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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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haben, mit meiner königlichen Hand töten.«
    »Das nützt mir viel!« rief ich aus. »Und jetzt wollen wir alle aufhören zu schreien und uns beruhigen. Ein Mensch kann nicht einfach verschwinden. Bestimmt hat jemand etwas beobachtet! Wer könnte ihn entführt haben? Denn ich glaube nicht, daß er freiwillig fortgegangen ist, ohne mir Bescheid zu sagen.«
    »Nicht alle Anhänger meines Bruders wurden getötet«, sagte Tarek langsam. »Und sie werden einen Weg suchen, sich an mir zu rächen: Sie haben allen Grund, den Vater der Flüche zu hassen.«
    »Vielleicht haben sie auch Reggie verschleppt!« fiel mir plötzlich ein. »Nicht, daß mich sein Schicksal sonderlich interessiert … Murtek! Wo habt Ihr Euch versteckt?«
    Der ehrenwerte Priester kam auf uns zu, wobei er vorsichtig über die Leichen hinwegstieg und die Röcke raffte, damit sie nicht in den Blutlachen schleiften. »Hinter dem Thron«, erwiderte er ohne eine Spur von Verlegenheit. »Ich kämpfe nicht mit dem Schwert. Nun, da mein Prinz gewonnen hat, bin ich gekommen, um ihm zu huldigen. Heil dir, mächtiger Horus, Herrscher des …«
    »Schon gut. Ihr hattet einen ausgezeichneten Beobachtungsposten und müßt etwas gesehen haben. Was ist mit dem Vater der Flüche geschehen?«
    Murtek wich meinem Blick aus. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich habe nichts …«
    »Euer Gesicht verrät Euch!« rief ich aus und schwenkte meinen Sonnenschirm. »Was habt Ihr gesehen?«
    »Sprecht!« befahl Tarek streng. »Ihr seid mein Freund und mein treuer Anhänger, aber wenn Ihr etwas über den Vater der Flüche wißt und schweigt, werde ich Euch nicht vor der Frau beschützen, die tobt wie eine Löwin, wenn ihr Junges in Gefahr ist.«
    Murtek schluckte. »Ich sah … ich sah Heneshems Wachen eine Sänfte in den Tempel tragen. Die Gestalt darauf war bedeckt, auch ihr Gesicht, wie bei einer Leiche, die man zum Einbalsamieren bringt. Die >Hand< … die >Hand< ging daneben her.«
    Wieder dieser seltsame Titel, den Emerson und ich nicht verstanden hatten. Ich weiß nicht, warum mich die Erkenntnis gerade in diesem Augenblick traf wie ein Blitzschlag. Vielleicht wurde mein Verstand von der Todesangst geschärft. Im Laufe vieler Jahrhunderte hatte sich die Aussprache des Wortes verwaschen, und man hatte die einzelnen Silben zusammengezogen. Aber dennoch war es – daran bestand kein Zweifel – der alte Titel der Hohepriesterin Amons, die unter den Pharaonen der neuen Dynastie in Theben regierte. Hatte der große kuschitische Eroberer Piankhi nicht die damalige Hohepriesterin gezwungen, seine Tochter zu adoptieren, um seinen Anspruch auf den ägyptischen Thron zu stärken?
    »Hem netcher Amon«, wiederholte ich, indem ich die Worte auf die moderne, stilisierte Weise aussprach. »Wie konnte ich nur so blind sein? Es war auch der Titel der Königin und wies, wie ich schon immer gesagt habe, auf ihren Status als Thronerbin hin … Nicht nur wegen ihrer göttlichen Würde, sondern auch wegen ihrer extremen Dickleibigkeit mußte sie Vertreter ernennen, die ihre weltlichen Pflichten übernahmen: die >Hand<, um Verbrecher hinzurichten, die >Stimme<, um ihre Befehle weiterzugehen, die … äh … Konkubine, die leichtgeschürzte Dame, die vor der Statue des Gottes so eindeutige Gesten vollführte … Sie ist die wahre Macht hinter dem Thron, die letztendliche Autorität – die Königin, die Candace –«
    »Nein, Herrin«, widersprach Tarek. »Nein. Ihr versteht nicht.«
    »Ich verstehe lediglich, daß sie meinen Mann entführt hat, und nur das spielt eine Rolle. Bringt mich sofort zu ihr, Tarek.«
    »Ihr könnt nicht … Ihr dürft nicht zu ihr gehen. Wenn Heneshem ihn zu sich genommen hat …«
    »Ihr wollt mir Vorschriften machen?« donnerte ich. »Wie könnt Ihr es wagen, Tarek? Bringt mich sofort zu ihr.«
    Tarek ließ die breiten Schultern hängen. »Ich kann es Euch nicht verweigern, Herrin. Aber vergeßt nicht, wenn Ihr seht, was Ihr sehen werdet, daß ich versucht habe, Euch zu schonen.«
    Selbstverständlich konnte diese geheimnisvolle Warnung meine Entschlossenheit nur steigern, obwohl sie auch einige unangenehme Vorstellungen in mir wachrief. Gab es noch einen schlimmeren Anblick als das Blutbad, das ich heute miterlebt hatte? Ja, den leblosen Körper meines Gatten. (Doch wenn sie vorgehabt hätten, ihn umzubringen, hätte für Feiglinge wie sie ein Stoß in den Rücken genügt, während alle aufmerksam den Kampf der beiden Brüder beobachteten.) Ja, mit

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