eine Nadel beugte und versuchte, einen Faden einzufädeln, während die Königin, übers ganze Gesicht strahlend, ihren kleinen Finger in den Fingerhut zwängte.
    Der Rückweg zu Fuß brachte mir ein wenig Erleichterung, denn ich hatte allzu reichlich den Süßigkeiten zugesprochen. Auch beim Anblick des gedeckten Mittagstisches erwachte mein Appetit nicht, und die Gegenwart meines Gatten stellte ohnehin eine viel angenehmere Zerstreuung dar. Als er mich wegen meiner langen Abwesenheit schalt, klang seine Stimme sehr fröhlich, woraus ich schloß, daß er etwas Interessantes erfahren haben mußte. Allerdings hatte er es nicht eilig, mir selbiges mitzuteilen, rückte mir statt dessen einen Stuhl zurecht und fragte, wie ich den Vormittag zugebracht hätte.
    »Ich habe gegessen«, antwortete ich, wobei ich ein unschickliches Geräusch der Übersättigung unterdrückte. »Ich glaube, ich kann keinen Bissen mehr herunterbringen.«
    »Ich auch nicht.« Angewidert beäugte Emerson die Schalen mit Eintopf und frischem Obst. »Murtek war ein sehr aufmerksamer Gastgeber. Hast du der Hohepriesterin deine Aufwartung gemacht, Peabody?«
    Ich erklärte ihm alles. »Emerson, du hättest die Königin sehen sollen«, fuhr ich fort. »Abgesehen davon, daß sie hübscher ist, gleicht sie der Königin von Punt aus den Reliefs im Hatschepsut-Tempel wie ein Ei dem anderen! Du erinnerst dich doch an sie: eine riesige, beleibte Gestalt neben einem winzigen Esel.«
    »Einer der vielen Hinweise darauf, daß die alten Ägypter Sinn für Humor hatten«, meinte Emerson grinsend. »Die weiblichen Mitglieder des meroitischen Königshauses waren genauso gebaut. Also hältst du Ihre Majestät nicht für eine Agrippina oder Roxelana?«
    Obwohl seine Anspielung auf die beiden ehrgeizigen Königsmütter aus Rom und der Türkei für unsere Diener unverständlich war, begriff ich natürlich sofort, worauf er hinauswollte. »Nein. Es ist mir gelungen, ihr einige Fragen zu ihrem Sohn und der Thronfolge zu stellen. Aber sie antwortete nur, der Gott werde entscheiden. Und ich könnte schwören, daß sie das ehrlich meinte. Wie du weißt, bin ich eine ausgezeichnete Menschenkennerin …«
    »Hmmm«, brummte Emerson.
    »Weiterhin ist sie wahrscheinlich wegen ihrer außergewöhnlichen Korpulenz überhaupt nicht zu geistigen und körperlichen Anstrengungen in der Lage«, sprach ich weiter, denn mir war etwas Neues eingefallen. »Ich frage mich, ob das die Erklärung für den Leibesumfang der Damen des meroitischen Königshauses ist.

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