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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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–«
    Er verhinderte, daß ich abdrückte, indem er auf die »Hand« zustürzte. Die Speerspitze blitzte auf, als sie auf Emersons Brust zusauste. Doch Emerson duckte sich geschmeidig wie eine Katze und fing die Waffe am Schaft – knapp oberhalb der Klinge – auf. Die »Hand« umklammerte das andere Ende des großen Schafts und versuchte, Emerson den Speer zu entreißen. Hin und her schwankten sie, und keiner konnte den anderen an Kraft übertreffen; der hölzerne Schaft zwischen ihnen sah aus wie ein Seil, gespannt in einem Tauziehen zweier Giganten.
    Ich stieß Ramses in Tareks Arme. »Haltet ihn fest«, befahl ich. Dann umkreiste ich die Kämpfenden und wartete auf eine Gelegenheit, einen Schuß abzufeuern.
    Murtek hatte sich hinter den Vorhängen versteckt, von wo aus er das Schauspiel gebannt und verängstigt beobachtete. Die göttliche Gemahlin (denn so muß ich sie wohl nennen) zitterte so heftig, daß ihre Gewänder ins Flattern gerieten. Sie kreischte Schimpfwörter und Befehle. Als ich mich an ihr vorbeidrängte, streckte sie einen gewaltigen Arm nach mir aus, doch da sie sich so langsam bewegte, konnte ich ihr mühelos ausweichen.
    Emerson schien das Tauziehen zu gewinnen. Die »Hand«, das Gesicht vor Anstrengung und Erstaunen verzerrt, stemmte vergeblich die Füße in den Boden und wurde trotzdem immer näher an seinen übermächtigen Gegner herangezogen. Ich wußte nicht, was Emerson mit ihm anfangen wollte, wenn er ihn erst einmal in seiner Reichweite hatte, doch die »Hand« rechnete offenbar mit dem Schlimmsten. Plötzlich ließ der Mann den Speer los und griff nach dem langen Messer an seinem Gürtel. Emerson taumelte rückwärts, fand aber rasch sein Gleichgewicht wieder und stieß seinem Gegner das stumpfe Ende des Speers mit solcher Wucht in den Bauch, daß die »Hand« nach hinten geschleudert wurde wie ein Stein aus einem Katapult. Krachend prallte er an der Mauer ab und fiel zu Boden.
    »Ein guter Schlag, Papa!« rief Ramses.
    »Ist er tot?« fragte Tarek hoffnungsvoll.
    »Wahrscheinlich nicht.« Emersons Atem ging stoßweise, und das Taschentuch, das ich ihm um den Arm gewickelt hatte, war blutdurchtränkt. »Allmählich wird es lästig. Peabody, mein Liebling, tu mir den Gefallen und steck die Pistole weg, ehe du mich umarmst.«
    Ich hatte vorgehabt, ihn zu umarmen, nicht nur weil das eine meiner liebsten Gewohnheiten ist, sondern weil er wankte. Doch etwas ließ mich erstarren, und dieses Etwas war das Gesicht der bedauernswerten Frau. Es war nicht mehr weiß wie Schnee, sondern puterrot. Und sie kreischte auch nicht mehr zornig. Statt dessen drang ein gräßliches Gurgeln aus ihrem weit aufgerissenen Mund.
    Sie fiel wie ein riesiger Felsbrocken, den man von einer Klippe gestoßen hat – zuerst ganz langsam, dann immer schneller –, und schlug schließlich mit einem scheußlichen dumpfen Geräusch auf dem Boden auf.
    Das Ausmaß dieses Falls hatte etwas von einer Heldentragödie an sich und ließ uns alle einen Augenblick erstarren. Dann flüsterte Emerson: »Mein Gott, ist sie tot?«
    Der Form halber kniete ich neben ihr nieder und fühlte ihr den Puls. Aber ich hatte schon vor ihrem Sturz geahnt, daß sie dem Tod geweiht war. Aus ihrer aufgedunsenen, bläulich verfärbten Fratze starrten mich ihre blauen Augen leer an. Medizinisch betrachtet, war ihr Tod auf die Folgen blinder Wut zurückzuführen, denn seit sie ihren hohen Rang innehatte, war ihr sicherlich noch nie widersprochen worden. Natürlich hatten Überernährung und Bewegungsmangel ihren Körper zusätzlich geschwächt. Allerdings neige ich dazu, ihr Ableben einer anderen, wohlmeinenden Macht zuzuschreiben. »Sie ist von uns gegangen«, sagte ich feierlich. »Angesichts der Umstände ein gnädiges Ende, Emerson.«
    »Wie immer spricht die Herrin weise Worte«, meinte Tarek. »Nur so können ihre Leiden und auch die unseren ein Ende haben, denn Ihr hättet versucht, sie mitzunehmen, während sie darum gekämpft hätte zu bleiben. Aber Nefret darf die Wahrheit nie erfahren.«
    Ich zog einen Zipfel ihres Gewandes über ihr schrecklich verzerrtes Gesicht. »Ihr habt Nefret ebenso belogen wie uns?«
    »Es war keine Lüge, Herrin. Sie ging aus freiem Willen zum Gott und verleugnete, wer sie früher einmal gewesen war. Nefret war ein kleines Mädchen. Warum hätte ich ihr sagen sollen, daß ihre Mutter sich von ihr abgewandt hatte, nachdem sie zweimal versucht hatte, sie zu töten?«
    »Ich habe des öfteren solche Geschichten

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