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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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waren Geräusche zu hören, wo man die Boote belud, die am nächsten Morgen ablegen sollten. Und vom anderen Flußufer drang das traurige Geheul eines Schakals hinüber, so einsam wie der Schrei einer verlorenen Seele.
     
    Nach einer viertägigen strapaziösen, aber ereignislosen Reise erblickten wir einen schroffen Berg jenseits der Palmenwipfel. Es war der Gebel Barkal, der heilige Berg des nubischen Königreiches. Wir hatten unser Ziel erreicht.

4. Kapitel

    Die steinernen Häuser der Könige
     
    Falls ich es nicht bereits getan habe, sollte ich an dieser Stelle erläutern, daß es sich bei Napata nicht um eine Stadt, sondern um eine ganze Region handelt. Heute stehen dort mehrere Städte und Dörfer. Merawi – oder Merowe – war die bekannteste. Dieser Name ist verwirrend, da er so ähnlich wie Meroë klingt (die zweite Hauptstadt des alten Kusch, die viel weiter im Süden liegt). Gegenüber von Merawi, am anderen Ufer des Nils, nahe dem kleinen Dorf Sanam Abu Dom, hatten die Grenztruppen der ägyptischen Armee ihr Hauptquartier. Die Garnison erstreckte sich mehr als eine Meile den Fluß entlang. Die in Reih und Glied stehenden Zelte zeugten von britischem Ordnungssinn.
    Emerson beeindruckte diese Demonstration von Tüchtigkeit nicht im mindesten. »Zum Teufel mit ihnen«, knurrte er, während er die Szenerie stirnrunzelnd musterte. »Sie haben ihr verdammtes Lager genau über einer Tempelruine aufgeschlagen. 1882 wurden dort Säulenfundamente und behauene Gesteinsblöcke entdeckt.«
    »Aber du wolltest doch ohnehin nicht dort graben«, erinnerte ich ihn. »Die Pyramiden, Emerson. Wo sind die Pyramiden?«
    Der Dampfer näherte sich dem Pier. »Überall«, antwortete Emerson ein wenig vage. »Die Hauptfriedhöfe liegen in Nuri, nur wenige Meilen stromaufwärts von hier. Und außerdem gibt es welche in Kurru am anderen Ufer. In der Nähe des Gebel Barkal selbst stehen drei Pyramidengruppen und außerdem die Überreste eines alten Amontempels.«
    Das Sandsteinmassiv des Berges Barkal war ein beeindruckender Anblick. Er war (wie wir später feststellten) nur etwas über 287 Meter hoch, aber da er sich unvermittelt aus der Ebene erhebt, wirkt er um einiges höher. Die Spätnachmittagssonne tauchte den Felsen in zartes Purpurrot und zeichnete bizarre Schatten auf seine Oberfläche.
    Mit einiger Mühe überzeugte ich Emerson, daß es höflich, um nicht zu sagen geboten war, uns bei den Militärbehörden anzumelden. »Wozu brauchen wir sie?« fragte er. »Mustapha hat alles vorbereitet.«
    Mustapha schenkte mir ein breites Lächeln. Er hatte uns bei unserer Ankunft als erster begrüßt, und seine Männer hatten sich sofort daran gemacht, das Gepäck abzuladen. Emerson hatte ihn als »Scheich Mustapha abd Rabu« vorgestellt, aber ihm fehlte eindeutig die Würde, die ansonsten mit diesem Titel einhergeht. Er war nicht größer als ich und mager wie ein Skelett. Als er vor Emerson, mir, Ramses und dann wieder vor Emerson eine Reihe ehrerbietiger Verbeugungen vollführte, schlotterte sein schmutziges, zerlumptes Gewand um seinen Körper. In seinem Gesicht zeigte sich das Erbe der vielen Völker dieser Region. Die Nubier selbst sind dunkelhäutig, mit gewelltem schwarzem Haar und scharf geschnittenen Zügen. Doch im Laufe der Zeit haben sie sich mit den Arabern und Schwarzen aus Zentralafrika vermischt. Mustaphas Haar konnte ich nicht sehen, da er es unter einem auffälligen Turban verborgen hatte. Die ursprüngliche Farbe dieser Kopfbedeckung war weiß, wovon inzwischen jedoch nicht mehr viel zu bemerken war.
    Ich erwiderte Mustaphas Lächeln. Ich konnte ihm einfach nicht die kalte Schulter zeigen, denn er machte einen so respektvollen Eindruck und schien sich wirklich zu freuen, uns zu sehen. Wie dem auch sei, ich fühlte mich trotzdem verpflichtet, einige Einwände zu erheben. »Wohin bringen sie unser Gepäck?« fragte ich und wies dabei auf die Männer, die bereits schwer bepackt von dannen trotteten, und zwar mit einem Arbeitseifer, den man in wärmeren Regionen für gewöhnlich nicht antrifft.
    »Mustapha hat ein Haus für uns aufgetrieben«, antwortete Emerson. Mustapha nickte strahlend. Er war so überaus freundlich, und ich wollte ihm nicht die gute Laune verderben, aber ich hatte die schrecklichsten Vermutungen dahingehend, was Mustapha unter einem angemessenen Haus verstand. Kein Mann, ganz gleich welcher Rasse und Nationalität, hat auch nur das mindeste Gefühl für Sauberkeit.
    Emerson summte in einem

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