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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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unangenehmen Angewohnheit. Schon wieder ein vermaledeiter Adliger!«
    Walter konnte sich ein Kichern nicht verkneifen, und ich muß zugeben, daß auch ich ein wenig amüsiert war. Emerson klang wie ein fanatischer Jakobiner, der die verhaßten Aristokraten am liebsten auf dem Schafott gesehen hätte.
    Mr. Forthright blickte Emerson verängstigt an.
    »Ich werde mich so kurz wie möglich fassen«, fing er an.
    »Gut«, entgegnete Emerson.
    »Äh … aber ich befürchte, ich werde Ihnen einige Hintergrundinformationen nicht vorenthalten können, damit Sie verstehen, in welchen Schwierigkeiten ich stecke.«
    »Verdammt«, sagte Emerson.
    »Mein … mein Großvater hatte zwei Söhne.«
    »Zum Teufel mit ihm«, brummte Emerson.
    »Äh … mein Vater war der jüngere. Sein älterer Bruder, selbstverständlich der Erbe, hieß Willoughby Forth.«
    »Willie Forth, der Entdecker?« wiederholte Emerson. Sein Tonfall hatte sich schlagartig geändert. » Sie sind sein Neffe? Aber Ihr Name …«
    »Mein Vater heiratete eine Miss Wright, die einzige Tochter eines reichen Kaufmanns. Auf Wunsch seines Schwiegervaters fügte er den Namen Wright seinem eigenen hinzu. Da die meisten Menschen diesen Doppelnamen ohnehin als ein Wort verstehen, erschien es mir einfacher, diese Version zu übernehmen.«
    »Wie entgegenkommend von Ihnen«, meinte Emerson. »Sie ähneln Ihrem Onkel in keinster Weise, Mr. Forthright. Sie können ihm nicht das Wasser reichen.«
    »Der Name kommt mir bekannt vor«, mischte ich mich ein. »War er derjenige, der endgültig nachgewiesen hat, daß der Weiße Nil im Viktoriasee entspringt?«
    »Nein. Er klammerte sich stur an die Auffassung, der Lualabafluß sei Teil des Nils, bis Stanley ihn widerlegte. Er segelte tatsächlich den Lualaba bis zum Kongo und von da aus zum Atlantik hinunter.« Willoughby Forths Neffe lächelte spöttisch.
    »Leider wiederholten sich solche traurigen Ereignisse in seinem Leben immer wieder. Er war stets einige Monate zu spät dran oder irrte sich um ein paar hundert Meilen. Sein größter Wunsch war es, als großer Entdecker in die Geschichte einzugehen – was er dabei entdeckte, war Nebensache. Allerdings ging dieser Wunsch nie in Erfüllung.«
    »Und er kostete ihn das Leben«, ergänzte Emerson nachdenklich. »Das seiner Frau ebenfalls. Sie sind vor zehn Jahren im Sudan verschollen.«
    »Vor vierzehn Jahren, um genau zu sein.« Forthright fuhr zusammen. »Ist da jemand an der Tür?«
    »Ich habe nichts gehört.« Emerson musterte ihn prüfend. »Oder habe ich heute abend etwa mit einem zweiten unerwarteten Besucher zu rechnen?«
    »Das befürchte ich. Aber lassen Sie mich bitte fortfahren. Sie müssen meine Geschichte hören, ehe …«
    »Mr. Forthright, die Entscheidung darüber, was in meinem Haus getan oder nicht getan wird, überlassen Sie bitte mir«, sagte Emerson. »Ich bin kein Freund von Überraschungen und ziehe es vor, wenn meine Gäste sich ankündigen, besonders wenn es sich dabei um Adlige handelt. Erwarten Sie Ihren Großvater?«
    »Ja. Bitte, Herr Professor, so lassen Sie mich doch erklären. Onkel Willoughby war immer sein Lieblingssohn. Er teilte nicht nur Großvaters Interesse an der Archäologie und Geographie, sondern verfügte auch über die Körperkraft und den Mut, die seinem jüngeren Bruder fehlten. Mein armer, lieber Vater war immer recht schwächlich …«
    An Emersons Gesichtsausdruck erkannte ich, daß er im Begriff war, etwas Unhöfliches zu sagen. Also schaltete ich mich ein. »Kommen Sie auf den Punkt, Mr. Forthright.«
    »Was? Ach, ja. Verzeihen Sie bitte. Großvater hat sich nie damit abgefunden, daß sein geliebter Sohn nicht mehr am Leben ist. Aber er muß tot sein, Herr Professor! Sonst hätten wir doch schon längst eine Nachricht von ihm erhalten.«
    »Allerdings hat Ihnen auch niemand Mitteilung von seinem Tod gemacht«, wandte Emerson ein.
    Forthright vollführte eine wegwerfende Handbewegung. »Wie denn? Im Dschungel und in der Wüste gibt es keine Telegrafenämter. Juristisch gesehen hätte man meinen Onkel und seine arme Gattin bereits vor Jahren für tot erklären lassen können. Doch mein Großvater weigert sich, diesen Schritt zu unternehmen. Nach dem Tod meines Vaters im letzten Jahr …«
    »Aha«, meinte Emerson. »Jetzt kommen wir der Sache ein wenig näher. Solange Ihr Onkel nicht offiziell für tot erklärt ist, sind Sie nicht der rechtmäßige Erbe Ihres Großvaters.«
    Der junge Mann wich Emersons höhnischem Blick nicht aus.

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