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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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gewillt, ihm zur Hilfe zu eilen. Wohin sollte dieser Abenteurer reisen? Jemand, der um Hilfe bittet, sollte zumindest eine Wegbeschreibung beilegen.«
    »Genau das«, meinte mein Gatte, »wollte ich auch gerade sagen, Amelia.«
    Der alte Mann grinste. »Da ist noch etwas in dem Umschlag, Herr Professor. Nehmen Sie es bitte heraus.«
    Die Anlage war weniger mysteriös als das eigentliche Schreiben. Sie bestand nur aus einem Blatt gewöhnlichen Papier, das einige Male gefaltet war. Allerdings löste es bei Emerson eine bemerkenswerte Reaktion aus. Er stand da und starrte die Seite so entrüstet an, als handle es ich um eine Morddrohung (wie ich hinzufügen möchte, ein Genre der Korrespondenz, das ihm nicht fremd war). Ich sprang auf und nahm ihm das Papier aus der Hand. Es war vergilbt, staubig und abgegriffen. Der Text darauf war in Englisch abgefaßt, und zwar in einer Schrift, die mir so vertraut war wie meine eigene.
    »Das sieht aus wie eine Seite aus einem deiner Notizbücher, Emerson!« rief ich aus. »Wie zum Teufel ist es in Ihre Hände geraten, Lord Blacktower?«
    »Der Umschlag samt Inhalt lag auf der Schwelle meines Hauses am Berkeley Square. Mein Butler gab zu, er habe mit dem Gedanken gespielt, ihn in den Müll zu werfen. Glücklicherweise tat er es nicht.«
    »Es ist also nicht mit der Post gekommen«, murmelte Emerson und untersuchte den Umschlag. »Demzufolge muß ein Bote den Brief gebracht haben. Wer war es? Warum sprach er nicht bei Ihnen vor und verlangte eine Belohnung?«
    »Das weiß ich nicht, und es ist mir auch einerlei«, antwortete der alte Mann gereizt. »Die Schrift auf dem Kuvert ist die meines Sohnes. Ebenfalls die Schrift auf dem Papyrus. Welche Beweise brauchen Sie denn noch?«
    »Jeder, der Ihren Sohn kannte und einmal einen Brief von ihm erhielt, hätte seine Handschrift fälschen können«, wandte ich freundlich, aber mit Nachdruck ein. »Mich interessiert viel mehr, wie der Betreffende an eine Seite aus dem Notizbuch meines Mannes kommt. Und ich verstehe nicht, in welchem Zusammenhang sie mit Mr. Forths Verschwinden steht.«
    »Drehen Sie das Blatt um«, antwortete Lord Blacktower.
    Ich kam der Aufforderung nach. Auf den ersten Blick sahen die ausgeblichenen Linien aus wie das willkürliche Gekritzel eines kleinen Kindes. Lord Blacktowers Kehle entstieg ein gräßliches, kratzendes Geräusch. Ich nahm an, es handelte sich um ein Lachen.
    »Erinnern Sie sich jetzt, Professor Emerson? Stammt diese Karte von Ihnen oder von meinem Sohn?«
    »Karte?« wiederholte ich, während ich das Gekritzel einer gründlicheren Prüfung unterzog.
    »Ich erinnere mich«, meinte Emerson zögernd. »Und unter den gegebenen Umständen – vor allem angesichts der Leiden eines trauernden Vaters – werde ich eine Ausnahme von meiner Regel machen, die da lautet, nicht auf die unverschämten Fragen von Fremden zu antworten.« Ich räusperte mich tadelnd, denn Emersons Tonfall – insbesondere, als er die Leiden eines trauernden Vaters erwähnte – ließ seine Ansprache unhöflicher klingen, als es der gedruckte Wortlaut verrät. Doch Blacktower grinste nur.
    »Das ist keine Karte«, sagte Emerson. »Sondern ein Hirngespinst – Fiktion. Dieses Geschmier kann uns keine Hinweise auf das Schicksal Ihres Sohnes liefern. Jemand erlaubt sich einen grausamen Scherz mit Ihnen, Lord Blacktower. Vielleicht plant dieser Jemand auch, Sie übers Ohr zu hauen.«
    »Genau das habe ich meinem Großvater auch gesagt, Herr Professor!« rief Mr. Forthright aus.
    »Dummkopf!« fauchte Blacktower. »Ich würde mich nie von einem Betrüger hinters Licht führen lassen …«
    »Da wäre ich mir nicht so sicher«, unterbrach Emerson. »Ich sah Slatin Pascha im Jahr 1895, nachdem er elf Jahre des Hungers und der Folter in Khalifas Gefangenschaft überstanden hatte. Und ich habe ihn nicht erkannt; seine eigene Mutter hätte ihn nicht erkannt. Wie dem auch sei, an diese Art Betrug habe ich nicht gedacht. Welche Summe wollten Sie mir für Organisation und Ausrüstung einer Rettungsexpedition zur Verfügung stellen?«
    »Aber Sie wollten sich doch nicht bestechen lassen, Herr Professor.«
    »Das will ich immer noch nicht«, gab Emerson zurück. »Ach, zum Teufel! Es hat keinen Sinn, daß ich Ihnen etwas rate, denn Sie würden meinen Rat sowieso in den Wind schlagen. Wie meine Familie Ihnen bestätigen wird, Lord Blacktower, bin ich ein äußerst geduldiger Mensch, doch meine Geduld ist langsam zu Ende. Leben Sie wohl.«
    Mühsam

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