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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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Diener schon dreimal wieder eingeräumt hatten, verlor Amenit die Geduld und schrie sie an. Da sie ihren Befehlen nicht gehorchten, stürmte sie hinaus und blieb einige Zeit weg. Während ihrer Abwesenheit lief einer der Männer plötzlich in den Garten und kletterte über die Mauer. Wahrscheinlich wären die übrigen seinem Beispiel gefolgt, hätten sie nicht kurz darauf eine Reihe sehr unangenehmer Geräusche vernommen. Falls ich noch Zweifel darüber gehabt hätte, daß das Haus gut bewacht wurde, sie wären in diesem Moment verflogen.
    Ich wandte mich an den Mann neben mir. Als er die Schreie, das Krachen und das Stöhnen jenseits der Mauer hörte, nahm sein Gesicht eine kränklich fahle Färbung an. »Belohnt dein Herr so seine treuen Diener?« fragte ich leise. »Wird so Gerechtigkeit geübt (ma’at; wörtl.: Wahrheit, richtiges Verhalten)? Was wird er euren Frauen und Kindern antun, wenn ihr …?«
    Doch an dieser Stelle packte Emerson mich am Arm und zog mich weg. »Mein Gott, Peabody. Wir stecken bis zum Hals in Schwierigkeiten, auch ohne daß du Aufruhr stiftest!«
    »Ein kleiner Same des Aufruhrs könnte reiche Früchte tragen«, erwiderte ich. »Es war einen Versuch wert.«
    Als Amenit zurückkam, wurde sie von einem Trupp Soldaten begleitet, die ihre Waffenbrüder mittels Schubsern und Schlägen überredeten, sich zurückzuziehen. Der Soldat, den ich angesprochen hatte, warf mir einen kläglichen Blick zu. Ich erwiderte das mit einem Nicken und hielt aufmunternd die Daumen hoch. Das schien ihn sehr zu überraschen. Hoffentlich galt diese Geste hierzulande nicht als anzüglich.
    Als die letzten Diener aus ihren Verstecken in irgendwelchen abgelegenen Kammern geholt worden waren, dämmerte schon der Abend. Ramses unterhielt sich im Garten mit der Katze, die sich offenbar von den Wachen jenseits der Mauer nicht daran hindern ließ, zu kommen und zu gehen, wie es ihr beliebte. Bedrückt wie eine ganz normale Hausfrau betrachtete Amenit die Wäsche, die die Soldaten zerknittert hatten (ein glücklicher Zufall für uns, denn die Kleider, die wir bei unserem zweiten nächtlichen Ausflug getragen hatten, befanden sich darunter). Sie schien in nachdenklicher Stimmung, und die Gelegenheit schien mir günstig. Ich näherte mich ihr.
    »Gibt es etwas Neues?« flüsterte ich.
    Achselzuckend warf sie die zerknüllten Gewänder zurück in die Truhe. »Woher soll ich das wissen? Ich bin genauso Gefangene wie Ihr. Er vertraut mir nicht.«
    »Euer Bruder Nastasen?«
    Bejahend nickte sie mit dem verschleierten Kopf. Ich lächelte in mich hinein. Sie hatte den ersten Fehler begangen, indem sie eine Verwandtschaft eingestand, die ich bis dahin nur vermutet hatte. Allerdings war der Schluß logisch gewesen. Mentarit und Amenit, Tarek und Nastasen, sie alle waren Kinder des verstorbenen Königs und deshalb Geschwister oder Halbgeschwister. Wie Emerson einmal scherzhaft bemerkt hatte, hielt die Familie eng zusammen, obwohl einige von ihnen einander die Zuneigung und Treue schuldig blieben, die man von Geschwistern eigentlich hätte erwarten können. Aber ich habe genügend sogenannte zivilisierte Familien kennengelernt, die an einem ähnlichen Manko litten.
    »Was haben sie mit Reggie gemacht?« fragte ich. »Hat man Euch zu ihm gelassen?«
    »Wie hätte ich darum bitten oder um sein Leben flehen können? Wenn mein Bruder erführe, daß ich ihm bei der Flucht helfen wollte, wäre der Tod mir gewiß.«
    Ich verfluchte die Schleier, die ihr Gesicht verbargen, denn dieses verrät häufig die Gefühle, die Worte verbergen können. Ihre Stimme jedenfalls klang nicht überzeugend, sondern so eintönig und unbewegt, als sage sie etwas Auswendiggelerntes herunter.
    »Schade«, meinte ich. »Du wärst mit ihm in der großen Welt da draußen sehr glücklich geworden.«
    Ich hatte es aufs Geratewohl versucht und ins Schwarze getroffen. Aufgeregt wandte sie sich zu mir um und rang die Hände. »Er sagte, in Eurer Welt herrschen die Frauen. Sie tragen wunderschöne Kleider in Scharlachrot, Gold und Blau, so weich wie die Schwingen eines Vogels und mit funkelnden Juwelen besetzt.«
    »Aber natürlich«, antwortete ich.
    Eine Hand tauchte aus ihren Gewändern auf und zupfte abfällig an meinem Ärmel. »Eure Kleider sind nicht weich und schimmernd.«
    »Doch, ich habe solche Kleider zu Hause. Würdet Ihr auf einer langen und beschwerlichen Reise schöne Kleider und Schmuck tragen?«
    »Nein … Und ist es wahr, was er mir erzählt hat? Daß

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