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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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wie sich Tarek, in dessen Kopfschmuck rote Federn steckten, den Weg zu seinem Bruder freischlug, der sich hinter den Thron geflüchtet hatte. Vor dem Thron, wo Nastasens treue Gefolgsleute einen wilden Ansturm der Aufständischen abwehrten, wogte die Schlacht. Selbst Pesaker hatte sich mit gezücktem Schwert ins Getümmel geworfen.
    Allerdings gab es selbst inmitten der Schreie, des Krachens der Schwerter und des Kampfeslärms einen Hort der Ruhe: den kleinen Pavillon mit den Vorhängen am hinteren Ende des Säulengangs. Denn davor stand Heneshems »Hand« auf seinen Speer gelehnt. Niemand wagte, sich ihm zu nähern. Es war, als seien er und das Gebäude, das er bewachte, von einer unsichtbaren, undurchdringlichen Mauer umgeben.
    Das Gemetzel war fürchterlich. Auf dem Boden wanden sich zuckende Gestalten in Blutlachen. Wer würde siegen? Ich konnte es nicht feststellen. Auf beiden Seiten waren viele tapfere Männer gefallen. Welch tragische, entsetzliche Verschwendung! Von Trauer erfüllt, brannte ich darauf, die Verwundeten zu pflegen und die Witwen und Waisen zu trösten.
    Ich weiß nicht, ob Tarek von demselben edlen Gefühl beseelt wurde oder ob er einfach befürchtete zu unterliegen. Ich hoffte, daß ersteres zutraf. Nachdem er den letzten der Männer, mit denen er gerade rang, niedergeschlagen hatte, erhob sich seine Stimme über das Schlachtgetümmel: »Zu viele tapfere Männer sind für dich gestorben, mein Bruder, während du dich hinter dem Thron versteckst. Komm heraus und kämpfe mit mir Mann gegen Mann um die Krone. Oder fürchtest du dich?«
    Es wurde still. Nur das Stöhnen der Verwundeten und das Keuchen der Männer waren zu hören, die ihre Schwerter senkten und auf Nastasens Antwort warteten. In vielen Gesichtern erkannte ich, daß die Kampfeslust gewichen war und sich nun Ekel und Entsetzen breitmachten. Freund hatte gegen Freund, Bruder gegen Bruder gekämpft.
    Die Klinge von Emersons Schwert war rot bis zum Heft. Ich spürte kein Bedauern für das, was er getan hatte, denn schließlich hatten es die Männer, die er umgebracht hatte, auf unser Leben abgesehen. Doch es schmerzte mich, daß es überhaupt nötig gewesen war. Nicht alles Blut auf seinen Kleidern war das seiner Gegner. Ein Hieb hatte ihm die Wange bis hinunter auf den Knochen gespaltet, und wenn ich die Wunde nicht rasch nähte, würde eine häßliche Narbe zurückbleiben. Von seinen übrigen Verletzungen war offenbar die an seinem Unterarm am schwersten, denn er blutete heftig. Ich steckte die Pistole in den Halfter und holte das Leinenstück hervor, das ich als Taschentuch benutzte.
    »Anscheinend habe ich schon wieder ein Hemd verdorben«, stellte Emerson fest, als ich ihn an mich zog. »Aber diesmal war es nicht meine Schuld, Peabody.«
    »Solange du dir deine Risse und Wunden bei unserer Verteidigung zuziehst, kann ich mich nicht beklagen, Liebling. Laß mich deinen Arm verbinden.«
    »Mach kein Theater, Peabody. Es ist noch nicht vorbei. Ich möchte sehen, was … Aha, da kommt Nastasen. Er konnte sich der Herausforderung schlecht entziehen, aber findest du nicht auch, daß er ein Gesicht macht, als müsse er zum Zahnarzt?«
    Die Zuschauer waren zurückgewichen und hatten zwischen Tarek und seinem Bruder eine Gasse freigelassen. Obwohl Tarek aus vielen Wunden blutete, war seine Haltung majestätisch. Ein höhnisches Lächeln stand auf seinen Lippen. Der augenscheinliche Unterschied zwischen den beiden Brüdern – der eine bedeckt mit den Wunden eines ehrenhaften Kampfes, der andere in seinen reinen, vornehmen Gewändern – ließ ein Raunen durch die Menge gehen, und es waren nicht nur Tareks Anhänger, die murrten. Vielleicht verlieh die Erkenntnis, daß seine Männer von ihm abfielen, Nastasen neuen Mut; vielleicht lag es auch an der unverhohlenen Verachtung, die sein Bruder ihm entgegenbrachte; möglicherweise hoffte er auch, Tarek sei erschöpft und durch den Blutverlust geschwächt. Jedenfalls löste Nastasen seinen juwelenbesetzten Gürtel und warf ihn und sein Gewand beiseite. »Ich bin unbewaffnet«, sagte er. »Töte einen wehrlosen und unbewaffneten Mann, wenn du es wünscht – Bruder.«
    Tarek winkte einen seiner Männer zu sich. »Gib ihm dein Schwert.«
    Nastasen nahm es mit einer spöttischen Verbeugung entgegen. Er vollführte einige Kunststücke, als wolle er prüfen, wie die Waffe in der Hand lag. Dann stürmte er ohne Vorwarnung auf Tarek zu. Dieser hatte keine Zeit mehr zu parieren. Nur ein rascher Sprung

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