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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Peters
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tonlosen Bariton vor sich hin, was bei ihm auf außergewöhnlich gute Laune hinweist, und führte mich den Pfad entlang zum Dorf. Aus der Ferne wirkte es recht hübsch. Es war von Palmen umgeben und wies sogar einige Häuser aus Lehm und Ziegeln auf. Die übrigen Hütten, auch tukhuls genannt, bestanden aus Palmzweigen, die um ein hölzernes Gerüst geflochten waren. Mustapha trottete neben uns her, wobei er ständig auf uns einredete. Was er sagte, war in etwa so amüsant wie der Vortrag eines Touristenführers: In diesem großen, beeindruckenden Haus wohnte General Rundle, die beiden tukhuls daneben beherbergten den Geheimdienst, die Hütte da habe dem italienischen Militärattaché gehört und später dem Gentleman vom Britischen Museum …
    »Grrr«, knurrte Emerson und beschleunigte seinen Schritt.
    »Ist Mr. Budge noch hier?« fragte ich.
    »Das müssen wir unbedingt herausfinden«, brummte Emerson. »Ich bin fest dazu entschlossen, um Budge einen möglichst großen Bogen zu machen. Ich werde mich nicht für einen Ausgrabungsort entscheiden, ehe ich nicht weiß, wo er arbeitet. Du kennst mich, Peabody. Ich gebe mir die größte Mühe, Streit und Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen.«
    »Hmmm«, meinte ich.
    Überraschenderweise gab es in diesem Dorf einen kleinen Markt, der von griechischen Kaufleuten betrieben wurde. Die kaufmännischen Instinkte dieser Herren versetzten mich immer wieder in Erstaunen. Sie mußten über ebensoviel Mut wie Geschäftssinn verfügen, da sie sich so kurz nach der kämpfenden Truppe in dieser Gegend niedergelassen hatten. Zu meiner Freude stellte ich fest, daß sie Konserven, Sodawasser, frisches Brot, Seife und diverse Töpfe und Bestecke auf Lager hatten.
    Emerson traf hier einige alte Bekannte, und während er sich mit einem in ein freundschaftliches Streitgespräch vertiefte, hatte ich Gelegenheit, mich umzusehen. Wie ich hoffe, bin ich keine unwissende Touristin. Ich hatte mich inzwischen an die verschiedenen Rassen und Nationen gewöhnt, deren Vertreter man in Kairo antrifft. Allerdings hatte ich noch nie so viele verschiedenartige Menschen gesehen wie in diesem abgelegenen Winkel der Erde. Die Hautfarben rangierten von dem »Weiß« der britischen Soldaten (meist eher kränklich-gelb oder hochrot vor Hitze als weiß) bis zu sämtlichen Schattierungen von Braun, Beige und Olivenfarben und einem schimmernden Blauschwarz. Stattliche Beduinen mit Adlernasen schlenderten neben sudanesischen Frauen in bunten Baumwollgewändern einher. Männer des Bisharin-Stammes, die ihr geöltes Haar zu kleinen Zöpfchen flochten, drängten sich zwischen strenggläubigen, in staubige, schwarze Schleier gehüllte Musliminnen, von denen man nur die Augen sah. Besonders interessant fand ich zwei gutaussehende, mit klappernden Schmuckstücken behängte Männer. Ihr Haar hatte die Form, Farbe und Beschaffenheit eines schwarzen Mops. Sie waren Baggaras aus der fernen Provinz Kordofan – die frühesten und fanatischsten Anhänger des Mahdi. Ihre extravagante und typische Haartracht hatte ihnen bei den britischen Truppen den Spitznamen »Wuschelköpfchen« eingebracht. Sie hatten die Briten mit verzweifelter Wut und häufig erfolgreich bekämpft. Ich werde nie begreifen, wie Männer für Menschen, die ihnen auf verschiedene unangenehme Weisen nach dem Leben trachten, Zuneigung empfinden können. Doch daß sie dazu in der Lage sind und es auch tun, ist eine unbestrittene Tatsache. Als Beispiel möchte ich die unsterblichen Verse Mr. Kiplings zitieren: »Ich trink’ auf dich, oh Wuschelköpfchen, Sudan ist deine Welt. Auch wenn du nur ein Heide bist, so bist du doch ein Held!« (Man kann das nur als weiteres Beispiel für die merkwürdigen emotionalen Verirrungen des männlichen Geschlechts werten.)
    Und dazu die verschiedenen Sprachen! Ich spreche zwar Griechisch und Arabisch und habe auch ein wenig Nubisch gelernt, aber die meisten der Leute schwatzten in Dialekten, die ich nicht bestimmen, geschweige denn verstehen konnte.
    Endlich hatte Emerson aufgehört, mit seinem Freund lange Anekdoten auszutauschen, und wandte sich wieder mir zu. »Yussuf sagt, er kann ein paar Arbeiter für uns auftreiben. Am besten gehen wir los und … Ramses! Wo zum Teufel steckt er wieder? Peabody, du solltest doch ein Auge auf ihn haben.«
    Ich hätte ihn darauf hinweisen können, daß es unmöglich war, auf Ramses aufzupassen, indem man einfach nur ein Auge auf ihn hatte. Diese Aufgabe erforderte die gesamte

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