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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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zahlreich und raubgierig. Also forderte ich die Männer auf, unsere Zelte aufzuschlagen, nachdem ich taktvoll erklärt hatte, wir würden die Hütte als Lagerraum benutzen. Schließlich brachte ich Emerson dazu, bei den Behörden vorzusprechen. Wir nahmen Ramses mit, obwohl er uns nicht gern begleitete. Er sagte, er wolle lieber bei den Männern bleiben, um seine Kenntnisse nubischer Dialekte zu erweitern.
    Allerdings besserte sich Ramses’ Laune, als Emerson seine Absicht kundtat, Slatin Pascha aufzusuchen, der als Berater des Geheimdienstes tätig war. Auch ich freute mich darauf, diesen erstaunlichen Mann kennenzulernen, dessen Abenteuer schon Legenden geworden waren.
    Rudolf Carl von Slatin war gebürtiger Österreicher, hatte aber wie viele europäische Militärs den Großteil seines Lebens im Orient verbracht. Als der Mahdi den Sudan überrannte, war Slatin Gouverneur von Darfur, der Provinz westlich von Khartum. Obwohl er sich tapfer gegen eine große Übermacht verteidigte, war er schließlich gezwungen, sich zu ergeben. Elf Jahre lang war er Gefangener gewesen, und zwar unter solch entsetzlichen Bedingungen, daß nur Mut und Willenskraft ihn am Leben erhielten. Sein schrecklichstes Erlebnis hatte er nach der Eroberung von Khartum, als sich ihm, der angekettet auf dem Boden saß, eine Gruppe von Soldaten des Mahdi näherte. Sie trugen einen in ein Tuch gehüllten Gegenstand bei sich, den der Anführer mit einem schadenfrohen Grinsen auswickelte: Es war der Kopf von General Gordon, Slatins Freund und Vorgesetzten. Endlich gelang Slatin die Flucht, doch alle, die ihm kurz darauf begegneten, sagten, er habe wie ein achtzigjähriger Greis ausgesehen.
    Stellen Sie sich also meine Überraschung vor, als man uns vor einen beleibten, kräftigen, rotwangigen Gentleman führte, der sich höflich von seinem Stuhl erhob und über meine Hand beugte. Er und Emerson begrüßten einander mit der Vertrautheit alter Bekannter. Dann fragte Slatin, wie er uns behilflich sein könne. »Man hat uns Ihre Ankunft angekündigt, aber ich konnte ehrlich gesagt nicht glauben …«
    »Warum nicht?« fragte Emerson. »Sie sollten eigentlich wissen, daß ich stets tue, was ich sage. Und was Mrs. Emerson betrifft, so ist sie sogar noch dickköpf … äh … entschlossener als ich.«
    »Ich habe schon viel über Mrs. Emerson gehört«, meinte Slatin lächelnd. »Und auch über diesen jungen Mann. Essalâmu ’aleikum ,Master Ramses.«
    Ramses antwortete prompt: » U’ aleikum es-salâm warahmet Allah warabakâtu . Keif hâlak ?«(Friede und Gottes Gnade und Segen seien mit Euch. Wie geht es Eurer Gesundheit?) und fuhr dann in ebenso fließendem Arabisch fort: »Aber meine eigenen Augen sagen mir, daß es ausgezeichnet um Sie steht, Herr. Eure Leibesfülle überrascht mich nach den Entbehrungen, die Ihr in den Händen der Anhänger des Mahdi erdulden mußtet.«
    »Ramses!« rief ich aus.
    Slatin lachte aus vollem Halse. »Schelten Sie ihn nicht, Mrs. Emerson. Ich bin stolz auf meinen Bauch. Jedes Pfund ist ein Symbol für den Triumph des Überlebens.«
    »Ich würde sehr gern etwas über Ihre Abenteuer erfahren«, sagte Ramses.
    »Eines Tages vielleicht. Im Augenblick bin ich voll und ganz damit beschäftigt, die Berichte der Männer entgegenzunehmen, die aus feindlichem Gebiet zurückgekehrt sind. Spionage«, fügte er an Ramses gewandt hinzu. Wahrscheinlich deutete er seinen starren Blick als jugendliche Bewunderung. »Spionage ist das Nervensystem einer Armee. Ehe wir den nächsten Feldzug starten, müssen wir soviel wie möglich über die Stärke und die Verfassung von Khalifas Streitkräften herausfinden.«
    »Ist das Ihre Ausrede, warum Sie sich ins Winterquartier zurückgezogen haben, anstatt auf Khartum vorzurücken …?« fing Emerson an.
    »Unsere Ausrede ist, daß wir nur ungern sinnlos Menschenleben aufs Spiel setzen, Herr Professor. Ich will keinen einzigen Mann aus Dummheit oder wegen mangelnder Vorbereitungen verlieren.«
    »Hmmm«, brummte Emerson, der nicht leugnen konnte, daß darin tatsächlich ein Sinn lag. »Nun denn, kommen wir zur Sache. Sie sind ein Mann, und ich auch.«
    Auf unsere Fragen hin erzählte uns Slatin, daß Mr. Budge bereits die Pyramidenfelder von Nuri, Kurru, Tankasi und Zuma untersucht hatte und nun am Gebel Barkal arbeitete. »Dort ist oder war ein Tempel von beachtlicher Größe«, sagte Slatin. »Mr. Budge glaubt, er sei vom Pharao Piankhi erbaut worden …«
    »Mr. Budge weiß nicht, wovon er

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